Der Antares-Krieg
einer Reparaturwerft im System Eulysta schleppen müssen, sobald eine errichtet werden konnte, aber ihre Mission war ein Erfolg gewesen, zumindest bisher.
Das Merkur-Geschwader hatte das Rennen um die erste Ankunft am Faltpunkt gewonnen, wenn auch nur knapp. Trotz hoffnungsloser Unterlegenheit hatten die Ryall nicht aufgegeben und aus ihrem schwerfälligen Frachter herausgeholt, was die Triebwerke hergaben, als sie alle am Faltpunkt zusammenkamen. Es war ein leichtes Manöver gewesen, den großen Ryall-Frachter kurz vor dem Ziel mit einer Rakete abzuschießen. Nun brauchten sie nur noch die nächsten vier Tage auszuhalten, während der Rest der Flotte vom Faltpunkt Eulysta/Antares nachfolgte. Der militärische Geheimdienst hatte das Handstreichunternehmen der Vorhut als »wahrscheinlich ohne Feindberührung« eingestuft – eine gute Einschätzung, da die Ryall dieses System für eine Sackgasse hielten. Mirabel hoffte, dass es sich so verhielt. So oder so, ihr Auftrag lautete, den Faltpunkt zu halten und alles zu zerstören, was von der anderen Seite durchkam, bis das Gros der Flotte den Faltpunkt erreichte. Diese Befehle galten uneingeschränkt, ob der Eindringling das Ryall-Aquivalent einer Jacht oder das größte Schlachtschiff ihrer Flotte war. Im letzteren Fall würde das Merkur- Geschwader wie ein Rudel Hunde sein, die nach den Fersen eines Bären schnappten. Ganz gleich, wie viele Angehörige des Geschwaders im Kampf fielen, wie viele Schiffe verloren gingen, kein Eindringling durfte entkommen und die Nachricht von der Invasion zurück nach Carratyl tragen.
Mirabel hustete noch immer den Geschmack nach gebrauchtem Turnschuh, den die Ausgleichsflüssigkeit für hohe Beschleunigungen in ihren Lungen hinterlassen hatte. Dieses Zeug zu inhalieren war eine unangenehme Begleiterscheinung, doch der Erfolg rechtfertigte sie. Die Eroberung des Systems Eulysta war eine Operation wie aus dem Lehrbuch gewesen. Wenn nur der Rest der Invasion genauso gut verliefe.
Was hatten sie den Offiziersanwärtern an der Akademie beigebracht? Kein Plan überlebt den Feindkontakt. So weit hatte dieser Plan alle Erwartungen erfüllt, was nach den Gesetzmäßigkeiten von militärischen Operationen der Zeitpunkt war, wo man sich die größten Sorgen machen musste ...
Richard Drake saß an seiner Konsole an Bord der Conqueror II und machte sich Sorgen. Das schien in diesen Tagen seine normale Geistesverfassung zu sein. Nicht nur lastete die Verantwortung für das Gelingen der Invasion auf seinen Schultern, was mehr als genug Sorgen für einen einzelnen Mann mit sich brachte, sondern es gab noch eine andere Sorge. Das vorausberechnete Datum von Bethanys Niederkunft war verstrichen, während die Flotte ihren Überraschungsangriff durch das System Eulysta geflogen hatte. Wahrscheinlich war er inzwischen stolzer Vater eines gesunden kleinen Jungen. Wahrscheinlich war alles für Mutter und Kind gut gegangen. WAHRSCHEINLICH sollte er überglücklich sein. Warum also fühlte er sich nicht überglücklich?
Trotz runder tausend Jahre wissenschaftlicher Obstetrik gab es keine Garantien, wenn es um Geburten ging. Selbst wenn Bethany die Geburt gut überstanden hatte, wie sah es mit dem Kind aus? Gewiss, die Aufnahmen und genetischen Tests hatten gezeigt, dass alles in Ordnung war, als er Alta verlassen hatte, aber was wussten die Genetiker wirklich? Konnten sie sagen, ob ein Kind im Alter von zwei Jahren ein quengelnder Plagegeist sein würde, oder wie es in der Schule zurechtkommen würde, oder ob der Junge als Heranwachsender schüchtern und linkisch im Umgang mit Mädchen sein würde? Wenn man die Komplexität des menschlichen Genoms betrachtete, war es ein Wunder, dass sie überhaupt irgendwelche Eigenschaften des ungeborenen Kindes glaubten voraussagen zu können.
Und was war mit Krankheiten?
Mit einer bewussten Anstrengung unterdrückte Drake seine Nervosität über die Unwägbarkeiten dessen, was daheim geschah, und konzentrierte sich stattdessen auf die Unwägbarkeiten des Geschehens um ihn.
Tatsächlich ließ die Invasion sich gut an, und das bereitete ihm ebenfalls Sorgen. Wie erwartet, hatte es eine geringe Ryall-Aktivität um Corlis gegeben, als die Flotte aus dem Nebel im System Eulysta aufgetaucht war. Die Ryall hatten sie ziemlich rasch ausgemacht, nach der Schnelligkeit zu urteilen, mit der ein Schiff die Umlaufbahn um Corlis verlassen hatte. Die zwei darauf folgenden Stunden waren die längsten in Drakes Leben gewesen. Er
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