Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
hatte der Alkohol schon
     lange das Blei in seinem Bleistift zum Schmelzen gebracht.
    Und was war mit Anna? Hatte sie das Bedürfnis danach? Sie trank nicht. Sie war scharf gewesen, bevor er angefangen hatte,
     zu saufen. Immer bereit, wenn er wollte, manchmal zweimal die Woche, sie packte mit ihren schlanken Fingern seine Erektion
     und spielte das Spiel, das sie spontan begonnen und nie aufgegeben hatten. »Wo hast du denn den her, Benny?«
    »Ausverkauf bei
Checkers
, ich habe gleich vier genommen.«
    Oder: »Hab ihn von einem Juden bekommen, für eine dicke
Boerewors
. Keine Sorge, er war kahl.« Er dachte sich jedes Mal etwas Neues aus, und selbst wenn es nicht besonders einfallsreich |93| war, lachte sie trotzdem. Jedes Mal. Der Sex war immer fröhlich gewesen, lustig, bis der Orgasmus sie ernst werden ließ. Hinterher
     hielten sie einander in den Armen, und sie sagte: »Ich liebe dich, Benny.«
    In den Wind gepißt, systematisch, wie alles andere.
    Er war voll Sehnsucht. Wo war die Zeit geblieben, Herr, wie konnte er sie zurückbekommen? Er fragte sich, was sie tat, wenn
     ihr danach war? Was hatte sie die letzten zwei oder drei Jahre getan? Machte sie es sich selbst? Oder gab es …
    Panik. Was, wenn es jemand anders gab? Guter Gott, er würde ihn erschießen, keiner rührte seine Anna an.
    Er schaute auf seine Hände, zu Fäusten geballt. Langsam, langsam, der Arzt hatte gesagt, er würde emotional instabil sein,
     Angst empfinden … Er mußte sich beruhigen.
    Er löste seine Fäuste und zog die Zeitschriften heran.
    Car
. Margaret Joubert hatte ihm Männermagazine gebracht, aber Autos waren nicht seine Sache. Auch nicht
Popular Mechanics
. Auf dem Cover die Skizze eines futuristischen Flugzeugs. Die Titelgeschichte war
Von New York nach London in 30 Minuten?
    »Wen interessiert’s?« sagte er.
    Er interessierte sich fürs Saufen, aber dafür gab’s keine Zeitschriften.
    Er schaltete das Licht aus. Es würde eine lange Nacht werden.
     
    Die Frau in dem Internet-Café in der Long Street hatte eine Reihe Ohrringe am Rand ihrer Ohrmuschel, und etwas glitzerte in
     ihrem Nasenflügel. Thobela fand, ohne diesen Schmuck hätte sie hübscher ausgesehen.
    »Ich weiß nicht, wie man diese Dinger benutzt«, sagte er.
    »Es kostet zwanzig Rand die Stunde«, sagte sie, als würde ihn das sowieso gleich disqualifizieren.
    »Jemand muß es mir erklären«, sagte er geduldig, erholt nach seinem Nachmittagsschläfchen.
    »Was wollen Sie denn machen?«
    |94| »Ich habe gehört, man kann die Zeitungen lesen. Und auch sehen, was letztes Jahr geschrieben wurde.«
    »Archive. Man nennt sie Internet-Archive.«
    »Aaah …«, sagte er. »Können Sie mir das zeigen?«
    »Wir geben eigentlich keinen Unterricht.«
    »Ich bezahle dafür.«
    Er konnte die Synapsen hinter ihren blaßgrünen Augen Feuer fangen sehen: Die Chance, gutes Geld mit einem dummen Schwarzen
     zu verdienen, aber auch die Möglichkeit, daß es öde, frustrierende Arbeit sein könnte.
    »Zweihundert Rand die Stunde, aber Sie müssen warten, bis meine Schicht vorbei ist.«
    »Fünfzig«, sagte er. »Ich warte.«
    Er hatte sie kalt erwischt, aber sie erholte sich schnell. »Hundert, darunter wird’s nichts.«
    »Einhundert, aber Sie spendieren den Kaffee.«
    Sie streckte die Hand aus und lächelte. »In Ordnung. Ich heiße Simone.«
    Er sah, daß auch in ihrer Zunge etwas Glitzerndes steckte.
     
    Viljoen. Er war nicht groß, knapp einen halben Kopf größer als sie. Er sah auch nicht besonders gut aus und trug ein Kupferarmband
     am Handgelenk und eine dünne Goldkette um den Hals, die sie nie besonders mochte. Er war nicht arm – Geld interessierte ihn
     bloß nicht. Die Sonne des Freistaates hatte seinen acht Jahre alten Vierrad-Bakkie dermaßen ausgeblichen, daß es einem schwerfiel,
     die Originalfarbe zu erkennen. Tag um Tag stand er auf dem Parkplatz des Schoeman Park Golf Club, während er Golf unterrichtete
     oder Golfbälle im Laden verkaufte oder ein oder zwei Runden mit den wichtigeren Mitgliedern spielte.
    Er war Profigolfer. In der Theorie. Er hatte aber nur drei Monate Sunshine Tour hinter sich gebracht, bevor sein Geld alle
     war, weil er unter Druck nicht putten konnte. Er begann zu zittern – »das Gewackel«, nannte er das. Er ging in Position, dann
     ließ er locker, trat einen Schritt zur Seite, ging wieder |95| in Position, aber trotzdem war sein Schlag immer zu kurz. Seine Nerven hatten ihn zerstört.
    »So wurde er der Vorzeigeprofi

Weitere Kostenlose Bücher