Der Atem der Angst (German Edition)
Ich habe gehört, du warst auch schon mal verheiratet und hast einen kleinen Sohn.«
» Na ja.« Heidi räusperte sich. Mit einem Mal war ihr die Situation ungeheuer peinlich, obwohl sie drauf und dran war, einen Verdächtigen zum Verhör ins Präsidium zu bitten. Hatte sie es sich am Ende nur eingebildet, dass er sich an sie herangemacht hatte? War sie schon so tief gesunken, dass sie es sich eigentlich wünschte, von einem schleimigen Reporter angebaggert zu werden? Oder war das nur Roberts Tour, an gute Bilder und Informationen für seine News-Sendung zu kommen? Oder: Hatte er etwa tatsächlich mit ihr sprechen wollen? Über das, was er wusste? » Also?« Sie tat ungeduldig. » Können wir jetzt sprechen?«
» Sekunde. Ich hole nur meine Jacke.« Robert verschwand wieder im Haus und kam kurz darauf mit seiner Wetterjacke und klobigen Bergstiefeln an den Füßen zurück. » Ich wäre dann soweit.«
» Na wunderbar!«
Er ging voran über die dunkle Straße, auf der Heidi ein paar Tage zuvor ihren kleinen Sohn spät in der Nacht aufgelesen hatte. Diese Nacht schien ihr so unendlich lange zurückzuliegen. Seitdem war ununterbrochen etwas passiert. Und eigentlich auch wieder gar nichts. Eric hatte bei ihr übernachtet. Nichts war passiert. Jetzt übernachtete Winnie bei ihm. Stattdessen lagen zwei Waisenkinder in ihrem Wohnzimmer auf dem Sofa, auf dem gerade noch Eric geschlafen hatte.
Heidi folgte Robert zu seinem Geländewagen, gab Henner ein Handzeichen, damit er blieb, wo er war, und stieg auf der Beifahrerseite ein. Sie war nicht sicher, ob das klug war, was sie hier tat. Sie tastete nach ihrer Waffe, die seitlich am Halfter hing, und öffnete den Druckknopf des Lederriemens. Dann zog sie die Wagentür heran.
» Okay. Was kann ich für dich tun?« Robert blickte Heidi abwartend an. Seine aufdringliche Art hatte er vollkommen abgelegt. Stattdessen wirkte er ruhig und beinahe befreit.
Sie blickte starr geradeaus, aus der Windschutzscheibe, hinüber zu den Laternen, die den Eingang zur Unterführung beleuchteten. Dann in den Rückspiegel zu Henner, der am Wagen lehnte. Seine Elektrozigarette glomm auf. » Ich sage es rund heraus: Ich verdächtige Sie, in irgendeiner Form in die jüngsten Mordfälle verwickelt zu sein.«
» Ich?« Robert lachte laut auf. » Na, das ist ja heiter!«
» Tatsächlich?« Heidi blickte ihn unwillig an. Was gab’s denn da zu lachen? Plötzlich fühlte sie wieder diese brodelnde Wut in sich, die sie immer spürte, sobald jemand versuchte, ihr etwas vorzumachen. Dafür hatte sie ganz feine Sensoren ausgebildet. » Ich finde das, ehrlich gesagt, nicht so witzig. Zumindest nicht für Sie.«
» So?« Robert runzelte die Stirn. Mit einem Mal klang seine Stimme scharf und kalt. » Was wirft man mir denn vor?«
» Sie waren schneller als die Polizei vor Ort, wenn es in den letzten Tagen einen Tatort zu besichtigen gab.«
» Gilt das jetzt schon als Verbrechen? Das ist mein Job. Und ich habe einen gewissen Anspruch, was die Qualität meiner Arbeit anbelangt. Ich bin eben gut informiert.«
» Fragt sich nur, wie das sein kann?«
Robert zog die Luft durch die Nasenlöcher ein. » Das ist Dienstgeheimnis.«
» Ach ja? Überall stapfen Sie an den Tatorten herum, wie ein Täter, der zu seinem Opfer zurückkehrt.«
» Hey, hey, hey!« Robert hob abwehrend die Hände. » Nun mal langsam. Ganz langsam. Ich sehe das hier als ein Gespräch unter zwei Ermittlern. Dass das mal klar ist. Solltest du das anders sehen, werde ich gar nichts mehr sagen. Verstanden? Ich habe in der letzten Zeit mehrfach versucht, mit dir ungezwungen ins Gespräch zu kommen. Wenn du das als Anmache verstanden hast, dein Problem. Ich wollte lediglich…«
Heidi verschränkte die Arme vor der Brust und verengte ihre Augen zu schmalen Schlitzen. » Jetzt bin ich aber gespannt?«
» Ich wollte dir lediglich einen Hinweis geben, dass ich womöglich etwas weiß. Allerdings kam es mir zu riskant vor, ins Präsidium hineinzuspazieren. Alles klar?«
» Und woher sollte ich das wissen?«
Robert rieb sich über die Augen. » Vergiss es. Vergiss es einfach. Ihr Polizisten seid manchmal derart betriebsblind. Ihr seht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber nichtsdestotrotz bist du ja nun hier. Das bedeutet, du hast herausgefunden, dass ich damals oben beim Baden mit dabei war. Und dass ich auch mit dabei war, als Birgit erschossen wurde, deren Überreste ja inzwischen auf dem Parkplatz des 24-Stunden-Supermarkts gefunden
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