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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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die Akne. Ihr Blick
     ruhte sanft auf ihm, und sie schrieb etwas auf ein schneeweißes Kärtchen und war dann verschwunden.
    Zwei farbige Frauen brachten ihm Frühstück, schoben den Rollwagen über sein Bett. Sie waren wie aufgeregte Zwitschervögel.
     Sie stellten ein dampfendes Tablett auf den Rollwagen und sagten: »Sie müssen essen, Sarge, Sie brauchen die Nahrung.« Dann
     verschwanden sie, und als der Arzt kam, stand es immer noch da, kalt und ungegessen, und Griessel lag da wie ein Fötus, die
     Hände zwischen den Beinen, und kam sich dumm vor. Er wollte nichts denken, denn alles, was sein Kopf zu bieten hatte, war
     Ärger.
    Der Arzt war ein älterer Mann, klein und gebeugt, kahlköpfig und mit einer Brille. Das verbliebene Haar um seinen Kopf herum
     war lang und grau. Er las zuerst die Krankenakte, dann setzte er sich neben das Bett.
    »Ich habe Sie vollgepumpt mit Thiamin und Valium. Das wird Ihnen beim Entzug helfen. Aber Sie müssen etwas essen«, sagte er
     leise.
    Griessel lag bloß da.
    |88| »Es ist tapfer von Ihnen, den Alkohol aufzugeben.« Matt Joubert mußte mit ihm geredet haben.
    »Haben sie Ihnen erzählt, daß meine Frau mich verlassen hat?«
    »Haben sie nicht. Wegen des Trinkens?«
    Griessel richtete sich ein wenig auf. »Ich habe sie geschlagen, als ich betrunken war.«
    »Wie lange sind Sie schon alkoholabhängig?«
    »Gottverdammte vierzehn Jahre.«
    »Dann ist es gut, daß Sie aufgehört haben. Die Leber hat auch ihre Grenzen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    »So habe ich mich auch gefühlt, und ich bin jetzt seit vierundzwanzig Jahren trocken.«
    Griessel setzte sich auf. »Sie waren Säufer?«
    Der Arzt zwinkerte hinter seinen dicken Brillengläsern. »Deswegen haben sie mich heute morgen gerufen. Man könnte sagen, ich
     bin ein Spezialist. Elf Jahre lang habe ich wie ein Fisch getrunken. Ich habe meine Praxis versoffen, meine Familie, meinen
     Mercedes. Dreimal habe ich mir geschworen, ich würde aufhören, aber ich konnte das Gleichgewicht nicht halten. Schließlich
     hatte ich nichts mehr außer einer Bauchspeicheldrüsenentzündung.«
    »Hat Ihre Frau Sie zurückgenommen?«
    »Hat sie«, sagte der Arzt und lächelte. »Und wir haben noch zwei Kinder gekriegt, bloß um zu feiern. Das Problem ist, sie
     sehen aus wie ihr Vater.«
    »Wie haben Sie das angestellt?«
    »Sex war dabei nicht unwichtig.«
    »Nein, ich meine …«
    Der Arzt nahm Griessels Hand und lachte, dabei schloß er die Augen. »Ich weiß, was Sie meinen.«
    »Oh.« Zum ersten Mal lächelte Griessel.
    »Einen Tag nach dem anderen. Und die AA. Und die Tatsache, daß ich am Ende war. Es gab keine Arznei mehr, die mir helfen konnte,
     außer Disulphiram, dem Zeug, bei dem man |89| kotzen muß, wenn man säuft. Aber ich wußte aus der Literatur, daß das Quatsch ist – wenn man wirklich saufen will, hört man
     einfach auf, die Pillen zu nehmen.«
    »Gibt es Arzneimittel, die einen aufhören lassen zu trinken?«
    »Kein Arzneimittel kann Sie aufhören lassen zu trinken. Das können Sie nur selber.«
    Griessel nickte enttäuscht.
    »Aber Medikamente können den Entzug leichter machen.«
    »Es gibt was gegen das DT?«
    »Sie haben noch kein Delirium tremens erlebt, mein Freund. Das kommt erst drei bis fünf Tage nach dem Beginn des Entzugs.
     Gestern waren das ziemlich normale Krämpfe, und, denke ich, die Halluzinationen eines schweren Trinkers, der aufhört. Haben
     Sie merkwürdige Gerüche wahrgenommen?«
    »Ja.«
    »Merkwürdige Geräusche gehört?«
    »Ja.« Entschlossener.
    »Akuter Entzug, aber noch nicht DT, und dafür sollten Sie dankbar sein. DT ist die Hölle, und wir haben noch keine Möglichkeit
     gefunden, etwas dagegen zu tun. Wenn es wirklich schlimm wird, können Sie epileptische Anfälle bekommen, einen Herzinfarkt
     oder einen Herzschlag, und jedes der drei kann Sie umbringen.«
    »Großer Gott.«
    »Wollen Sie wirklich aufhören, Griessel?«
    »Das will ich.«
    »Dann ist heute Ihr Glückstag.«

13
    Sie war eine farbige Frau mit drei Kindern und einem Mann im Knast. Sie war Rezeptionistin bei
Quay Delta
auf Paarden Island, und es war nie ihre Absicht gewesen, die ganze Sache in die falsche Richtung zu steuern.
    |90| Der
Argus
kam jeden Tag um zwölf Uhr dreißig, vier Ausgaben für das Wartezimmer, damit die Kunden etwas zu lesen hatten, während sie
     darauf warteten, daß ihre Wagen fertig wurden. Sie hatte die Angewohnheit, schnell die Schlagzeilen des Tages zu überfliegen.
    

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