Der Apotheker: Roman (German Edition)
Äffchen ließ nämlich den Bogen fallen und sprang auf ein Seil, um den Gaukler bei den Ohren zu packen und sie so zu verknoten, dass seine emporgereckten Arme gefesselt waren.
Die Zuschauer schütteten sich aus vor Lachen, und Mary zitterte aufgeregt am ganzen Körper, während sie sich bei mir unterhakte. Mein Zorn verwandelte sich in eine Art wütende Zärtlichkeit. Zumindest drängte sie nicht, nach Hause zu gehen.
Widerstrebend ließ auch ich mich von dem Treiben auf der Bühne gefangen nehmen. Der Gaukler lief jetzt im Kreis, die Arme noch immer über dem Kopf, und flehte das Publikum in Paarreimen von zunehmender Derbheit an, ihm zu helfen. Die Zuschauer johlten und stampften mit den Füßen, rührten aber keinen Finger. Das Äffchen wiederum, das mit seiner Selbstverständlichkeit, jeden Gegenstand in Reichweite als Waffe zu benutzen, einem Hanswurst in nichts nachstand, prügelte unablässig auf den Gaukler ein und jagte ihn schließlich von der Bühne. Ein Schrei und ein Aufprall, dann war es still. Das kleine Wesen strich sich Umhang und Backenbart glatt, steckte sich den Fiedelbogen hinters Ohr, nahm den federgeschmückten Hut vom Kopf und vollführte eine tiefe Verbeugung. Mary quiekste und klatschte, sie schlug die Hände zusammen wie zwei Fische. Ich dagegen pfiff durch die Finger.
Noch während das Publikum applaudierte, erklomm ein extravagant gekleideter Gentleman die Bühne. Unter einem Cape, das am Hals von einer Kette aus großen goldenen Gliedern zusammengehalten wurde, trug er einen Spitzenkragen und eine Kniebundhose, die mit glänzenden Knöpfen und Seidenquasten verziert war. Seinen Kopf schmückte ein ausladender Hut, und an seinem Gürtel mit juwelenbesetzter Schnalle baumelte ein Degen, dessen Knauf die Gestalt eines exotischen Vogelkopfes hatte. Mit der gebieterischen Pose eines Admirals am Bug seines Schiffes trat er an den Bühnenrand und blickte auf sein Publikum hinunter, die Arme weit ausgebreitet. Hinter ihm kletterte das Äffchen auf das Seil und holte mehrere Blätter Papier hervor, die meisten mit Siegeln versehen.
»Lords, Ladys und Gentlemen«, hob der feine Herr unter seinem gezwirbelten Schnurrbart an. »Ich, Aengus O’Reilly, Leibarzt des Großherzogs der Toskana, präsentiere mich Ihnen hiermit als Ihren ergebenen und treuen Diener.«
Aus dem Publikum erhob sich Gemurmel. Mehrere Zuschauer, zumeist Fischhändler, die sich ihrer Pflichten auf dem nahe gelegenen Markt besannen, machten sich davon.
»Meine liebreizenden Damen«, rief O’Reilly, »schenken Sie meinem Elixier Vitae Beachtung! Schon nach dreimaliger Einnahme bringt Ihnen dieses unvergleichliche Präparat die verlorene Blüte der Mädchenjahre zurück und gibt dem Schoß seine Fruchtbarkeit wieder. Außerdem lässt es wie durch ein Wunder wackelige Zähne wieder fest werden. All das wird belegt durch dieses Zertifikat, ausgestellt von der Zarin von Moskau höchstpersönlich, die die unübertroffene Wirkung des Präparats bestätigt.«
Der Quacksalber schwenkte die Arme in Richtung der Blätter, die das Äffchen in die Höhe hielt. Die Fischweiber murmelten und machten spöttische Bemerkungen, blieben aber mit zusammengekniffenen Augen stehen.
»Meine Herren, bitte schenken auch Sie mir Ihre Aufmerksamkeit. Denn für Sie habe ich ebenfalls ein unübertreffliches Heilmittel von außergewöhnlicher Kraft, gebraut aus nicht weniger als sechzig Ingredienzien und so stark, dass es schon nach einer einzigen Einnahme sämtliche Gebrechen heilt, und hätte sie der Teufel selbst geschickt. Sollte jemand unter Ihnen schon einmal in einem ausländischen Hafen vor Anker gegangen sein und fürchten, sich dort etwas geholt zu haben, dann kommen Sie zu mir. Und, meine Damen, aufgemerkt! Denn dieses Mittel richtet die erschlafften Geister jedes Ehemanns wieder auf und erquickt ihn wie eine Rose, die sich am Sommertau labt.«
Bei diesen Worten zwinkerte der Quacksalber heftig, wofür er Gelächter und aufgeregtes Gemurmel erntete. Er wusste genau, wie man Menschen in Bann zog.
»Meine Damen und Herren«, fuhr er fort, und Tränen schienen ihm in den Augen zu stehen. »Diese beiden Fläschchen enthalten Wirkstoffe von solcher Kraft, dass sie, gemeinsam eingenommen, selbst einen Toten zum Leben wiedererwecken würden – wenn dies nicht ein Wunder wäre, das Gott allein wirken kann. Ihr wahrer Wert beträgt zwei Guineen, doch ich erstrebe den Lohn dafür nicht in diesem, sondern erst im anderen Leben und überlasse sie
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