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Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
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schreien – ein dünner, spitzer Klagelaut wie der Wind in einem Kamin.
    »Hunger«, sagte Mary und streichelte ihm über den Kopf. Sie sah mich an, die Stirn besorgt gekräuselt, und verdrehte die Augen, als wollte sie ihre Nasenspitze studieren. Mit der anderen Hand berührte sie mein Haar und strich mir ein paar Strähnen hinters Ohr. »Arme Lize.«
    Ich sagte nichts. Am liebsten hätte ich laut aufgeschrien, mich übergeben, das monströse Wesen durchs Zimmer geschleudert, aber ich konnte mich nicht bewegen. Meine Zunge war wie ein Holzkeil in meinem Mund.
    »Milch«, drängte Mary. »Will Milch.«
    Ich schüttelte heftig den Kopf und schob das Kind mit beiden Händen weg. »Nein«, flüsterte ich.
    »Ja. Sonst Baby sterben. Und Lize fortgehen. Lize soll nicht fortgehen.«
    »Nein«, flüsterte ich wieder, mich selbst wiegend, die Arme um die Brüste geschlungen. »Bitte, Mary, nein. Bring es weg. Ich … bring es einfach weg.«
    »Du kannst«, flüsterte Mary zurück. »Mar’ hier. Mar’ helfen.«
    Sehr sanft schob sie die Decke zurück und löste meine Arme. Vor Gram erstarrte Tränen tropften auf mein dünnes Baumwollhemd. Ich ließ es geschehen. Ich presste die Augen fest zusammen, während Mary mein Nachthemd aufknöpfte und es mir über die Schultern streifte, sodass meine geschwollenen Brüste entblößt wurden. Als das Kind wimmerte, zog sich der braune Hof meiner Brustwarze zusammen, und ein Tropfen Milch sickerte heraus. Meine Schultern bebten angesichts dieses Verrats.
    Mary beugte sich zu mir und küsste mich ungeschickt auf das Ohr. Dann drückte sie das Kind gegen meinen Bauch, mit der Hand seinen Kopf stützend, und führte seinen Mund an meine Brust. Ich spürte das Wispern seiner winzigen Lippen auf meiner Haut, das Tasten, Suchen. Dann, urplötzlich und wild entschlossen, packte es meine Brustwarze mit seinem Mund und saugte sich fest. Krämpfe durchzuckten meinen Unterleib. Der Schock, den der Schmerz und diese intime Nähe auslösten, fuhr mir wie eine Messerklinge zwischen die Rippen, sodass ich laut aufschrie. Ich wollte schreien, immer weiterschreien, bis das Haus erbebte vom Schmerz, der mich verzehrte. Am liebsten hätte ich es von meinem Körper weggerissen, dieses Geschöpf, und quer durchs Zimmer geschleudert. Seine Wärme, seinen pulsierenden Scheitel, seinen gierig saugenden Mund konnte ich nicht ertragen. Am liebsten hätte ich es erstickt, zerschmettert und zu Tode getrampelt. Ich hob die Hand. Mary umschloss sie mit der ihren und drückte sie fest.
    »Gut«, murmelte sie. »Lize gut.«
    Die Tür ging auf. In diesem Moment stand mir das groteske Bild vor Augen, das wir boten: die sitzen gelassene Geliebte, die idiotische Dienstmagd, der missgebildete Säugling – und eine Verzweiflung bemächtigte sich meiner, durchströmte mich wie Gift, das alles in mir vernichtete, was noch nicht verhärtet war. Ich war verloren. Ich presste meine Hand fest auf Nase und Mund des Säuglings.
    »Ich danke Ihnen sehr, Miss. Für Ihre Güte.«
    Eine raue, unbekannte Stimme. Mary schob meine Hand beiseite und barg sie fest in der ihren. Das Kind fing an zu schreien. In der Tür stand eine junge Frau, zerlumpt und schmutzig, mit zerrissener Schürze und einer Haube, kaum groß genug, um ihren Kopf zu bedecken. Ihre Lippen waren mit Schorf verkrustet. Als sie einen unbeholfenen Knicks machte, klimperte etwas in ihrer Schürzentasche.
    »Gott segne euch«, stieß sie hervor. »Ja, Gott segne euch.«
    Sie raffte ihre Röcke und eilte auf mich zu. Mit einem schwarzen Finger berührte sie den schreienden Säugling flüchtig an der Schulter und eilte wieder nach draußen, die Hand um die Schürzentasche geschlossen. Gepolter auf der Treppe, die Haustür fiel ins Schloss. Unendlich sanft hob Mary das Kind und legte es mir an die andere Brust. Als sich diesmal der Mund um die Brustwarze schloss, empfand ich gar nichts.

Mein Sohn, verschmähe nicht die Züchtigung des HERRN ; und werde seiner Zurechtweisung nicht überdrüssig. Denn wen der HERR liebt, den züchtigt er wie ein Vater seinen Sohn, an dem er Wohlgefallen hat. Glücklich der Mann, der Weisheit findet & Erkenntnis gewinnt. Denn damit Handel zu treiben ist besser, als mit Silber zu handeln, & der Gewinn daraus besser als der von feinstem Gold.
     
    Es gibt keinen missglückten Versuch, nur neue Erkenntnisse & frische Einsichten
    Thomas Sydenham
     
     
    KAUM EINE BOSHEIT IST WIE FRAUENBOSHEIT .

XVIII
    F ast einen Monat lang stillte ich den

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