Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Bank.«
»Warum fragen Sie nicht einfach am Telefon? Ich habe sicher alle nötigen Informationen hier, und wie Sie sich denken können, habe ich eine lange Nacht hinter mir.« Welches Spiel spielte Mr Dublin? Ging er jetzt zum Angriff über? Wollte er den Inneren Zirkel übernehmen? Mr Bright hatte nicht vor, sich in die Höhle des Löwen zu begeben.
»Ich fürchte, wir brauchen Sie hier. Gewisse Dinge sollte man lieber persönlich besprechen, finden Sie nicht?« Mr Dublins Stimme blieb kühl und Mr Bright sah ihn förmlich in seinem Leinenanzug vor sich, den er trotz der Kälte trug, als trüge er die Wärme ihrer Heimat in sich.
»Ich glaube nicht …«, sagte Mr Bright, doch dann fiel sein Blick auf ein Lämpchen über dem Aufzug, das rot blinkte. Jemand kam hoch. Jemand, der keine Erlaubnis hatte. Seine Weigerung blieb ihm im Hals stecken.
»Selbstverständlich«, sagte er zuvorkommend. »Dann wollen wir unser Missverständnis gleich klären, nicht wahr? Danach können wir dann endlich wieder alle das tun, was wir am besten können.«
Das Telefonat wurde ohne einen Abschiedsgruß beendet. Mr Bright lächelte ein wenig, als er seinen langen Wollmantel von der Garderobe nahm und anzog. Man könnte meinen, dass Mr Dublin diese Runde gewonnen hatte – doch was war schon eine Runde verglichen mit dem ganzen Spiel?
Als die Aufzugtüren aufglitten, ging er direkt hinein. Mr Escobar wirkte überrascht, aber was hatte er denn erwartet? Doch nicht etwa, dass Mr Bright weglief? Mr Escobar war ein guter Kämpfer, doch Denken war nicht seine Stärke. Er war ein blasser Abklatsch des armen Mr Bellew.
»Kann es losgehen?«, fragte Mr Bright freundlich und ließ den Aufzug abwärts fahren. Er lächelte den Mann neben Mr Escobar an. Obwohl er seinen Namen nicht kannte, vermutete er aufgrund seiner Nervosität, dass er eher zum Zweiten als zum Ersten Zirkel gehörte; das war alles eine Nummer zu groß für ihn. Als Mr Bright ihn anlächelte, zuckte sein Mund zu einem unbeholfenen Lächeln und er wurde ein wenig rot. Das hatten Mr Dublin und sein neuer Beirat vergessen: Er war immer noch der Architekt. In den unteren Zirkeln begegnete man ihm mit Ehrerbietung – selbst so einer wie der hier, der seinen Untergang beschleunigen sollte.
Nein, dachte er, als er selbstbewusst zwischen den beiden Wächtern zu dem Auto ging, das im Untergeschoss des Gebäudes wartete: Das Spiel war noch lange nicht aus.
Sie hatten zunächst an einem Supermarkt angehalten, der rund um die Uhr geöffnet hatte, und Anziehsachen für Luke gekauft. Er hatte sich auf dem Rücksitz des Range Rover leise umgezogen und war dann direkt wieder eingeschlafen. Als bereits der Morgen dämmerte, hatten sie noch einen Zwischenstopp an einer Autobahnraststätte eingelegt. Cass weckte Luke und sah zu, wie er ein großes gebratenes Frühstück und mehrere Toastscheiben verschlang. Er sagte nicht viel und ließ mehrfach den Blick erschrocken auf Osborne und Wharton ruhen, doch im Großen und Ganzen schien es ihm recht gut zu gehen. Cass war froh, dass er so viel aß. Falls er krank war, minderte das immerhin nicht seinen Appetit.
Nachdem er halbherzig auf einer Scheibe Toast herumgekaut hatte, ließ Cass den Jungen in Whartons Obhut und ging mit Osborne eine rauchen. Sie standen vor dem einzigen Eingang zu dem kleinen Café, von wo aus sie auch den Parkplatz im Blick behalten konnten. Durch die Fensterscheibe konnten sie Luke und Wharton sehen.
Die beiden Männer rauchten eine Weile schweigend und schnieften nur hin und wieder in der eisigen Kälte.
»Er kommt erstaunlich gut klar, oder?«, fragte Osborne schließlich.
»Ja.« Cass warf ihm einen Blick zu. »Vielleicht hat er es noch nicht ganz kapiert.«
»Wahrscheinlich haben Sie recht.« Osborne blickte an Cass vorbei durch das Fenster auf den Jungen, der ein großes Glas Milch trank. »Ich hätte nur gedacht, dass er mehr Fragen stellen würde.«
Er sah nachdenklich aus, was Cass plötzlich in die Defensive drängte.
»Er ist einfach müde. Ich habe ihn doch erst vor ein paar Stunden aus dem Bett gezerrt. Das holt er bald wieder auf.«
Sie rauchten weiter, ohne noch etwas zu sagen, doch Cass beobachtete, wie Osborne immer wieder zu Luke blickte.
»Ich meine ja nur, dass er es da drin anscheinend richtig scheiße fand.« Osborne ignorierte den Außenaschenbecher und warf die Kippe auf den Boden. »Die meisten Kids würden sich in die Hose machen, wenn ein Fremder plötzlich auftaucht und sie von
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