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Der Arzt von Stalingrad

Der Arzt von Stalingrad

Titel: Der Arzt von Stalingrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Drohungen.
    Der Oberarzt trat einen Schritt auf Dr. Kresin zu. Er musterte den Bullen und versuchte, so höflich zu sein, wie es ihm nur möglich war.
    »Bitte, bleiben Sie«, sagte er mit einer kleinen Verbeugung. »Entlassungen kann nur der Oberste Sowjetarzt aussprechen! Wir haben keine Weisung erhalten …«
    Dr. Kresin lachte dröhnend. Sein Lachen tönte durch die Stille des Flures. Pawlowitsch verstummte und drückte sich an die Wand.
    »Genosse Oberarzt«, sagte Kresin gemütlich. »Wenn du ein Köpfchen hast und du legst Wert darauf, dieses Köpfchen oben zu behalten, auf dem Halswirbel, mein Brüderchen, dann laß uns ziehen. Frage einmal bei dem General nach – er wird dich ohrfeigen, weil du überhaupt fragst. Oder soll ich nach Moskau melden, daß der Oberarzt von Stalingrad es wagte, einen Mann festzuhalten, der schon eine Transportnummer für eine Fahrt nach Deutschland hat? Soll ich das, Brüderchen? Man wird dir dann in den Hintern treten und dich in die Sümpfe schicken. Und ihn, deinen Professor, werden sie so lange auf den hohlen Kopf klopfen, bis er sich einbildet, er sei ein Amboß. Sei friedlich, Genosse, und gib den Weg frei! Tust du es nicht – Brüderchen, verzeih, aber dann haue ich dir in die Fresse … Es wird mir keiner verbieten und keiner übelnehmen!«
    Dr. Kresin ging einfach weiter, auf den Oberarzt zu … der wich zurück, gab den Weg frei … die Kette der weißen Kittel teilte sich … ungehindert gingen Worotilow und Sellnow hindurch und erreichten den Ausgang. Nur Dr. Kresin blieb zurück und gab dem verblüfften Oberarzt die Hand.
    »Du bist ein kluger Junge«, sagte er gemütlich. »Du hast einen guten Kopf und ein noch gütigeres Herz. Du wirst einmal ein guter Arzt sein. Denk an mich, Brüderchen …«
    Zufrieden eilte er den anderen nach und verließ die Klinik. Das hysterische Geschrei des asiatischen Alten gellte ihm nach, als er das große Tor hinter sich schloß.
    Vor dem riesigen Haus lag der Schnee.
    Die Sonne blendete. Schlitten huschten über die weiße Fläche. Ihre Glocken läuteten zart durch die kalte Luft. Bauern aus den Kolchosen an der Wolga stapften durch den Schnee und hatten in den verschnürten Bündeln ihre Einkäufe. Sie trugen sie an langen Stecken über dem Rücken. Ihre Pelzmützen waren tief ins Gesicht gezogen.
    Auf der Spitze des Turmes leuchtete golden der Sowjetstern. Würdevoll blickten die Gipsstandbilder von Lenin und Stalin über den weiten Platz.
    »Als ob nie Krieg gewesen wäre«, sagte Sellnow nachdenklich.
    Worotilow nickte. »Wir wollen ihn auch vergessen.« Mit einer müden Bewegung schob er die Pelzmütze ins Gesicht. »Aber ob sie es in Moskau wollen … Ich glaube, wir alle unterschätzen die Menschen …«
    Die Begrüßung der deutschen Ärzte war kurz. Man macht nicht viel Worte unter Männern, die jahrelang füreinander da waren und einer den anderen stützte. Dr. Böhler reichte Sellnow beide Hände und drückte sie herzhaft.
    »Ich freue mich ja so, Werner«, sagte er. Seine Stimme war nicht ganz fest.
    Er sah den Freund lange an. Sellnows Haare waren noch nicht wieder nachgewachsen, deutlich sah man, wo die Schädeldecke gemeißelt worden war.
    »Ich danke dir, Fritz«, sagte Sellnow leise. »Für alles danke ich dir. Ich will verdammt sein, wenn ich dir das jemals vergesse. Und ich freue mich, daß wir jetzt auch zusammen nach Hause kommen …«
    »Das ist schön, Werner.« Dr. Böhler sah kurz zu Worotilow hin. Der Major schüttelte den Kopf. Sellnow wußte also nichts, und es war gut, ihn vorerst in dem Glauben zu lassen, daß sie zusammen fahren würden. Auch Dr. Schultheiß, der mit leuchtenden Augen dabeistand, verstand den kurzen Blickwechsel und sah verlegen zu Boden.
    »Ich fühle mich ganz wohl, Fritz«, sagte Sellnow. »Und fluchen kann ich auch schon wieder. Nur die Delle im Kopf …« Er lachte etwas gequält. »Ich verliere langsam meine männliche Schönheit …«
    Dr. Böhler klopfte ihm auf die Schulter. »In Deutschland machen wir dir eine Plastik, daß du aussiehst, als kämst du direkt vom Olymp …«
    Dann war Sellnow zum Zimmer der Kasalinsskaja gegangen und saß nun an ihrem Bett, streichelte ihr das Gesicht, die Schultern und die Brust und dachte dabei an die vier Karten, die ihm seine Frau geschrieben hatte, und an die Pakete, die er bei Worotilow auspackte und die die endgültige Rettung für ihn bedeuteten.
    Durch den zeitlichen Abstand seit der letzten Begegnung mit Alexandra, die Operation und

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