Der Apfel fällt nicht weit vom Mann
Schokolade zu brauen. Pip bekam fast schon ein schlechtes Gewissen, weil sie so geflunkert hatte, und das vertrug sich gar nicht gut mit dem flauen Gefühl, das sie aufgrund des bevorstehenden Wiedersehens mit Dan im Magen hatte.
Vielleicht, ging es ihr hoffnungsvoll durch den Kopf, vielleicht war er ja gar nicht so umwerfend, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Vielleicht hatte sie die rosarote Brille aufgehabt. Oder besser: die rosé-rote Brille ... Und er war in Wirklichkeit gar nicht das Prachtexemplar von einem wunderbaren Mann, das sie zu sehen geglaubt hatte.
»Ach, Pip, Gott sei Dank sind Sie da!«
Mary Batley riss sie aus ihren Gedanken. Die alte Dame kam mit ihrem kleinen Hund auf dem Arm auf den Tresen zu.
»Bingo muss seine Tabletten nehmen, und Sie wissen doch, wie ungeschickt ich bin ...«
Bingo war ein alternder Malteser, der sein Frauchen stets nach seiner Pfeife tanzen ließ. Egal, was Bingo wollte – er bekam es. Und was Bingo ganz bestimmt nicht wollte, waren seine Entwurmungstabletten, aber Pip schaffte es jedes Mal, sie ihm einzuverleiben.
Mary lächelte Pip hoffnungsvoll an, platzierte Bingo auf dem Tresen und bot Pip zur Entschädigung ein Fruchtbonbon an.
»Na, los schon, her mit ihm.« Pip nahm sich erst ein Fruchtbonbon und dann den Hund. Gerade, als sie dem störrischen Köter die kleine weiße Entwurmungstablette in den Rachen schieben wollte, öffnete sich die Tür zu dem Behandlungszimmer, das einst Clives war, und ein Halbgott in Weiß trat heraus: Dr. med. vet. Dan Fairweather.
Er sah Pip an und lächelte.
Worauf Pip sich die Entwurmungstablette in den Mund schob und dem verdutzten, aber hoch erfreuten Bingo das Fruchtbonbon verabreichte.
– 3 –
»Toll siehst du heute Morgen aus, Pip ... neue Klamotten?« Verschmitzt lächelnd sah Maggie zu ihr auf. Sie wollte Pip damit sagen, dass es durchaus nicht ihrer Aufmerksamkeit entgangen war, wie sehr ihre Kollegin auf ihr Äußeres achtete, seit Dan Fairweather vor zweieinhalb Wochen bei ihnen angefangen hatte.
»Nö«, log Pip. »Kennst mich doch.«
Maggie nickte, sah aber wenig überzeugt aus.
Pip hatte eine geschlagene Woche gebraucht, bis sie ihn, wenn sie mit ihm redete, auch ansehen konnte, ohne dass ihr Magen sich anfühlte, als befände er sich im Schleuderprogramm.
Gott sei Dank musste Pip sich auch um den anderen Neuzugang kümmern, sodass sie gar keine Zeit hatte, viel über Dan nachzudenken. Chesters Plan, in der Nachbargrafschaft eine zweite Praxis zu eröffnen und auf längere Sicht in jeder Grafschaft Südwestenglands eine Niederlassung zu betreiben, hatte ihn dazu veranlasst, gleich zwei neue Tierärzte einzustellen.
Lizzie Manning war vergangene Woche, kurz nach Dan, zu ihnen gestoßen.
An Lizzie war alles groß: Ihr Busen, ihr Hintern, ihr Herz. Und sie hatte eine Stimme wie ein Nebelhorn. Man könnte sagen, dass sie eine weibliche Version von Chester war. Pip hatte sie sofort ins Herz geschlossen, aber ihr fiel auf, dass Dan Clives Behandlungszimmer quasi nahtlos und ohne viele Anweisungen übernommen hatte, während Lizzie ständig alles Mögliche mindestens drei Mal nachfragte.
Aber es war Lizzie, die das Eis brach, das sich in einer dünnen Männer-Schutzschicht um Pip herum gebildet hatte – damit alles, was über das reine Arbeitsverhältnis hinausging, an ihr abprallte wie ein Pingpongball von der Platte.
Lizzie hatte einen ziemlich ungewöhnlichen Patienten gehabt, nämlich eine riesige Vogelspinne, die einem Bristoler Spinnen- und Reptilienliebhaber gehörte.
Sie hatte dem Mann geholfen, das schwere Glasterrarium aus dem Behandlungsraum zur Rezeption zu tragen, und dabei nicht bemerkt, dass der eigentliche Patient Reißaus genommen hatte und nicht mehr in seinem Glaskasten saß, sondern glücklich auf ihrer Schulter thronte und ihr dabei zusah, wie sie die Formalitäten mit seinem Besitzer klärte.
Alle anderen Mitarbeiterinnen sowie die im Wartezimmer sitzenden Klienten hatten die monströse Spinne, die wie eine große, haarige Hand auf der Schulter der neuen Tierärztin saß, bemerkt und schwiegen entsetzt. Pip und Dan dagegen hatten hysterisch angefangen zu lachen, einander angesehen und dann noch hysterischer gelacht. Das war der Moment gewesen, in dem zwischen ihnen beiden eine Verbindung entstanden war.
Pip stand auf humorvolle Männer. Clive zum Beispiel hatte einen wunderbaren Humor, er konnte sie in beinahe jeder Situation zum Lachen bringen.
Ob Dan so eine Art Clive mit
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