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Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Der Apfel fällt nicht weit vom Mann

Titel: Der Apfel fällt nicht weit vom Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Monat bei ihnen zu wohnen, aber sie hatte dann doch ein leicht schlechtes Gewissen beim Gedanken daran, die traute weibliche Zweisamkeit ohne jegliche Absprache zu einer Art gemischtem flotten Dreier auszuweiten. Und so kam es, dass sie zum ersten Mal seit drei Jahren beschloss, die Spitze ihres Überstundenberges abzutragen und sehr zu Chesters Missfallen früher nach Hause zu gehen, um schön Wetter zu machen.
    Sie wollte ein Abendessen zaubern und Nancy dafür danken, dass sie immer so wahnsinnig großzügig und großherzig war. Denn genau das würde sie natürlich auch jetzt wieder sein.
    Und dann würde sie morgen noch einmal ein Abendessen zaubern, zur Feier von Dans Einzug in das Zimmer neben ihrem.
    Nancy hatte zuletzt Spätschicht gehabt, da hatte sie Donnerstag, Freitag und Samstag frei.
    Pip wusste genau, wo sie sie vorfinden würde, wenn sie nach Hause kam: im Schlafanzug auf dem Sofa, wo sie die Soap-Folgen der letzten drei Tage nachholte und irgendein Dosenfutter in sich hineinstopfte – seien es Kekse oder Baked Beans.
    Heute waren es Pfirsiche.
    Nancy sah auf, und als sie Pip mit den Plastiktüten erblickte, rief sie mit vollem Mund:
    »Hurra! Du warst einkaufen!«
    Nancy aß zwar für ihr Leben gern, machte aber gerne einen großen Bogen ums Einkaufen. In Supermärkten langweilte sie sich, während Pip die Warenwelt als ein Paradies aus Düften und Aromen empfand, die nur darauf warteten, mit viel Liebe zu köstlichen Mahlzeiten verarbeitet zu werden.
    Als die älteste von vier Schwestern war Pip im Laufe der Jahre zu einer Expertin avanciert, wenn es darum ging, den Inhalt spärlich bestückter Küchenschränke in ein Festmahl zu verwandeln. Nancy liebte Pips Kochkünste fast so sehr wie Pip selbst, und so lief ihr bereits das Wasser im Mund zusammen, wenn Pip mit prall gefüllten Supermarkttüten zur Tür hereinkam. Ihre Speicheldrüsen wussten nämlich sehr genau, dass dann schon bald ein köstliches Essen auf dem Küchentisch dampfen würde.
    »Ich koch dir was«, verkündete Pip.
    »Echt?« Nancy riss die Augen auf und sah Pip hoch erfreut an. »Wieso? Nein, vergiss es. Was? Was gibt es?«
    Nancy ließ die Dosenpfirsiche Dosenpfirsiche sein, rappelte sich vom Sofa hoch und folgte Pip in die Küche.
    »Lachs«, verriet Pip lächelnd, stellte die Tüten auf dem Tisch ab und zog den Fisch heraus, um ihn Nancy zu zeigen.
    »Hmmm, lecker.«
    »Und zum Nachtisch frische Scones mit Sahne und Marmelade.«
    »Doppelt lecker!« Nancy machte sich an der Tüte zu schaffen.
    »Zum Nachtisch, habe ich gesagt«, erinnerte Pip sie und nahm ihr die Tüte weg.
    »Gibt es einen bestimmten Grund für diesen Akt der Liebe? Natürlich abgesehen davon, dass du einfach ein großartiger Mensch bist?«
    Pip nickte, während sie die Lebensmittel aus der Tüte räumte.
    »Ja. Ich möchte dich nämlich um einen ziemlich großen Gefallen bitten.«
    »Ist okay.«
    »Also, die Sache ist die ...«
    »Nein, ich meinte, ist okay, das mit dem Gefallen, ganz egal, um was es geht. Brauchst mir gar nichts zu erklären. Wer mir Lachs und frische Scones mitbringt, kann alles von mir haben ...« Grinsend machte Nancy sich an der zweiten Tüte zu schaffen. »Ach, übrigens, deine Schwester hat angerufen.«
    Pips Blick schoss von den Einkäufen zu Nancy.
    »Welche?«, fragte sie etwas lauter als nötig.
    »Keine Panik. War bloß Flora.«
    Pip entspannte sich sichtlich.
    »Aha. Okay.«
    Wenn eine ihrer Schwestern anrief, ging es in der Regel um einen Notfall. Flora allerdings rief manchmal auch nur einfach so an, um zu hören, wie es Pip ging, um den schwesterlichen Kontakt zu pflegen.
    »Sie hat allerdings schon ein paar Mal angerufen«, schob Nancy betont lässig hinterher. Sie entdeckte eine Banane und begann, sie zu schälen.
    Pip erstarrte.
    »Und wie oft genau ist ›ein paar Mal‹?«, fragte Pip.
    »Dreizehn«, antwortete Nancy und vertilgte die Banane mit wenigen Bissen.
    Pip ließ die Hände sinken und durchbohrte Nancy förmlich mit ihrem Blick.
    »Glückszahl«, mampfte Nancy.
    »Dreizehn Mal?«
    »Dreizehn Mal«, bestätigte Nancy. »Das ist zumindest die Zahl, die der Anrufbeantworter anzeigt.«
    Pip stürzte zum Telefon.
    Der Anrufbeantworter blinkte wie bekloppt.
    Flora geriet nur äußerst selten über irgendetwas in Panik, aber wenn sie geschlagene dreizehn Mal anrief, dann war ganz bestimmt irgendetwas im Busch.
    Pip verschwendete keine Zeit damit, die Nachrichten abzuhören, sondern rief sofort mit zitternden Fingern

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