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Der Atem der Angst (German Edition)

Der Atem der Angst (German Edition)

Titel: Der Atem der Angst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig von Lange
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dem er hatte alt werden wollen. Oder so.
    Louis nahm die Hand wieder von ihrer Schulter und fuhr fort. » Weißt du, die letzten Tage waren so heftig, alles ging Schlag auf Schlag, dass ich mich irgendwie an nichts mehr richtig erinnern kann. Alles liegt wie hinter einem dichten Nebelschleier verborgen.«
    Maya entrollte sich wieder. Sie flüsterte: » Ja. Man ist so voll, dass man nicht mal mehr weiß, wie man heißt.«
    » So ungefähr.« Louis wandte Maya sein Gesicht zu. Jetzt spürte sie sein Herz schlagen. Heftig. Aufgeregt. Bambam. Bambam. Seine Augen glitzerten. Seine Lippen waren ganz nah an ihrem Ohr, als er weitersprach. » Es ist seltsam: Wenn ich versuche, mir Michelles Gesicht zu vergegenwärtigen, lächelt sie.«
    Maya schloss die Augen. Es war so friedlich. So still um sie herum. Plötzlich spürte sie, wie Louis den Arm wieder unter seinem Kopf hervorzog und um sie legte. Sanft und beschützend. Seine Stimme klang rau, als er fortfuhr. » Ich weiß nicht, wie ich Michelle sehe, wenn herauskommen sollte, dass ihr Vater an all dem Schuld ist. Dass er Birgit erschossen hat, dass der kleine Sohn vom Sägewerker sich aus Furcht vor ihm das Leben genommen hat, dass wegen ihm meine Schwester und mein Vater sterben mussten…«
    Maya schlug die Augen wieder auf. » Du meinst, dann kannst du sie nicht mehr lieben?«
    » Ja, vielleicht. Obwohl sie eigentlich mit all dem nichts zu tun hat. Sie hatte ja gar keine Ahnung. Und doch würde es mir schwer fallen, sie als unschuldig in Erinnerung zu behalten.«
    » Ich glaube, du kannst ganz beruhigt sein«, flüsterte Maya. » Es war bestimmt dieser Robert. Das wäre die logischste Erklärung.«
    » Jepp.« Louis stieß die Luft aus. » Und ich weiß nicht, ob mir das lieber wäre. Ich habe Angst vor der Trauer und dass ich immer wieder einen geliebten Menschen verlieren we rd e.«
    » Vielleicht…« Maya strich sacht über Louis’ Hand, die auf ihrer Schulter lag. » Vielleicht hört es irgendwann auf, dass man immer wieder einen geliebten Menschen verliert. Ich habe diese Hoffnung jedenfalls noch nicht aufgegeben.«
    Louis drehte seinen Kopf zu Maya, sodass sie sich im hellen Mondlicht, das durch die Terrassentür drang und sich wie eine leuchtende Decke über das Sofa legte, anschauten. Er lächelte. Dann küsste er Maya auf die Stirn und ließ seine Lippen dort liegen. » Ja, vielleicht hört das irgendwann mal auf.«

68 . HEIDI
    » Mach schon auf!« Heidi klopfte ungeduldig an Roberts Haustür, dann drückte sie zum dritten Mal auf den Klingelknopf. » Verdammt noch mal!«
    Ihr war kalt. Sie wollte sich diesen Typen zur Brust nehmen. Hinter ihr im Wagen saß Henner, der, vermutlich zu recht, nicht besonders überzeugt von ihrem impulsiven Vorgehen war.
    Endlich ging im ersten Stockwerk des Fachwerkhauses das Licht an. Heidi sah durch die gelben Glasscheiben in der Tür, wie jemand von oben die Treppe heruntergelaufen kam. Auf der anderen Seite wurde der Schlüssel im Schloss herumgedreht und die Tür einen Spalt breit geöffnet. Robert stand dahinter. In weißem T-Shirt und gestreifter Pyjamahose. Gefährlich sah er nicht gerade aus. Eher überrascht.
    » Heidi!« Er zog die Tür etwas weiter auf und schlüpfte nach draußen. Dann zog er die Tür wieder hinter sich ran. Bibbernd trat er von einem Bein aufs andere. » Was gibt’s? Willst du mir ein Interview geben? Um diese Uhrzeit?«
    » Können wir irgendwo in Ruhe reden?« Heidi verzog keine Miene. Dieser Typ hatte Nerven. Langsam konnte er mal seine Tarnung aufgeben und offen aussprechen, was er wus st e. Oder war er ein brillanter Schauspieler, der sich gerne harmlos gab und ein eiskalter Mörder war? Hinter Heidi stieg Henner aus dem Wagen. Hatte sie ihm nicht gesagt, dass er drinnen sitzen bleiben sollte, um Robert nicht nervös zu machen? Fehlte bloß noch, dass die Streifenwagen, die in sicherer Entfernung geparkt hatten, ihr Blaulicht anwarfen.
    Robert umklammerte sich mit seinen eigenen Armen. » Mist, ist das kalt hier draußen. Wollen wir uns in mein Auto setzen?«
    » Können wir nicht zu Ihnen reingehen? Im Auto wird’s nicht viel wärmer sein.«
    » Kann schon sein.« Robert rieb sich mit den Händen über die nackten Oberarme. » Aber meine Frau und mein Baby schlafen da oben und ich möchte sie nur ungern aufwecken. Du weißt ja, wie das mit Babys ist. Sind sie erst mal wach…«
    » Sie sind verheiratet und haben ein Kind?«
    Robert lächelte. » Ist das so ungewöhnlich für mein Alter?

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