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Der Anschlag - King, S: Anschlag

Der Anschlag - King, S: Anschlag

Titel: Der Anschlag - King, S: Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die verblassende Struktur eines Traums angenommen. In ein paar Stunden (oder ein paar Tagen) würde ich mir vermutlich einreden können, alles tatsächlich nur geträumt zu haben.
    »Wir müssen vieles besprechen, Kumpel. Du kommst doch?« Er sprach nicht wieder vom letzten Wunsch eines Sterbenden, aber ich las ihn in seinem Blick.
    »Also gut. Soll ich dich nach Hause fahren?«
    Daraufhin blitzten seine Augen auf. »Ich habe meinen Truck, außerdem sind es nur fünf Straßen. So weit kann ich locker noch fahren.«
    »Klar kannst du das«, sagte ich, was hoffentlich überzeugter klang, als ich es war. Ich stand auf und fing an, meine Sachen wieder einzustecken. Dabei stieß ich auf den Packen Geldscheine, den Al mir mitgegeben hatte, und zog ihn aus der Tasche. Jetzt verstand ich, weshalb die Fünfer sich von der heutigen Ausführung unterschieden. Wahrscheinlich wiesen alle Scheine kleine Veränderungen auf.
    Ich hielt ihm das Geld hin, aber er schüttelte den Kopf. »Nein, behalt das, ich hab reichlich.«
    Ich legte es trotzdem auf den Tisch. »Wie kommt es, dass man das mitgebrachte Geld behalten darf, wenn jedes Mal das erste Mal ist? Warum löst es sich beim nächsten Besuch nicht in Luft auf?«
    »Keine Ahnung, Kumpel. Wie ich schon gesagt habe, gibt es ziemlich viel, was ich nicht weiß. Es gelten bestimmte Regeln. Ein paar davon hab ich rausgekriegt, obwohl nicht allzu viele.« Ein schwaches, aber ehrlich belustigtes Lächeln hellte seine Miene auf. »Du hast auch dein Root Beer mitgebracht, stimmt’s? Es schwappt noch in deinem Magen herum, oder?«
    Das tat es allerdings.
    »Nun, da hast du’s. Wir sehen uns heute Abend, Jake. Dann bin ich ausgeruht, und wir können alles besprechen.«
    »Noch eine Frage?«
    Er machte eine knappe Handbewegung, die mich zum Spre chen aufforderte. Mir fiel auf, dass seine Fingernägel, die er immer sorgfältig gepflegt hatte, gelb und rissig waren. Ein weiteres schlechtes Zeichen. Nicht so gravierend wie die zwanzig Kilo Gewichtsverlust, aber trotzdem schlecht. Mein Vater hatte immer behauptet, die Fingernägel eines Menschen würden viel über seinen Gesundheitszustand verraten.
    »Was den Famous Fatburger betrifft …«
    »Was ist mit dem?« Um seine Mundwinkel spielte jedoch ein schwaches Lächeln.
    »Den kannst du so günstig anbieten, weil du günstig einkaufst, hab ich recht?«
    »Hackfleisch aus dem Red and White«, sagte er. »Vierundfünfzig Cent das Pfund. Ich gehe jede Woche hin. Oder ich hab’s bis zu meinem letzten Abenteuer getan, das mich weit von The Falls weggeführt hat. Ich wende mich an Mr. Warren, den Fleischer. Wenn ich zehn Pfund Hackfleisch verlange, sagt er: ›Kommt sofort.‹ Will ich zwölf oder fünfzehn, sagt er: ›Augenblick, ich mache es Ihnen frisch. Sie haben wohl eine Familienfeier? ‹ «
    »Immer das Gleiche.«
    »Ja.«
    »Weil’s immer das erste Mal ist.«
    »Korrekt. Eigentlich wie bei der Speisung der Fünftausend in der Bibel, wenn man’s recht überlegt. Ich kaufe Woche für Woche dasselbe Hackfleisch. Trotz allen dämlichen Gerüchten über Katzen burger serviere ich es Dutzenden oder Hunderten von Menschen, und es erneuert sich immer wieder.«
    »Du kaufst also immer wieder dasselbe Fleisch.« Ich hatte Mühe, das in meinen Kopf hineinzubekommen.
    »Dasselbe Fleisch, zur selben Zeit und von demselben Fleischer. Der immer dasselbe sagt – außer wenn ich etwas anderes sage. Ich gebe zu, Kumpel, dass es mich gelegentlich gejuckt hat, mich hinzustellen und ihn zu fragen: ›Wie geht’s immer, Mr. Warren, Sie alter Bastard? Haben Sie in letzter Zeit wieder Hühner gefickt?‹ Daran würde er sich nie erinnern. Aber ich hab’s nie getan. Weil er ein netter Kerl ist. Die meisten Leute, die ich dort kennenge lernt habe, waren nett.« Das sagte er mit leicht wehmütiger Miene.
    »Ich verstehe nicht, wie du dort Hackfleisch kaufen … es hier servieren … und noch mal dort kaufen kannst.«
    »Willkommen im Club, Kumpel. Ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du noch hier bist – ich hätte dich längst vergraulen können. Du hättest gar nicht ans Telefon zu gehen brauchen, als ich in der Schule angerufen habe.«
    Irgendwie wünschte ich mir, ich hätte es nicht getan, aber das sagte ich nicht. Das war vermutlich auch nicht nötig. Er war krank, nicht blind.
    »Komm heute Abend zu mir. Ich erzähle dir, was ich vorhabe, und du kannst dann tun, was du für richtig hältst. Aber du wirst dich sehr schnell entscheiden müssen, weil

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