Der Anwalt: The Counselor. Ein Drehbuch (German Edition)
hat er denn?
LAURA
Ich weiß nicht.
MALKINA
(Hält mit einer Gabel voll Salat inne, legt sie dann wieder auf den Teller) Du weißt es nicht?
LAURA
(Lächelnd) Nein.
MALKINA
Du machst wohl Witze.
LAURA
Nein.
MALKINA
Zeig ihn mir mal.
Laura streckt die Hand aus.
MALKINA
Nein. Nimm ihn ab.
Laura nimmt den Ring ab und reicht ihn ihr über den Tisch. Malkina betrachtet den Ring, dreht ihn, hält ihn gegen das Licht. Sie gibt ihn zurück.
MALKINA
Er hat dreieinhalb Karat. Vielleicht auch drei Komma acht. Schöner Stein. Asscher-Schliff.
LAURA
(Steckt den Ring wieder an) Danke.
MALKINA
Gute Farbe. Wahrscheinlich ein F oder ein G. Keine sichtbaren Einschlüsse, also mindestens ein VS - 2 . Willst du wissen, was er wert ist?
LAURA
Nein.
MALKINA
(Lächelt und schüttelt den Kopf, stochert in ihrem Salat) Du willst es wirklich nicht wissen, wie?
LAURA
Nein.
MALKINA
Habt ihr denn schon ein Datum festgelegt?
LAURA
Nein. Ich will in der Kirche heiraten. Für ihn ist das in Ordnung, sagt er. Er war schon mal verheiratet, und ich dachte, das wäre ein Problem, aber die Kirche erkennt andere Ehen nicht an. Jedenfalls suche ich mir hier einen Job.
MALKINA
Hast du Angst?
LAURA
(Lächelt) Nein. Ich bin nur ein bisschen nervös. Manchmal.
MALKINA
Bist du eine Kirchgängerin?
LAURA
Ich gehe zum Gottesdienst. Ja. Für mich ist das wichtig.
MALKINA
Und was ist mit der Beichte?
LAURA
Auch. Na ja, vielleicht nicht so oft.
MALKINA
Fragt der Priester einen nach Sex?
LAURA
Er fragt nicht. Aber man soll ihm alles sagen.
MALKINA
Er quetscht keine pikanten Details aus einem heraus?
LAURA
(Lächelt) Nein.
MALKINA
Er hat mich angefasst, Vater. Wo, mein Kind? Auf dem Rücksitz, Vater. Aber man muss hingehen, stimmt’s?
LAURA
Ja. Damit man zur Kommunion gehen kann.
MALKINA
Und ganz egal, was für einen üblen Scheiß man verbrochen hat, man muss versprechen, dass man es nie wieder tut.
LAURA
Ja.
MALKINA
(Schüttelt den Kopf) Mmm. Und wenn ein Nichtkatholik beichten ginge? Was würde er dann machen?
LAURA
Ich weiß nicht. Warum solltest du?
MALKINA
Ich weiß nicht. Vielleicht weil man nur so krank ist wie seine Geheimnisse. Würde er einem zuhören?
LAURA
Ich weiß nicht. Er könnte dir allerdings keine Absolution erteilen, wenn du keine Katholikin bist.
MALKINA
Glaubst du, dass nur Katholiken in den Himmel kommen?
LAURA
Ich glaube, das entspricht ungefähr dem, was die Kirche lehrt. Ich bin mir da nicht so sicher.
MALKINA
Ja. Aber jeder könnte einfach so in die Kabine reinschneien, oder?
LAURA
In den Beichtstuhl? Ja, ich denke, schon.
MALKINA
Und was sagt man da?
LAURA
Man beichtet seine Sünden.
MALKINA
Ja, aber was sagt man? Man geht rein und dann was? Sagt man ihm, wer man ist?
LAURA
Nein. Man sagt: Segne mich, Vater, denn ich habe gesündigt. Und man sagt, wann man das letzte Mal bei der Beichte war. Und dann erzählt man ihm, was man getan hat. Und wenn man damit fertig ist, sagt man, dass man seine Sünden bereut. Von Herzen bereut, sagt man. Und dass man es nicht wieder tut.
MALKINA
Aber das tut man dann doch.
LAURA
Normalerweise wohl schon.
MALKINA
Gibt man ihm Geld oder irgendwas?
LAURA
Nein.
MALKINA
(Schüttelt den Kopf) Mmm. Seltsam. Mal angenommen, man hat etwas richtig Übles getan. Er quetscht keine Details aus einem raus?
LAURA
Ich glaube, nicht. Du bringst mich in Verlegenheit.
MALKINA
Das sehe ich. Du wirst ganz rot. Okay. Wir wechseln das Thema.
LAURA
Gut.
MALKINA
Wir reden über mein Sexleben.
LAURA
(Blickt auf) Du nimmst mich auf den Arm.
MALKINA
Ich will dich bloß ärgern. Was für eine Welt.
LAURA
Du findest die Welt seltsam?
MALKINA
Ich spreche von deiner.
*****
Nordmexiko an der US -Grenze. Nacht. Der Fäkalienwagen rumpelt durch die Wüste, die Beleuchtung ist bis auf die vorderen Parklichter ausgeschaltet. Der Lkw fährt eine flache Anhöhe hinauf und kommt knirschend zum Stehen. In der Ferne sind die Lichter einer Stadt am Horizont zu sehen.
*****
Eine Bar am Rand der Stadt. Nachmittag. Der Anwalt kommt herein und bleibt einen Moment lang an der Tür stehen, damit seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnen. Westray sitzt an einem Tisch in der Ecke und hebt die Hand. Der Anwalt geht durch den Raum, zieht einen Stuhl zurück und setzt sich an den Tisch. Westray ist etwas älter als der Anwalt, gut aussehend und gut gekleidet. In der Bar befinden sich nur wenige Gäste. Am anderen Ende spielt ein junger Mann am
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