Der Archipel in Flammen
Gastfreund des Jason und der Medea und aus dem trojanischen Kriege durch die Landung des Ulysses; im Mittelalter im wechselseitigen Besitze von Franken, Bulgaren, Sarazenen und Neapolitanern, im 16. Jahrhundert durch den algerischen Seeräuber Barbarossa, im 18. verteidigt durch den Grafen von Schulenburg, gegen Ausgang des ersten Kaiserreichs durch General Donzelot, und von da ab Sitz eines britischen Oberkommissariats.
Zur Zeit unserer Erzählung unterstand dies letztere dem Befehle Sir Frederick Adams, Gouverneurs der Ionischen Inseln. Angesichts der Möglichkeiten, die durch den Krieg der Griechen gegen die Türken entstehen konnten, standen ihm unausgesetzt mehrere Fregatten zum Zwecke polizeilicher Überwachung dieser Gewässer zur Disposition. Dazu waren tatsächlich andere als Fahrzeuge solcher Ordnung nicht zu verwenden, denn den griechischen Archipel machten nicht bloß Griechen und Türken und Träger von Kaperbriefen, sondern vorzugsweise Seeräuber zu jener Zeit unsicher, die keine Nationalität verschonten, sondern jedes Schiff enterten und plünderten, dessen sie habhaft werden konnten.
Es kamen damals in Korfu Fremde aller Art zusammen, vorzugsweise solche, die während der letzten 3–4 Jahre durch die verschiedenen Phasen des Unabhängigkeitskriegs nach Griechenland gezogen worden waren. Von Korfu schifften sich die einen nach dem Kriegsschauplatz ein, während die anderen sich in Korfu aufhielten, um sich von den grenzenlosen Strapazen, die der Krieg auferlegte, eine Zeitlang zu erholen.
Unter diesen letzteren haben wir eines jungen Franzosen zu gedenken, der, von leidenschaftlicher Begeisterung für die edle Sache erfüllt, seit fünf Jahren tätigen und ruhmvollen Anteil an den wichtigsten Ereignissen genommen hat, deren Schauplatz die hellenische Halbinsel war.
Henry d'Albaret, Schiffsleutnant der damals königlichen Marine von Frankreich, und zwar einer der jüngsten im Range, auf unbeschränkte Zeit beurlaubt, 29 Jahre alt, von mittlerer Größe und kräftiger Natur, war seit Anfang des Krieges unter die Flagge der französischen Philhellenen getreten und erfreute sich zufolge seiner vornehmen und männlich-schönen Erscheinung und angenehmen Umgangsformen, seines freien, offenen Wesens und seiner guten, weitreichenden Beziehungen einer ziemlich allgemeinen Beliebtheit.
Henry d'Albaret stammte aus einer reichen Pariser Familie. Seine Mutter hatte er kaum gekannt. Sein Vater war zu der Zeit ungefähr gestorben, als der Sohn mündig wurde, also im zweiten oder dritten Jahre nach dessen Absolvierung der Seemannsschule. Hierdurch in den Besitz eines ziemlich bedeutenden Vermögens gelangt, hatte er trotzdem den Seemannsberuf nicht aufgegeben, sondern war vielmehr als einer der ersten mit nach Griechenland geeilt, um seine seemännischen Kenntnisse in den Dienst dieses um seine Freiheit ringenden unglücklichen Landes zu stellen. Unter Maurocordato hatte er 1822 bei Arta, dann vor Missolunghi, 1823 unter Marco Botsaris, 1824 in den siegreichen Seegefechten gegen Mehemet-Ali, 1824 unter dem Obersten Fabvier bei Tripolitsa, 1826 im Juli bei Chaidari gekämpft. In dieser furchtbaren Schlacht, die den Philhellenen unersetzliche Verluste schlug, hatte er Andronika Starkos das Leben gerettet. Bald darauf war er wieder zu seinem Kommandanten, dem Oberst Fabvier, gestoßen, um neben ihm bei Methenä zu kämpfen.
Mit 1500 Mann verteidigte zur Zeit Kommandant Guras die Akropolis von Athen. In diese Feste hatten sich 500 Weiber und Kinder gerettet, denen durch die Türken bei der Eroberung der Stadt die Flucht abgeschnitten worden war. Guras hatte Proviant für ein Jahr, verfügte über Material von vierzehn Kanonen und drei Haubitzen, hatte aber keine Munition mehr. Oberst Fabvier faßte nun den Entschluß, die Akropolis mit Munition zu versorgen. Er rief Freiwillige auf zu diesem Wagestück: 530 Mann entsprachen seinem Rufe, darunter 40 Philhellenen und an der Spitze derselben Henry d'Albaret. Jeder dieser verwegenen Parteigänger schiffte sich mit einem Sack Pulver unter Fabviers Befehl zu Methenä ein.
Am 13. Dezember landet dies kleine Korps fast direkt am Fuße der Akropolis. Ein Mondstrahl trifft und verrät sie. Die Türken begrüßen sie mit Gewehrsalven. Fabvier kommandiert: "Vorwärts!" Alle Mann klettern mit ihren Pulversäcken, die aller Augenblicke explodieren und sie in Stücke reißen können, den Graben hinauf und dringen durch die offnen Tore in die Feste. Siegreich schlagen die
Weitere Kostenlose Bücher