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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Zigarette an. Mir fiel erstmals auf, dass auf der Marmorplatte der Theke kleine Porzellanaschenbecher aufgereiht waren. WINSTON TASTES GOOD LIKE A CIGARETTE SHOULD! stand auf ihren Seiten. Er sah wieder zu mir herüber und fragte: »Möchten Sie einen Klacks Vanilleeis in Ihr Root Beer? Auf Kosten des Hauses. Wir behandeln Touristen gern zuvorkommend, vor allem wenn sie in der Nachsaison auftauchen.«
    »Danke, so ist’s gut«, sagte ich, und auch das stimmte. Noch mehr Süße hätte meinen Kopf explodieren lassen, fürchtete ich. Und das Zeug war stark – als würde man einen mit Kohlensäure versetzten Espresso trinken.
    Der Junge bedachte mich mit einem Grinsen, das so süß wie das Zeug in meinem bereiften Glas war – es hatte nichts von der amüsierten Verachtung, die mir der Möchtegern-Elvis draußen entgegengebracht hatte. »In der Schule haben wir eine Geschichte gelesen«, sagte er, »in der die Einheimischen die Touristen, die in der Nachsaison kommen, aufessen.«
    »Frankie, das ist keine Geschichte, die man einem Gast erzählt«, sagte Mr. Anicetti. Aber er lächelte dabei.
    »Lassen Sie nur«, sagte ich. »Ich hab diese Kurzgeschichte schon selbst im Unterricht behandelt. Shirley Jackson, stimmt’s? ›Die Sommerleute‹.«
    »Richtig«, bestätigte Frankie. »Ich hab sie nicht ganz verstanden, aber sie hat mir gefallen.«
    Ich trank einen weiteren Schluck von meinem Root Beer, und als ich das Glas abstellte (mit einem befriedigend dumpfen Klicken auf der Marmortheke), sah ich ohne sonderliche Überraschung, dass es schon fast leer war. Von diesem Zeug konnte man süchtig werden, dachte ich. Es schmeckte verdammt viel besser als Moxie.
    Der ältere Anicetti blies eine Rauchfahne in Richtung Decke, wo der Ventilator sie in dünne blaue Schwaden zerteilte. »Unterrichten Sie draußen in Wisconsin, Mr. …?«
    »Epping«, sagte ich. Ich war zu überrascht, als dass ich auch nur daran dachte, einen falschen Namen anzugeben. »Ja, das tue ich. Aber ich befinde mich gerade in meinem Sabbatjahr.«
    »Das bedeutet, dass er sich ein Jahr freinimmt«, sagte Frank.
    »Ich weiß, was das bedeutet«, sagte Anicetti. Er versuchte ärgerlich zu klingen, was ihm ziemlich misslang. Ich kam zu dem Schluss, dass ich diese beiden so gern mochte wie das Root Beer. Ich mochte sogar den aufstrebenden Teenagerganoven draußen, wenn auch nur, weil er nicht wusste, dass er bereits ein Klischee war. Hier hatte man ein Gefühl von Sicherheit, ein Gefühl von – schwierig auszudrücken – Vorherbestimmung. Es war bestimmt unberechtigt, denn diese Welt war so gefährlich wie jede andere, aber ich verfügte über Wissen, von dem ich bis heute Nachmittag gedacht hatte, es wäre für Gott reserviert: Ich wusste, dass der lächelnde Junge, dem die Geschichte von Shirley Jackson gefallen hatte (auch wenn er sie »nicht ganz verstanden« hatte), diesen Tag und weitere fünfzig Jahre überleben würde. Er würde weder bei einem Verkehrsunfall umkommen noch an einem Herzschlag sterben noch sich von der Qualmerei seines Vaters als Passivraucher Lungenkrebs holen. Frank Anicetti würde seinen Weg gehen.
    Ich sah auf die Wanduhr ( BEGINNE DEINEN TAG MIT EINEM LÄCHELN stand auf dem Zifferblatt, TRINK CHEER- UP COFFEE ). Die Zeiger standen auf 12.22 Uhr. Das war mir zwar egal, aber ich tat überrascht. Ich trank mein Biejah aus und erhob mich. »Muss jetzt weiter, wenn ich mich rechtzeitig mit meinen Freunden in Castle Rock treffen will.«
    »Nun, sehen Sie sich auf der Route 117 vor«, sagte Anicetti. »Die Straße ist echt beschissen.« Die Straße kam als Strahse heraus. Einen so deutlichen Maine-Akzent hatte ich seit Jahren nicht mehr gehört. Dann wurde mir klar, dass das wirklich stimmte, und ich hätte beinahe laut gelacht.
    »Mach ich«, sagte ich. »Danke. Und wegen dieser Geschichte von Shirley Jackson …«
    »Ja, Sir?« Auch noch Sir. Und keineswegs sarkastisch gemeint. Allmählich gelangte ich zu der Einschätzung, dass 1958 ein ziemlich gutes Jahr gewesen sein musste. Das heißt, bis auf den Gestank der Weberei und den Zigarettenrauch.
    »An der gibt’s nichts zu verstehen.«
    »Nein? Mr. Marchant sagt da was andres.«
    »Bei allem Respekt vor Mr. Marchant, bestellen Sie ihm, dass Jake Epping sagt, dass eine Zigarre manchmal nur ein Glimmstängel ist – und eine Story nur eine Story.«
    Er lachte. »Das tue ich! Gleich morgen in der dritten Stunde!«
    »Gut.« Ich nickte dem Vater zu und wünschte mir, ich dürfte ihm

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