Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
immer noch meinst, dass ich in euer freies Zimmer einziehen soll, dann können wir weiterreden.«
Er ging zum Tresen, kam fünf Minuten später mit Getränken und Besteck wieder, setzte sich und erzählte ihr dann erst mal von seinem Hausbesuch bei einem der ansässigen Landwirte und brachte sie zum Lachen. Und als das Essen kam, bot er ihr so selbstverständlich etwas von seinen Pommes an, dass Pip ihren Vorschlag wiederholte.
»Ich meinte das wirklich ernst, Dan. Wenn es da, wo du jetzt wohnst, so unerträglich ist, kannst du gerne bei uns wohnen, bis du ein Haus gefunden hast.«
»Und deine Mitbewohnerin? Was sagt die dazu? Musst du die nicht erst mal fragen?«
»Nancy? Ach was, das macht der überhaupt nichts aus. Sie ist es gewöhnt, dass ich aus der Praxis alle Nase lang irgendwelche herrenlosen Viecher anschleppe.« Ups. Das klang vielleicht etwas schräg. »Äh, und mit einem quasi obdachlosen Kollegen wäre das natürlich noch mal etwas ganz anderes. Also, Nancy ist echt entspannt, die hat kein Problem damit, ich wette, sie würde es sogar selbst vorschlagen, wenn sie jetzt hier wäre.«
Nachdenklich, fast schon mit Hoffnung im Blick, sah er sie an. Dann schüttelte er den Kopf.
»Nein, lieber nicht.«
»Lieber nicht? Also lieber weiter bis zwei Uhr nachts Pavarotti hören?«
»Nein, aber ich kann mich doch nicht einfach so bei euch einnisten.«
»Würdest du ja auch nicht. Ich biete es dir hochoffiziell an.«
»Okay. Wenn die heutige Nacht ähnlich verläuft wie die letzte, wirst du mich wahrscheinlich auf Knien rutschend vorfinden, und ich werde dich anflehen, mich bei dir aufzunehmen.«
Auf Knien klingt gut, dachte Pip und erwiderte sein Lächeln. Auf Knien klingt richtig gut.
– 5 –
Am nächsten Morgen erwartete er sie bereits hinter dem Empfangstresen.
Sie konnte ihn zuerst gar nicht sehen, denn er rutschte tatsächlich auf Knien herum. Gut, dass sie beiden die Ersten in der Praxis waren.
»Gestern Abend war es O sole mio «, stöhnte er, als Pip bei seinem Anblick anfing zu lachen.
»O je ...«
»Und darum ...«
»Und darum«, erwiderte Pip.
»Das Problem ist nur, dass ich – ganz gleich, wie sehr mir die Vorstellung gefällt, und sie gefällt mir wirklich sehr gut – trotzdem immer noch das Gefühl habe, mich euch aufzudrängen.«
Pip nickte nachdenklich.
»Ich kann dir versichern, dass das nicht der Fall wäre. Aber hör mal, was hältst du davon, wenn du morgen mal ganz unverbindlich vorbeikommst? Pack ein paar Sachen ein, als wolltest du einfach nur das Wochenende bei uns verbringen. Wir machen was Nettes zum Abendessen, und du kannst Nancy kennenlernen. Wenn es dir bei uns nicht gefällt oder wir es uns anders überlegen, dann stehen die Zeichen ab Montag wieder auf besetztem Badezimmer und nächtlichem Operngesang. Aber wenn wir alle miteinander zufrieden sind, bleibst du. Ganz einfach.«
»Ist das wirklich dein Ernst?«
»Wie ich gestern bereits sagte, ich meine alles ernst, was ich sage.«
»Und wie sieht’s mit der Badbenutzung aus?«, witzelte er.
»Nancy hat ihr eigenes Bad, und ich brauche – wie du dir vielleicht vorstellen kannst – nicht mehr als fünf Minuten.«
»Ich finde, du siehst immer toll aus.«
»Na, wenn das so ist ...« Pip wurde rot.
»Na, wenn das so ist«, wiederholte er und reichte ihr von unten die Hand. »Dann sind wir uns wohl einig.«
»Klar«, sagte Pip und schlug ein.
»Was ist denn hier los?«, wollte Maggie wissen, die im selben Moment die Praxisräume betrat.
Dan stand auf, legte Pip den Arm um die Schulter und informierte Maggie süffisant grinsend: »Pip und ich ziehen zusammen. Ich weiß, das mag übereilt wirken, aber warum soll man gegen etwas ankämpfen, das einfach nur gut ist?«
Das verschlug Maggie glatt die Sprache.
Dan verschwand mit amüsiert zuckenden Mundwinkeln in seinen Behandlungsraum. An der Tür drehte er sich noch einmal um und warf Pip eine Kusshand zu.
»Bis später, Traumfrau.«
Maggie wäre fast kollabiert.
Pip wusste ja, dass er nur wegen Maggie so übertrieb, aber die »Traumfrau« ließ ihr trotzdem wohlig warm ums Herz werden.
Den Rest des Tages wurde sie das Grinsen im Gesicht nicht los.
Auch dann nicht, als ihr siedend heiß einfiel, dass sie Nancy noch gar nichts von ihrem neuen Mitbewohner erzählt hatte. Pip wusste, dass Nancy nicht einmal mit der Wimper zucken würde, wenn Pip ein komplettes königliches Leibregiment mitsamt ungestimmten Instrumenten einladen würde, einen ganzen
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