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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schüler könnten eine Art Varieté veranstalten«, sagte ich. »Dafür wäre noch Zeit.«
    »Ach du lieber Himmel, George! Wallace Beery hat gerade einen Pfeil in die Schulter gekriegt! Der ist wohl erledigt!«
    »Deke?«
    »Nein, John Wayne schleppt ihn aus der Schusslinie. Dieser alte Ballerfilm ist nicht die Spur logisch, aber ich liebe ihn – du nicht auch?«
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    Der Film wurde durch Werbung unterbrochen. Keenean Wynn kletterte von einer Planierraupe, nahm den Schutzhelm ab und erklärte aller Welt, er würde für eine Camel meilenweit gehen. Deke wandte sich mir zu. »Nein, das muss ich verpasst haben.«
    Gerissener alter Fuchs. Als ob.
    »Ich habe gesagt, dass die Zeit für eine Varietévorführung reichen würde. Eine Revue. Songs, Tanz, Witze und ein Haufen Sketche.«
    »Alles bis auf Mädchen, die einen Bauchtanz tanzen? Oder hast du auch daran gedacht?«
    »Red keinen Unsinn.«
    »Das wäre dann Vaudeville. Das hat mir schon immer gefallen. ›Gute Nacht, Mrs. Calabash, wo immer Sie sind‹, und so ähnlich.«
    Er zog seine Pfeife aus einer Tasche seiner Strickjacke, stopfte sie mit Prince Albert und zündete sie an.
    »Also früher haben wir so was Ähnliches auf der Tenne veranstaltet. Die Show hieß Jodie Jamboree. Allerdings seit Ende der Vierzigerjahre nicht mehr. Den Leuten ist die Show ein bisschen peinlich geworden, obwohl niemand das offen gesagt hat. Und der Name dafür war auch nicht Vaudeville.«
    »Wovon redest du?«
    »Es war eine Minstrel-Show, George. Die Cowboys und Landarbeiter haben alle mitgemacht. Sie waren als Schwarze geschminkt, haben gesungen und getanzt und in nachgeahmtem Negerdialekt Witze erzählt. Mehr oder weniger nach dem Vorbild von Amos ’n Andy. «
    Ich musste lachen. »Hat jemand dazu Banjo gespielt?«
    »Tatsächlich hat das einige Male unsere jetzige Direktorin getan.«
    » Ellen spielte Banjo in ’ner Minstrel - Show?«
    »Vorsicht, du fängst an, in jambischen Pentametern zu sprechen. Das kann zu Größenwahn führen, Partner.«
    Ich beugte mich vor. »Erzähl mir einen der Witze.«
    Deke räusperte sich, dann imitierte er zwei tiefere Stimmen.
    »Sagt mal, Bruder Tambo, für was habt Ihr das Glas Vaseline gekauft? – Nun, ich glaub, für neunundvierzich Cent!«
    Er sah mich erwartungsvoll an, und ich merkte, dass das die Pointe gewesen war.
    »Darüber haben die Leute gelacht?« Ich fürchtete mich beinahe vor der Antwort.
    »Sie haben sich totgelacht und nach mehr verlangt. Diese Witze waren noch wochenlang auf der Straße zu hören.« Er betrachtete mich ernst, aber seine Augen funkelten wie Wunderkerzen. »Wir sind Kleinstädter, George. Was Humor angeht, sind unsere Bedürfnisse recht bescheiden. Unsere Vorstellung von rabelaisschem Witz ist ein Blinder, der auf einer Bananenschale ausrutscht.«
    Ich saß da und überlegte. Der Western lief weiter, aber Deke schien sich nicht mehr dafür zu interessieren. Stattdessen beobachtete er mich.
    »Dieses Zeug könnte auch heute noch gut ankommen«, sagte ich.
    »George, das tut dieses Zeug immer.«
    »Es müssten auch keine komischen Schwarzen mehr sein.«
    »So könnte man es ohnehin nicht mehr machen«, sagte er. »Vielleicht in Louisiana oder Alabama, aber nicht entlang der Route nach Austin, das die Leute vom Slimes Herald für die Hauptstadt der Kommunisten halten. Und du würdest das auch nicht wollen, stimmt’s?«
    »Ja. Du kannst mich einen Gutmenschen nennen, aber ich finde schon die Vorstellung abstoßend. Und wozu sich die Mühe machen? Abgedroschene Witze … Jungs in großen alten Anzügen mit gepolsterten Schultern statt in Farmerlatzhosen … Mädchen in knielangen Kleidern aus den Goldenen Zwanzigern mit vielen Fransen … Ich würde zu gern sehen, was Mike Coslaw aus einem komischen Sketch machen würde …«
    »Oh, er wäre sensationell«, sagte Deke, als würde sich das von selbst verstehen. »Prima Idee, George. Bloß schade, dass du keine Zeit hast, es auszuprobieren.«
    Ich wollte etwas sagen, aber dann hatte ich wieder eine blitzartige Eingebung. Sie war genauso hell wie die, als Ivy Templeton erzählt hatte, ihre Nachbarn gegenüber könnten sie in ihrem Wohnzimmer beobachten.
    »George? Dein Mund steht offen. Sieht nicht gerade intelligent aus.«
    »Ich würde mir die Zeit nehmen«, sagte ich. »Wenn ich Ellen Dockerty dazu überreden könnte, einer Bedingung zuzustimmen.«
    Er stand auf und stellte den Fernseher ab, ohne ihn eines weiteren Blickes

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