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Der Antares-Krieg

Der Antares-Krieg

Titel: Der Antares-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Befehlsfrequenz hinausgehen würden.
    »Es geht«, kam die knappe Antwort.
    Mehr brauchte er nicht zu hören. Er hatte diese angespannte, wortkarge Antwort oft genug während ihres Ehelebens gehört, um zu wissen, dass sie sich ängstigte. Und sie hatte Grund dazu. Gefechte im Weltraum waren meist kurz und tödlich, und oft ereilte der Tod seine Opfer schneller, als menschliche Sinne es wahrnehmen konnten.
    Das waren die glücklichen Toten.
    Die unglücklichen Toten waren jene, die in hilflosen Wracks in der Unendlichkeit trieben, Männer und Frauen, deren Blutzellen von radioaktiver Strahlung zerstört waren, oder deren erschöpfter Sauerstoffvorrat sich durch Ohrenknacken in undichten Schutzanzügen bemerkbar machte. Dann gab es noch die wirklich unglücklichen Toten, die sich unverletzt und mit genug Atemluft, aber ohne Nahrung oder Wasser in einem unversehrt gebliebenen Raum eines treibenden Wracks befanden, ohne Aussicht auf Hilfe oder Rettung.
    Drake hatte getan, was er konnte, um für das bevorstehende Gefecht bereit zu sein, und als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, verdrängte er sie aus seinem Bewusstsein. Er lag in seinem Sitz und beobachtete seine Instrumente in einem Zustand stoischer Trance. Es war, als wüsste sein Körper instinktiv, wie er seinen begrenzten Vorrat von Adrenalin konservieren und die lebenswichtige Droge für den Augenblick in Reserve halten konnte, wenn er wirklich gebraucht wurde. Wie zehntausend Generationen menschlicher Krieger es vor ihm getan hatten, lag Drake still und besinnlich da und wartete geduldig darauf, was dieser Tag noch bringen würde.
    Wie immer, wenn ein Kampf unmittelbar bevorstand, verspürte er keine Furcht. Das heißt, die Furcht war da, aber zeitweilig betäubt. Sie schlief unruhig dicht unter der Oberfläche seines Bewusstseins.
    Im Kosmos verläuft das Kampfgeschehen schneller als die Reaktionszeiten von Synapsen und chemischen Rezeptoren. Daher kann ein Mensch durch eigenes Handeln wenig tun, um ein feindliches Schiff zu bekämpfen. Strahlenwaffen und Laser operieren mit Lichtgeschwindigkeit. Wenn das menschliche Auge auf den Blitz reagiert, hat das Ereignis bereits stattgefunden. Nur Computer können mit dem Stakkato eines Gefechts im Weltraum in Realzeit Schritt halten.
    Das menschliche Gehirn ist überlegen, wenn es auf Nuancen ankommt. Das menschliche Auge kann Muster erkennen, die kybernetischen Wahrnehmungen bedeutungslos sind. Allein wegen dieser kognitiven Fähigkeiten und der aus ihnen folgenden Entscheidungsprozesse werden Menschen im Kampfgeschehen gebraucht. Gerade diese Fähigkeiten aber sind am verwundbarsten für Furcht und Zweifel. Um seine Effektivität zu steigern, erzeugt das menschliche Gehirn vor dem Kampf eine Art Selbsthypnose. Wider besseres Wissen hüllt es sich in einen Umhang ruhiger Zuversicht.
    Dieses seltsame Gefühl von Ruhe, das über Drake gekommen war, würde den ersten Kontakt mit dem Feind nicht überdauern. Mit dem Beginn der Aktion würde er Erregung, Sorge, Anspannung, Enttäuschung und Erleichterung verspüren – oft innerhalb von wenigen Sekunden. Angst hingegen würde erst nach dem Kampf auftreten. Erst dann würde die Zeit da sein, die Verluste zu registrieren und die Toten zu betrauern, vorausgesetzt, er befand sich nicht unter ihnen. Nach dem Gefecht würde sein Verstand jede Phase rekapitulieren und überlegen, ob es eine Entscheidung gab, die er besser hätte treffen können.
    »Wo sind sie?«, fragte Bethany. Sie beobachtete die Lagedarstellung mit der gleichen gespannten Aufmerksamkeit wie alle anderen in der Flotteneinsatzleitung.
    »Geduld. Wenn sie das Annäherungsmanöver nicht abgebrochen haben, als sie uns ausmachten, sollten wir sie in den nächsten zwei Minuten sehen.«
    Drake beneidete den Kommandeur der Ryall nicht um seine taktische Position im bevorstehenden Gefecht. Um den Doppelstern als Wendemarke zu gebrauchen, würde er eine sehr präzise Flugbahn einhalten müssen. Er würde keinen Raum für Ausweichmanöver haben, da jede Abweichung vom vorgegebenen Kurs die Streitmacht mit ihrer sehr hohen Geschwindigkeit beim Verlassen des Doppelsterns weit von ihrem Ziel abbringen würde.
    Nach Beobachtungen, die gemacht wurden, bevor die Ryallschiffe hinter dem Doppelsternsystem verschwanden, schien es, dass ihr Ziel der Faltpunkt Spica/Darthan sein würde. Von dieser Vermutung ausgehend, ließ sich auf die genaue Zeit schließen, wann der nächste Durchbruchsversuch der Ryall zu erwarten war.

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