Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Apotheker: Roman (German Edition)

Der Apotheker: Roman (German Edition)

Titel: Der Apotheker: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clare Clark
Vom Netzwerk:
Kopf schlagen«, meinte sie dann barsch.
    Ich rang nach Atem. Am liebsten hätte ich lauthals aufgelacht.
    »Entschuldigen Sie, aber ich glaube nicht …«
    »Ich sagte, das kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Und damit Schluss.«
    Sie wandte sich zum Gehen. Ich war drauf und dran, sie an ihren hässlichen weißen Ohren zu packen und zu schütteln, bis ihr die Augen wie Murmeln aus dem bleichen Schädel purzelten.
    »Wenn Sie glauben, Sie könnten mich aufhalten, dann haben Sie sich aber gehörig getäuscht!«, schrie ich. »Das hier ist nicht der einzige Haushalt in London.«
    Sehr langsam drehte sich Mrs Black um, die weißen Nasenflügel straff wie Segel.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Mädchen. Mein Wunsch, dich hierzubehalten, ist nicht größer als deiner, zu bleiben. Aber du wirst trotzdem bleiben. Mach meinetwegen deiner Mutter Vorwürfe, denn auf ihr Drängen bist du hier. Die Abmachung gilt, unwiderruflich. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als miteinander auszukommen.«
    »Ich glaube Ihnen nicht«, sagte ich trotzig und verschränkte meine zitternden Hände. »Meine Mutter würde niemals wollen, dass ich wie eine Gefangene gehalten werde.«
    »Mit diesem dummen Gerede vergeudest du nur meine Zeit. Du kannst nicht einfach gehen, wann es dir beliebt. Und damit Schluss. Solltest du so unvernünftig sein und es dennoch versuchen, so sei gewarnt: Wir werden dich finden. Nirgendwo in der Stadt gibt es ein Versteck für dich vor denen, die wollen, dass du hierbleibst. Außerdem, welcher Dienstherr würde dich in Stellung nehmen, wenn er von einem wohlmeinenden Mitbürger erführe, dass du zu Diebstahl und Hurerei neigst? Ich fürchte, Mrs Campling, du musst hierbleiben, auch wenn weder du noch ich davon sonderlich begeistert sind. Und damit aus dir etwas wird, behalte ich der Vereinbarung entsprechend deinen Lohn ein, bis deine Zeit hier um ist. Man kann nur hoffen, dass diese Maßnahme dir deine Frechheiten ein für alle Mal austreibt.«
    »Das dürfen Sie nicht! Nach Recht und Gesetz gehört das Geld mir!«
    »Das Gesetz wird sich mit Leuten deines Schlages kaum abgeben.« Sie trat auf mich zu und musterte mich geringschätzig. »Merk dir eines: Was du willst, hat nicht die mindeste Bedeutung. Du bist hier, weil andere es wünschen. Und du wirst so lange hierbleiben, bis sie es nicht mehr wünschen. Mehr ist dazu nicht zu sagen.«
    Als sie gegangen war, sank ich gegen die Wand und streckte die Arme von mir, als gehörten sie jemand anderem. Das Nagelbett der Finger schimmerte in der Düsternis gelblich weiß.
    Bis sie es nicht mehr wünschen.
    Sie. Wer war damit gemeint? Meine Mutter?
Auf ihr Drängen bist du hier.
Ich presste meine zitternden Finger an die Stirn, so fest ich konnte, und versank in dem Schmerz, der in meinen Schläfen pochte. Welchen Handel hatte meine Mutter abgeschlossen, dass ich hier gegen meinen Willen wie eine Gefangene gehalten wurde? Und mit wem? Sie hatte mich schon einmal verkauft und bewiesen, dass sie für Geld alles tat. Aber dies – das konnte ich mir nicht vorstellen. Sie hatte vom Vater des jungen Campling Geld angenommen, das schon, aber hatte sie denn nicht geglaubt, es geschähe zu meinem Besten? Vielleicht dachte sie ja, wenn man mich hierbehielte, dann nur zu meiner eigenen Sicherheit, weil ein Mädchen ohne Reputation keine Stellung finden und – auf die Straße geworfen – schnell zugrunde gehen würde. Sie konnte schließlich nicht wissen, dass die Nachfrage nach Dienstboten in London gewaltig gestiegen war. Und bestimmt hatte sie auch nicht die leiseste Ahnung, was das für eine Stadt war. Sie wusste nichts von der Bosheit, die dieses Haus durchdrang wie ein Sonnenstrahl eine Staubwolke. Wenn sie es wüsste, würde sie gewiss nicht wollen, dass ich gegen meinen Willen hier festgehalten wurde. Sie war doch meine Mutter.
    Oben fiel die Eingangstür ins Schloss. Angst schnürte mir die Kehle zu. Niemals würde ich von hier entkommen. Ich würde hier alt werden, würde gezwungen sein, mich demütig und widerspruchslos der Tyrannei von Mördern zu unterwerfen, bis die dunklen Schatten meine Lebensgeister auslöschten und mein Haar zu Staub zerfiele. Mein ganzes Leben lang würde ich die bittere Galle des Hasses schlucken müssen, bis ich innerlich davon zerfressen wäre.
    Dazu war ich nicht bereit.
     
    An jenem Nachmittag flirrte die Luft in der Küche vor Hitze, und der Boden schwitzte eine fettige Schmiere aus, die sich an meine Fußsohlen heftete. Mary ließ

Weitere Kostenlose Bücher