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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zu lassen. Augenblicklich.
    Ich nickte ihm zu. James Dean sagte: »Hi-ho, Daddy-O.«
    Ich ging hinein. Wobei eine kleine Glocke über der Tür bimmelte. Statt Moder und Staub roch ich Orangen, Äpfel, Kaffee und duftenden Tabak. An der rechten Wand stand ein Regal mit Comics, deren Umschläge abgerissen waren: Archie, Batman, Cap tain Marvel, Plastic Man, Tales from the Crypt. Auf dem handge schriebenen Schild über diesem Schatz, der jeden E-Bay-Liebhaber entzückt hätte, stand: COMIX 5  PRO STÜCK, DREI FÜR 10  , NEUN FÜR 25  BITTE NUR ANFASSEN, WENN SIE WELCHE KAUFEN WOLLEN.
    Links daneben stand ein Zeitungsständer. Keine New York Times, aber mehrere Exemplare des Portland Press-Herald und ein übrig gebliebenes Exemplar des Boston Globe. Die Schlagzeile des Globe trompetete: DULLES DEUTET ZUGESTÄNDNISSE AN, WENN ROTCHINA AUF GEWALT GEGEN FORMOSA VERZICHTET. Auf beiden Zeitungen stand als Datum: Dienstag, 9. September 1958.
    5
    Ich nahm den Globe, der acht Cent kostete, und trat an eine Getränketheke mit Marmorplatte, die es in meiner Zeit nicht mehr gab. Hinter ihr stand Frank Anicetti. Er war’s wirklich – bis hin zu den distinguierten eisgrauen Haarschwingen über seinen Ohren. Nur war diese Version – nennen wir sie Frank 1.0 – schlank statt rundlich und trug eine rahmenlose Bifokalbrille. Er war auch größer. Ich fühlte mich wie ein Fremder im eigenen Körper, als ich auf einen der Hocker vor der Theke glitt.
    Sein Nicken galt meiner Zeitung. »Reicht Ihnen die, oder darf’s noch ein Getränk sein?«
    »Irgendwas Kaltes, das kein Moxie ist«, hörte ich mich sagen.
    Darüber lächelte Frank 1.0. »Schon gut, junger Mann. Wie wär’s stattdessen mit einem Root Beer?«
    »Klingt gut.« Und das stimmte. Meine Kehle war trocken, mein Kopf heiß. Ich fühlte mich, als hätte ich Fieber.
    »Fünf oder zehn?«
    »Wie bitte?«
    »Bier für fünf oder für zehn Cent?« Er sprach das Wort wie in Maine üblich aus: Biejah.
    »Oh. Zehn, würde ich sagen.«
    »Nun, ich glaube, damit liegen Sie richtig.« Er öffnete einen Gefrierschrank und nahm ein bereiftes Glas fast von der Größe eines Limonadenkrugs heraus. Er ließ es aus einem Zapfhahn volllaufen, und ich konnte den kräftigen, aromatischen Geruch von Root Beer riechen. Er streifte den Schaum mit dem Stiel eines Holzlöffels ab, dann schenkte er nach und stellte das Glas vor mich auf die Theke. »Bitte sehr. Mit der Zeitung macht das achtzehn Cent. Plus einen für den Gouverneur.«
    Ich legte ihm einen von Als Dollarscheinen hin, und Frank 1.0 gab mir heraus.
    Ich kostete einen kleinen Schluck von dem Root Beer unter dem Schaum und war verblüfft. Das Zeug hatte … Körper. Es schmeckte durch und durch. Ich kann’s nicht besser ausdrücken. Diese Welt vor fünfzig Jahren roch schlimmer, als ich je erwartet hätte, aber sie schmeckte auch verdammt viel besser.
    »Schmeckt wundervoll«, sagte ich.
    »Ayuh? Freut mich, dass es Ihnen schmeckt. Sie sind nicht von hier, stimmt’s?«
    »Nein.«
    »Aus einem anderen Staat?«
    »Wisconsin«, sagte ich. Das war nicht völlig gelogen; wir hatten bis zu meinem elften Lebensjahr in Milwaukee gelebt, bevor mein Vater, der Englisch lehrte, einen Ruf an die University of Maine erhalten hatte. Seit damals hatte ich mal hier, mal dort, aber immer in Maine gelebt.
    »Nun, Sie haben sich für Ihren Besuch die beste Zeit ausgesucht«, sagte Anicetti. »Die meisten Sommergäste sind weg, und damit gehen die Preise runter. Zum Beispiel für das, was Sie gerade trinken. Nach dem Labor Day kostet ein Root Beer für zehn Cent nur noch einen Dime.«
    Die Türglocke bimmelte; dann knarrten die Fußbodenbretter. Das waren gesellige Geräusche. Als ich das letzte Mal in der Kennebec Fruit gewesen war, weil ich auf eine Rolle Tums gegen Sodbrennen gehofft hatte (übrigens vergebens), hatten sie geächzt.
    Ein Junge von ungefähr siebzehn Jahren schlüpfte hinter die Theke. Er trug seine dunklen Haare kurz, hatte aber nicht ganz einen Bürstenhaarschnitt. Seine Ähnlichkeit mit dem Mann, der mich bedient hatte, war unübersehbar, und ich erkannte, dass dies mein Frank Anicetti war. Der Kerl, der den Schaum von meinem Root Beer abgestreift hatte, war sein Vater. Frank 2.0 würdigte mich keines Blickes; für ihn war ich nur irgendein Gast.
    »Titus hat den Truck auf der Hebebühne«, berichtete er seinem Vater. »Bis fünf ist er fertig, sagt er.«
    »Nun, das ist gut«, sagte Anicetti senior und zündete sich eine

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