Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Gesicht.
»Verurteile ihn nicht zu sehr, Cass«, sagte Pater Michael. »Er hat getan, was er musste, um dich und Christian zu schützen. Mehr
konnte
er nicht tun.«
Ohne etwas dazu zu erwidern, tätschelte Cass den Arm des Priesters und sagte: »Ich gehe jetzt lieber. Osborne und Wharton bleiben bei Ihnen. Sie werden Sie nicht stören.«
»Je mehr Leute wir sind, desto lustiger. Dann bin ich in netter Gesellschaft.«
An der Tür zog der Priester Cass plötzlich in eine feste Umarmung. Überrumpelt umarmte Cass ihn ebenfalls. Er war dünn unter seinem Pullover, aber dann überlegte Cass, wie verändert Pater Michael ihn selbst finden musste. Er war nicht blind. Das letzte Jahr war an seiner äußeren Erscheinung nicht spurlos vorbeigegangen.
»Du kommst zurück, Cass«, sagte Pater Michael. »Von allen Möglichkeiten, wie diese sonderbare Sache ausgehen könnte, glaube ich fest an diese.«
Einen Augenblick lang wünschte Cass, er hätte wirklich mit Luke das Land verlassen. Der zerbrechliche alte Mann hatte es nicht verdient, auf einmal in solcher Gefahr zu schweben.
»Es ist gut, Cass.« Pater Michael lächelte. »Das hier ist gut. Und jetzt geh und tu, was getan werden muss. Pass auf dich auf.«
Cass nickte. Er glaubte nicht an den Gott des Priesters, denselben Gott, dem sich auch sein Vater anvertraut hatte, und er würde es nie tun, doch beneidete er sie um den Frieden, den der Glaube ihnen beschert hatte. Pater Michael ergab sich mit einer inneren Ruhe in sein Schicksal, die auch jetzt trotz des unvermuteten Durcheinanders in seinem Haus zu spüren war. Cass’ Zorn ging ihm völlig ab. Und doch, dachte Cass, als er die Tür schloss und wieder einmal allein war, war es eben diese Wut, die ihn immer weiter antrieb.
Der Range Rover war noch warm, das Dorf ruhig. Als er hindurchfuhr, gingen gerade die ersten Lichter an. Wie gut die kleinen Leute es doch hatten! Menschen, die nichts von Der Bank, dem
Leuchten
und Mr Bright wussten. Hier hatten seine Eltern Zuflucht vor alldem gesucht, doch leider hatten sie nie wieder ihre Ruhe gehabt.
Die Jungs sehen das Leuchten!
Die Handschrift seiner Mutter hatte sich ihm eingebrannt und er fuhr langsamer, als er an seinem abgeschlossenen Elternhaus vorbeikam. Die dunklen Fenster starrten missmutig zurück, ohne etwas zu verraten, nicht einmal, dass die Polizei das Haus durchsucht hatte, nachdem er angeschossen worden war. Cass fuhr weiter und drehte sich nicht noch mal um. Jegliches Gefühl für dieses Haus war in ihm abgestorben, erst als er von dem Handel erfahren hatte, den sein Vater mit Mr Bright abgeschlossen hatte, und dann nachdem Armstrong und seine Kollegen darin herumgetrampelt waren und alles auf den Kopf gestellt hatten.
Sein Elternhaus war auf Lügen aufgebaut und der Glaube seines Vaters war nur eine Flucht gewesen, eine Krücke, damit er mit seinen Entscheidungen leben konnte. Die ganze Zeit hatte Cass Schuldgefühle gehabt, weil er geglaubt hatte, nicht gut genug zu sein. Und dann stellte sich heraus, dass er sich nicht hätte wundern müssen: Wie der Vater, so der erstgeborene Sohn. Wenigstens war er nicht auch noch vor seinen Entscheidungen davongelaufen.
Er ließ das verschlafene Dorf hinter sich und fuhr in die Stadt zurück. Er war lange genug auf der Flucht gewesen. Höchste Zeit, dass etwas passierte. Seine Augen brannten, die Hitze strömte durch seinen Körper und gab ihm neue Energie.
Es gibt das Leuchten
, dachte er in Verstümmelung seines ehemaligen Mantras,
und ich habe vor, es zu nutzen.
Er ließ das Radio aus und genoss die Stille beim Fahren.
Mr Dublin wartete in einem großen Konferenzsaal im Krankentrakt des Senate House. Vom Aufzug aus mussten sie nur durch eine Tür und eine kurze Treppe hinaufgehen. Mr Bright war nun doch etwas überrascht. Er hatte noch nicht einmal gewusst, dass dieser Raum existierte. Mr Dublin hatte sich ganz offenbar umgesehen statt andere zu beaufsichtigen. Der Saal war ruhig und weit weg von den unseligen Schreien der Obdachlosen, die jetzt dem Experiment unterzogen wurden. Doch wenn er die Versammlung betrachtete, die sich hier eingefunden hatte, war Mr Dublin durchaus sehr rege gewesen. An den Wänden saßen außer dem frisch aufgestiegenen Mr Escobar fünfzehn weitere Mitglieder des Ersten Zirkels.
Mr Bright blieb auf der Schwelle stehen und lächelte ein wenig, als er ihnen in die Augen sah. Links und rechts von Mr Dublin, der am Kopf des mittleren Tisches stand, präsentierten sich Mr Dakin und Mr
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