Der Angriff
sah auf seiner Liste nach und stellte fest, dass Pipers Büro gestern Abend noch angerufen hatte, um ein Treffen mit dem Präsidenten zu vereinbaren. »Ist das Prinz Kalib?«
»Ja«, antwortete Piper.
Der Wachmann reichte Aziz eine Kennmarke und sagte: »Bitte tragen Sie das so lange Sie hier im Haus sind. Bevor Sie gehen, geben Sie die Kennmarke bitte wieder hier ab.«
Während sich Aziz die Kennmarke ans Revers heftete, hatte er das Gefühl, als wären seine Hände fast gewichtslos. Sein ganzer Körper fühlte sich unerhört leicht an. Nun wurde endlich das Wirklichkeit, was er sich unzählige Male vorgestellt hatte. Und es schien alles so leicht zu gehen. Während sie über den Flur gingen, drückte Aziz einen Knopf an seiner Uhr. Danach blickte er über die Schulter zurück zu den Wachmännern an der Tür.
WASHINGTON D.C.
Einen Häuserblock östlich des Weißen Hauses war ein schmächtiger Mann mit einem weißen Jackett und schwarzer Hose damit beschäftigt, auf dem Flur im obersten Stockwerk des Washington Hotel staubzusaugen. Der Mann hielt kurz inne und blickte durch die Verandatür hinaus, die auf die Dachterrasse führte. Auf der anderen Seite der Straße sah er das Dach des Treasury Building, und dahinter das Weiße Haus.
Salim Rusan hatte fast drei Monate lang fünf Tage die Woche durch diese Tür hinausgeblickt und dabei das Kommen und Gehen der Secret-Service-Leute auf dem Dach des Weißen Hauses beobachtet. Der Mann auf dem Dach würde leicht auszuschalten sein. Der junge Palästinenser blickte zu dem Säulengang hinüber, der direkt zum Oval Office führte. Hier stand kein Uniformierter Wache, sondern ein Agent des Secret Service. Das bedeutete, dass sich der Präsident im Westflügel aufhielt – also genau dort, wo er sein sollte. Der Agent beim Oval Office würde als Erster drankommen, der Wachmann auf dem Dach als Zweiter. So hatte es Aziz entschieden. Aziz hatte alles bis ins kleinste Detail geplant.
Der junge Palästinenser schreckte hoch, als der Pager an seiner Hüfte vibrierte. Aziz war im Weißen Haus. Rusan ging zu dem Schrank am Ende des Flurs und leckte sich über die Lippen. Er spürte ein Gefühl der Enge in der Brust. Es war Zeit, sich bereitzumachen.
7
30 000 FUSS ÜBER DEM OSTATLANTIK
Die Maschine glitt sanft in westlicher Richtung am klaren Himmel dahin. Rapp blickte aus dem Fenster und sah dichte, wattebauschartige Wolken, die sich endlos hinzu ziehen schienen. Es war für ihn immer wieder interessant, die Wolkenformationen zu betrachten, die jedes Mal ein wenig anders aussahen. Vor einigen Jahren hatte Rapp entdeckt, dass Fliegen für ihn die beste Methode war, um sein Bewusstsein zu klären und Stress abzubauen. Er würde in wenigen Minuten einschlafen.
Als Rapp sich in seinem bequemen Sessel zurücklehnte, hörte er einen gedämpften Schrei aus demhinteren Bereich des Flugzeugs. Er blickte zur Tür zurück, die in die Schlafkabine führte, und lehnte sich mit einem Ohr gegen die Wand, während er sich das andere Ohr mit der Hand zuhielt. Es half nichts. Er konnte Haruts Schmerzensschreie immer noch hören.
Rapp stand auf und begann im Flugzeug auf und ab zu gehen. Er war von einem Gefühl der Ruhelosigkeit erfüllt. Am vorderen Schott fand er eine Ausgabe von Newsweek und begann darin zu blättern. Er setzte sich auf die Couch, auf der Harut während des Fluges von Saudi-Arabien festgebunden war. Aus dem hinteren Bereich der Maschine drangen weitere unangenehme Geräusche, und Rapp versuchte sich davon abzulenken, indem er sich auf die Zeitschrift konzentrierte. Nach einer Weile ging die Tür zur hinteren Kabine auf, und Dr. Hornig kam mit bestürzter Miene heraus. »Mitch, kommen Sie schnell! Es ist wichtig!«
WASHINGTON D.C. 8 UHR 58
Der Wagen des White-Knight-Wäscheservice rollte die lange Zufahrt zur Tiefgarage des Treasury Building hinunter. Er bog rechts ab und hielt im Ladebereich an. Abu Hasan blickte durch die Windschutzscheibe und in die beiden Außenspiegel. Es war niemand zu sehen, doch er wusste, dass dieser Bereich der Tiefgarage mit Hilfe von Kameras überwacht wurde. Hasan nahm sein Klemmbrett zur Hand und tat, als würde er darauf schreiben, während er auf das Signal wartete.
Er blickte in den Rückspiegel und sah eine unscheinbare graue Eisentür. Sie bildete den Zugang zu dem Tunnel, der in den Keller des Weißen Hauses führte. Hasan hatte bei seinem nächtlichen Besuch im Weißen Haus erfahren, dass die Tür
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