Der Atem der Apokalypse (German Edition)
für sie arbeite, wissen Sie? Man hat mir viel Geld geboten. Natürlich habe ich abgelehnt – zwei Mal sogar. Doch dann musste ich mir eine neue Identität zulegen und ein gutes Jahr lang untertauchen, weil sie einigen Regierungen, die mir nicht freundlich gesonnen waren, Tipps gegeben hatten. Mir wurde mitgeteilt, dass ich eine weiße Weste bekäme und von den Fahndungslisten – von allen – gestrichen würde, wenn ich den Job annähme!« Er sprach leise und nachdenklich. »Das nennt man Macht, was? Damals habe ich ihnen nicht ganz geglaubt, aber wenn ich das hier höre … Der Punkt ist, dass sie mich drinnen haben wollten, und nicht draußen. Also, wenn jemand in ihr System einbrechen kann, dann wahrscheinlich ich.« Er sah wieder Freeman an. »Sie haben einen Maulwurf dort?«
Der alte Mann nickte.
»Jemanden, der seinen Laptop mit nach Hause nehmen kann, ohne Aufsehen zu erregen? Mit Remote-Access?«
»Ja. Sie arbeitet nachts an einem internationalen Projekt und nimmt den Laptop jeden Tag mit nach Hause.«
»Gut. Dann kann ich mich in den Systemen Der Bank umsehen und ein Gefühl dafür entwickeln. Währenddessen werde ich möglichst viel über den besagten Mann herausfinden. Systeme lassen Rückschlüsse auf ihre Betreiber zu. Je mehr ich über ihn weiß, umso besser verstehe ich, wie ich seine Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen kann.«
»Kein Problem«, sagte Cass. »Ich erzähle Ihnen, was ich weiß.«
Der Hacker lächelte. »Okay, Gentlemen, ich bin dabei.«
»Dann sorge ich dafür, dass Sie morgen um zwölf abgeholt werden«, sagte Freeman.
»Morgen geht’s los.«
Die drei Männer grinsten. Dann klatschte Freeman seine Hand auf Cass’ Bein.
»Wir müssen zurückfahren. Da wartet noch eine Überraschung auf dich.«
»Was für eine Überraschung?« Cass war das nicht geheuer. Er hatte noch gar nicht richtig begriffen, dass der alte Gangster jetzt für sein Team spielte. Aus der gleichen Verunsicherung heraus schloss er abends seine Tür ab – nur für den Fall, dass Brian plötzlich auf die Idee kam, es ihm doch noch heimzahlen zu wollen.
»Vertrau mir, mein Sohn«, sagte der alte Mann und zwinkerte ihm zu. »Es wird dir gefallen. Ich dachte, es könnte uns bei unserem Vorhaben nützlich sein.«
»Na dann.« Cass stand auf. Er saß jetzt mit Brian Freeman in einem Boot und es war müßig, darüber nachzudenken, wann es vielleicht zerschellen konnte.
»Bis morgen dann«, sagte Maric lächelnd.
»Bis morgen«, sagte Cass in der Hoffnung, dass es dabei bleiben würde.
18
Ihre Knochen fühlten sich spröde an, als würden sie bei der kleinsten Bewegung brechen, doch sie lächelte, als sie die Hand des alten Mannes drückte. Seine Haut war so trocken, dass die Handinnenflächen aufgeplatzt waren. Er wollte nach Hause. Sie auch. Hier gehörten sie nicht hin.
»Hast du noch etwas gehört?«, fragte er. Seine Stimme kam über ein Flüstern nicht mehr hinaus. »Gehen wir zu ihm?«
Sie schüttelte den Kopf. Ihr Haar war zu einem Braunton abgestumpft und eine Strähne fiel ihr über die Augen. Sie strich sie hinters Ohr. »Nein, noch nicht. Im Augenblick können wir nur warten.«
»Spricht er oft zu dir, seit er aufgewacht ist? Kannst du ihn gut verstehen?«
»Ja«, erwiderte sie sanft. »Er hört sich jeden Tag kräftiger an. Er ist uns sehr dankbar, dass wir ihn in so weiter Ferne gehört und die lange Reise unternommen haben. Wenn wir wieder zu Hause sind, wird man uns fürstlich belohnen.«
»Zu Hause zu sein, würde mir als Belohnung schon reichen.«
»O ja, mir auch.«
Als ihre Augen tränten, wischte sie ihre Wangen ab. »Aber was für Geschichten wir zu erzählen haben – was wir
gesehen
haben, auf eine Art, wie es die anderen nie erleben werden.«
»Das heißt, er glaubt, wir schaffen es nach Hause?« Der alte Mann klang verunsichert. So hatte sie ihn noch nie erlebt, niemals in all ihren gemeinsamen Jahren. Diese Welt war hart, magisch, aber hart. Sie blickte aus dem Fenster in den grauen Himmel und auf die Lichter in den hohen Gebäuden hier im Herzen der Stadt. Es war auf vielerlei Weise herrlich, atemberaubend und prächtig, und es gab so viel zu sehen, so viele Wunder. Sie seufzte leise und traurig. Kein Wunder, dass
er
diese Welt zerstören wollte.
»Ja. Er weiß, warum wir die Gänge nicht finden. Wir müssen jemanden suchen.«
»Wen?« Er richtete sich ein wenig in den Kissen auf.
»Jarrod Pretorius.«
Eine lange Pause entstand. Auch in ihrem Kopf war lange
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