Der Anwalt: The Counselor. Ein Drehbuch (German Edition)
Diamanten verkaufen.
BEGLEITER
Und wenn es ein Mädchen wird? Wäre das nicht ein Problem?
MALKINA
Wäre es. Aber er ist keins.
BEGLEITER
Ich verstehe. Darf ich dich etwas fragen?
MALKINA
Du darfst.
BEGLEITER
Ist das Kind von Reiner?
MALKINA
Das willst du wissen?
BEGLEITER
Ja.
MALKINA
Nein. Es ist nicht von ihm. Reiner hatte sich sterilisieren lassen. Der Counselor hat den Leuten erzählt, das wäre gerichtlich angeordnet worden. Ich habe es Reiner an dem Tag gesagt, an dem ich es selbst erfahren habe. Für ihn war das nicht weiter schlimm. Er wollte, dass ich abtreibe, und wir würden einfach weitermachen, als wäre nichts gewesen. Er ist sogar ziemlich emotional geworden. Das hat mich gewundert. Ich habe ihm gesagt, wenn es ein Mädchen wäre, würde ich es abtreiben. Aber es war keins. Also habe ich es nicht getan.
BEGLEITER
Wollte er denn nicht wissen, von wem es ist?
MALKINA
Natürlich.
BEGLEITER
Hast du es ihm gesagt?
MALKINA
Nein.
BEGLEITER
Das Kind wird keinen Vater haben.
MALKINA
Jedes Kind hat einen Vater. In diesem Fall sogar die beste Art von Vater.
BEGLEITER
Und die wäre?
MALKINA
Die beste Art von Vater ist ein toter Vater.
BEGLEITER
Das meinst du ernst.
MALKINA
Ich glaube, Freud hat recht damit, dass ein Sohn, den seine Mutter verehrt, niemals an sich zweifeln wird. Aber ein zweifelhafter Vater kann das zunichtemachen. Und die Vorzüge eines toten Vaters – eigentlich auch gerade seine Identität – werden nur durch die Phantasie der Mutter begrenzt. Du siehst aus, als wäre dir nicht ganz wohl.
BEGLEITER
Mir geht’s gut.
MALKINA
Wenn ich eine Frau wäre, die du haben könntest, wärst du nicht interessiert. Der Fluch des Spielers.
BEGLEITER
Ich hoffe, das stimmt nicht.
MALKINA
(Lächelnd) Niemand möchte gern zugeben, dass das Objekt seiner Begierde ihn auf die Waagschale gelegt und für zu leicht befunden hat. Das ist sehr schwer zu akzeptieren. Besser, sich die Begehrte als launisch und unentschlossen vorzustellen. Meinst du nicht auch?
BEGLEITER
(Lächelnd) Du bist ziemlich grausam.
MALKINA
Du wirst es mir danken.
BEGLEITER
Was möchtest du denn?
MALKINA
Mein eigenes Leben. Ich besitze sehr wenig. Ein bisschen Schmuck. Ein paar Kleider. Es gibt Zeiten, da stelle ich mir vor, ich hätte gern meine Unschuld zurück. Wenn ich je eine hatte. Aber ich würde nie den Preis bezahlen, den sie heutzutage auf dem Markt erfordert.
BEGLEITER
(Nickt. Blickt zu ihr auf. Leise) Dein eigenes Leben.
MALKINA
(Mustert ihn. Dann) Wenn die Welt selbst die Ursache der eigenen Qual ist, dann darf man wenigstens an einem Teil von ihr Rache üben. Vielleicht müsstest du eine Frau sein, um das zu verstehen. Und wie tief die Verletzung geht, erfährt man erst, wenn sich Gelegenheit zur Rache bietet. Erst dann weiß man, wozu man fähig ist.
BEGLEITER
Ich glaube, du hast mir mehr gesagt, als ich wissen wollte.
MALKINA
Ist schon gut.
BEGLEITER
Und die Katzen?
MALKINA
Silvia ist gestorben. Sie hatte einen angeborenen Herzfehler. Was wir wussten. Raoul lebt gesund und munter in Arizona. Er herrscht über ein Gebiet von tausend Hektar und hat einen besonderen Felsen, auf dem er sich sonnen und nach Beute Ausschau halten kann. Das ist alles. Hunde bringen Menschen zusammen. Katzen nicht. Trotzdem vermisse ich ihn.
BEGLEITER
Raoul.
MALKINA
(Lächelnd) Ja. Raoul. Ich vermisse, ihm dabei zuzusehen, wie er draußen in der Wüste mit hundert Stundenkilometern Hasen reißt. Mit anzusehen, wie Beute mit Eleganz getötet wird, ist sehr bewegend für mich. Das war es schon immer.
BEGLEITER
Ist das erotisch?
MALKINA
Natürlich. So etwas ist immer erotisch. Aber Anmut. Freiheit. Der Jäger besitzt eine Reinheit des Herzens, die es nirgendwo sonst gibt. Ich glaube, ihn definiert nicht so sehr, was er geworden ist, sondern was er hinter sich gelassen hat. Man kann keinen Unterschied machen zwischen dem, was er ist, und dem, was er tut. Und was er tut, ist töten. Mit uns verhält es sich natürlich anders. Ich fürchte, wir sind schlecht ausgestattet für den Weg, für den wir uns entschieden haben. Schlecht ausgestattet und schlecht vorbereitet. Wir würden gern einen Schleier über all das Blut und den Schrecken ziehen. Die uns an diesen Ort gebracht haben. Es ist die Schwäche unseres Herzens, die uns die Augen vor alldem verschließen lässt, aber dadurch macht sie es zu unserem Schicksal. Vielleicht bist du nicht meiner Meinung. Ich weiß es nicht. Aber nichts ist
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