Der Angriff
nachgehen können«, antwortete Dr. Hornig. »Aber wie es aussieht, dürfte es für heute geplant sein.«
Rapp sah sie ungläubig an. »Das ist ein Scherz, nicht wahr?«
»Ich fürchte nein.«
Rapp schickte sich an, in die Passagierkabine zurückzukehren, hielt aber noch einmal inne. »Um was für eine Art von Angriff geht es überhaupt?«
»Er spricht immer nur von einem Anschlag.«
Rapp stieß einen Fluch hervor und schlug mit der Faust gegen den Türrahmen, während er überlegte, was er tun sollte. Die Information mochte ja lückenhaft sein – doch er wusste, dass er die Sache sofort melden musste. Er kehrte an seinen Platz zurück und holte sein SAT-COM-Gerät aus seinem Rucksack hervor. Wie benommen starrte er auf den kleinen Bildschirm, während das Gerät eine Verbindung mit dem nächstgelegenen amerikanischen Satelliten suchte.
LANGLEY, VIRGINIA – CIA-HAUPTQUARTIER
Direktor Stansfields Büro befand sich im sechsten Stock des Hauptgebäudes. Das Büro selbst machte einen eher bescheidenen Eindruck. Es war nicht Stansfields Art, seine Auszeichnungen zur Schau zu stellen – und so waren an den getäfelten Wänden lediglich einige wenige Fotos seiner verstorbenen Frau, seiner Töchter und Enkelkinder zu sehen. Auf seinem Schreibtisch herrschte Ordnung bis ins kleinste Detail; sogar die sechs Notizblöcke in der linken Ecke waren streng symmetrisch angeordnet.
Stansfield saß auf seinem Sessel, die Ellbogen auf die Armlehnen gestützt und die Hände unter dem Kinn gefaltet. Irene Kennedy saß ihm gegenüber und gab ihm eine Zusammenfassung ihres frühmorgendlichen Treffens mit dem Präsidenten. Stansfield lauschte aufmerksam und nickte hin und wieder. Er würde mit seinen Fragen warten, bis Dr. Kennedy fertig war.
Fünf Minuten später schloss Irene Kennedy die Mappe auf ihrem Schoß. »Der Präsident hat betont, dass er eine hundertprozentige Zusammenarbeit aller Beteiligten wünscht und dass er über alles informiert werden möchte.«
Stansfield hob nachdenklich eine Augenbraue.
»Wie soll ich die Sache anpacken?«, fragte Dr. Kennedy.
Stansfield überlegte einige Augenblicke. »Gehen Sie nach eigenem Ermessen vor. Ich habe nichts dagegen, dass wir unsere Informationen offen legen, solange unsere Quellen und unsere Operationen nicht beeinträchtigt werden.«
»Und solange wir etwas dafür bekommen, nicht wahr?«, sagte Dr. Kennedy lächelnd.
»Genau«, erwiderte Stansfield mit einem angedeuteten Lächeln.
Irene Kennedy nickte und reichte ihrem Chef eine Aktenmappe aus rotem Kunststoff. Sie war vorne mit einer ganz bestimmten Buchstabenfolge versehen, die dem CIA-Direktor sagte, dass die Mappe Material aus der Funkaufklärung und Satelliten- oder »Keyhole«-Bilder enthielt. Die Buchstaben TS bedeuteten, dass das Material »top secret« war.
Als Leiterin der Abteilung für Terrorbekämpfung innerhalb der CIA war es Dr. Kennedys Aufgabe, Direktor Stansfield über alle Bedrohungen zu informieren, denen die USA ausgesetzt waren. An diesem Morgen ging es um Nordkorea. Sie hatte kaum die erste Seite ihres Briefings beendet, als Stansfields Telefon klingelte. Dr. Kennedy hielt inne, um zu sehen, ob er den Anruf entgegennehmen würde.
Der Direktor griff nach dem Hörer. »Stansfield«, meldete er sich.
»Direktor Stansfield, wir haben einen dringenden Anruf von Iron Man, für Sie oder Dr. Kennedy.«
»Stellen Sie ihn durch«, sagte Stansfield und drückte auf die Freisprechtaste.
Es knackste mehrmals in der Leitung, ehe Stansfield mit Rapp verbunden war.
»Sir, wir haben ein großes Problem«, begann Mitch Rapp sichtlich aufgeregt. »Ist Irene da?«
»Ja. Sie ist bei mir im Büro.«
»Aziz ist in Washington D.C.«, meldete Rapp.
»Sagen Sie das noch mal.«
Rapp wiederholte in klaren und deutlichen Worten: » Azizist in Washington D.C.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Dr. Kennedy.
»Ja. Dr. Hornig ist sich absolut sicher. Sie beschäftigt sich jetzt seit einer halben Stunde mit Harut, und sie meint, dass er unmöglich lügen würde. Und das ist noch nicht alles.« Einen Moment lang herrschte Stille, bevor Rapp hinzufügte: »Harut sagt, dass Aziz einen Anschlag auf das Weiße Haus plant.«
Dr. Kennedy und Stansfield sahen einander entgeistert an. Nach einigen Sekunden fragte Rapp nach: »Haben Sie verstanden, was ich gesagt habe?«
»Ja, wir haben Sie verstanden, Mitch«, antwortete Stansfield. »Es ist nur ein bisschen viel auf einmal. Wir müssen ganz sicher sein, bevor
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