Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
davon.
»Waterblommetjies«
. Herr, das war lange her. Zwanzig Jahre? Nein. Dreißig! Vor dreißig Jahren hatte Sonja Herholdt »Waterblommetjies« gesungen,
     und das ganze Land sang mit. Er war verknallt in sie gewesen, damals. Wie Teenager eben so denken. Ich werde dich ehren und
     beschützen und regelmäßig bedienen. Sie war so … rein. Und unschuldig. Der Liebling der Menschen, die Prinzessin Diana der
     Afrikaaner, bevor die Welt Prinzessin Diana kennenlernte. Mit diesen großen Augen und der süßen Stimme und den blonden Haaren,
     er hatte keine Ahnung, wie die Frisur hieß, aber sie war cool, sofern damals überhaupt irgend etwas cool sein konnte.
    Er war sechzehn gewesen. Pubertät in Parow. Alles, woran er damals denken konnte, war Sex. Nicht immer dachte er an den Geschlechtsverkehr
     selbst, aber wenigstens daran, wie er zum Schuß kommen könnte. Bei den Mädchen in Parow in den Siebzigern war das praktisch
     unmöglich. Mittelklasse-Afrikaaner im eisernen Griff der niederländisch-reformierten Kirche, außerdem waren es Mädchen, die
     nicht dieselben Fehler machen wollten wie ihre Mütter, also war das beste, was ein Junge kriegen konnte, ein bißchen Petting
     hinten im Kino. Wenn man Glück hatte. Wenn man eine auf sich aufmerksam machen konnte. Also begann er Baß zu spielen, um sie
     auf sich aufmerksam zu machen, denn er war kein Sportler oder akademischer Riese, er war bloß ein weiterer Blödmann |306| mit reichlich Pickeln und einem Dauerstreit mit der Schule, weil er sich die Haare lang wachsen lassen wollte.
    In der neunten Klasse trat auf einer Garagenparty eine Vier-Mann-Band auf, Jungs seines Alters aus Rondebosch. Sie sprachen
     Englisch und waren nicht besonders gut, der Drummer war so-so, und der Rhythmusgitarrist konnte bloß sechs Akkorde. Aber den
     Mädchen war das egal. Er sah, wie sie die Bandmitglieder anhimmelten. So sollten sie ihn auch anhimmeln. Also sprach er mit
     dem Bandleader, als sie Pause machten. Er sagte, er spielte ein bißchen Gitarre und ein wenig Klavier nach Gehör, aber der
     Typ sagte, besorg dir einen Baß, Alter, denn alle spielen sechs Saiten oder Drums, aber Baßgitarristen sind schwer zu finden.
    Er dachte darüber nach und kaufte sich einen Baß für einen Spottpreis von einem Soldaten im Goodwood, dessen Ford Cortina
     neue Kolbenringe brauchte. Er brachte es sich selbst auf seinem Zimmer bei, mit Hilfe eines Buches, das er bei
Bothners
in der Voortrekker Road gekauft hatte. Er träumte seine Träume und hörte sich um, bis er von einer Band in Bellville erfuhr,
     die nach einem Bassisten suchte. Fünf Leute: Lead, Rhythmus, Drums, Keyboard, Baß. Bevor er wußte, wie ihm geschah, stand
     er auf der Bühne einer englischsprachigen Mittelschule und legte die Basis für Uriah Heeps »Stealin«, und er sang das verdammte
     Lied auch noch. Er, der gottverdammte Benny Griessel, stand in einem zu kleinen T-Shirt und mit seinem Afrikaaner-Haarschnitt
     vor Teenagerinnen und sang: »Take me across the water,’cause I got no place to hide, I done the rancher’s daughter and it
     sure did hurt his pride«, und sie himmelten ihn alle an, die Mädchen himmelten ihn alle genau so an, wie er es erhofft hatte.
    Das Ganze brachte ihm nur einmal Sex ein, während er in der Schule war. Was er nicht bedacht hatte, war: Während die Band
     spielte, punkteten die Jungs, die tanzten. Und wenn die Party vorbei war, mußten alle Mädchen nach Hause. Aber ihm blieb die
     Musik. Die tiefen Noten, die er den Saiten entlockte und die aus dem Verstärker kamen und in seiner Brust widerhallten. |307| Das Wissen, daß sein Baß die Basis jeden Songs war, der Unterbau, die Grundlage, die der Leadgitarrist oder der Keyboarder
     variieren konnten und zu der sie doch stets zurückkehrten. Obwohl er wußte, daß er nie gut genug sein würde, um als Profi
     zu arbeiten.
    Mit der Polizeiarbeit war es anders. Er wußte von Anfang an, daß es seine Sache war. Hier kam alles zusammen, so war sein
     Hirn verdrahtet.
    Und jetzt würden sie ihm den Assegai-Fall wegnehmen, und er legte die CD beiseite und zog sein Handy heraus, denn er wollte
     mit der Psychologin sprechen, bevor sie ihn abservierten. Er wollte ein paar seiner Theorien prüfen, bevor sie es ihm verboten.
     
    Sie traf sich mit ihm im
Newport Deli
in Mouille Point, denn sie war »verrückt nach dem Laden«. Sie saßen draußen auf dem Bürgersteig an einem hohen runden Tisch.
    Captain Ilse Brody, Psychologische Beraterin,

Weitere Kostenlose Bücher