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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nur neu. Mit etwas Spucke und Hin-und-her-Bewegen ließ er sich drehen. Ich betrat das Haus.
    Es hatte vier Zimmer, wenn man das Bad mitzählte, dessen Tür schief in nur einer Angel hing. Der größte Raum war eine Wohnküche; die beiden anderen waren Schlafzimmer. In dem größeren Zimmer fehlte die Matratze auf dem Bett. Ich erinnerte mich daran, wie Ivy gesagt hatte: Das is so ähnlich, als würd man sein Hund in den Urlaub mitnehm, was? In dem kleineren Zimmer hatte Rosette mit Wachsmalstiften Mädchen auf Wände gezeichnet, an denen der Putz bröckelte und stellenweise die Lattung darunter sichtbar war. Alle trugen grüne Trägerkleider und große, schwarze Schuhe. Sie hatten überproportional lange Zöpfe, so lang wie ihre Beine, und viele kickten mit Fußbällen herum. Eine trug das Diadem einer Miss America auf den Haaren und zeigte ein leuchtend rotes Lippenstiftlächeln. Das Haus roch immer noch nach dem, was meine Freundin Ivy als Abschiedsmahl gekocht hatte, bevor sie nach Mozelle zurückgegangen war, um dort mit ihrer Mama, ihrem kleinen Teufelsbraten und ihrem querschnittsgelähmten Mann zu leben.
    Hier würden Lee und Marina die amerikanische Phase ihrer Ehe beginnen. Sie würden sich in dem größeren der beiden Schlaf zimmer lieben, und er würde sie dort schlagen. Dort würde Lee nach langen Tagen, an denen er Windfangtüren zusammengeschraubt hatte, wach liegen und sich fragen, warum zum Teufel er nicht berühmt war. Hatte er sich etwa nicht bemüht? Hatte er sich nicht angestrengt?
    Und in der Wohnküche mit ihrem unebenen Fußboden und dem abgetretenen gallengrünen Teppich würde Lee erstmals dem Mann begegnen, dem ich nicht trauen sollte, weil er für die meisten, wenn nicht sogar für alle kleinen Restzweifel verantwortlich war, die Al in Bezug auf Oswalds Einzeltäterschaft hegte. Dieser Mann hieß George de Mohrenschildt, und ich wollte zu gern hören, was Oswald und er zu besprechen hatten.
    Auf der Seite des Raums, die dem Küchenbereich am nächsten war, stand eine alte Kommode. Die Schubladen enthielten zusammengewürfelte Besteckteile und billige Küchengeräte. Ich zog die Kommode etwas von der Wand weg und entdeckte dahinter eine Steckdose. Ausgezeichnet. Ich stellte die Lampe auf die Kommode und steckte sie ein. Ich wusste, dass hier jemand wohnen konnte, bevor die Oswalds einzogen, aber ich ging davon aus, dass jemand bei seinem Auszug die Schiefe Lampe von Pisa mitnehmen würde. Und falls doch, hatte ich ja noch eine Reservelampe in der Garage.
    Ich bohrte mit meinem kleinsten Bohrer durch die Außenwand, schob die Kommode wieder an ihren Platz und probierte die Lampe aus. Sie funktionierte einwandfrei. Ich packte zusammen, verließ das Haus und achtete darauf, hinter mir abzuschließen. Dann fuhr ich zurück nach Jodie.
    Sadie rief an und fragte, ob ich Lust hätte, zum Abendessen rüberzukommen. Nur Aufschnitt, sagte sie, aber als Dessert gebe es Napfkuchen, falls ich welchen wolle. Ich fuhr hinüber. Das Dessert war wundervoll wie immer, aber unsere Beziehung war nicht mehr so wie sonst. Weil Sadie recht hatte. Im Bett lag ein Besenstiel zwischen uns. Wie das Jimla, den Rosette auf dem Rücksitz meines Fords gesehen hatte, war er unsichtbar … aber er war da. Unsichtbar oder nicht, er warf einen Schatten.
    3
    Manchmal standen ein Mann und eine Frau an einem Scheideweg und verweilten dort, weil sie zögerten, den einen oder anderen Weg zu nehmen, weil sie wussten, dass die falsche Entscheidung das Ende bedeutete … und weil es so vieles gab, was sich zu retten lohnte. So erging es Sadie und mir in diesem unerbittlich grauen Winter des Jahres 1962. Wir gingen weiter ein- bis zweimal pro Woche zum Abendessen aus und quartierten uns an manchen Samstagabenden in den Candlewood Bungalows ein. Sadie hatte Spaß am Sex, und das war eines der Dinge, die uns zusammenhielten.
    Wir führten noch dreimal die Aufsicht bei Tanzveranstaltungen in der Schulturnhalle. Der DJ war immer Donald Bellingham, und früher oder später wurden wir aufgefordert, unseren Lindyhop zu wiederholen. Dabei pfiffen und klatschten die Kids wie verrückt. Und das nicht etwa aus Höflichkeit. Sie waren aufrichtig begeistert, und manche fingen sogar an, die Schritte und Bewegungen selbst einzustudieren.
    Freute uns das? Klar, denn Nachahmung war nun einmal die aufrichtigste Form der Schmeichelei. Aber wir waren nie mehr so gut wie beim ersten Mal, nie mehr so intuitiv elegant. Sadies Geschmeidigkeit war dahin.

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