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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Heute tat sie das aber gründlicher, denn sie erwartete eine bestimmte Meldung.
    Und sie fand sie gleich auf der ersten Seite. Schon die Überschrift machte klar, daß nicht alles stimmte.
    WAS HAT DIE POLIZEI MIT
    MORD AN KINDERSCHÄNDER ZU TUN?
    Schnell las sie den Artikel und schnalzte mit der Zunge.
     
    Die SAPS ist möglicherweise verantwortlich für die selbstjustizartige Ermordung des mutmaßlichen Kinderschänders Enver Davids
     letzte Nacht.
    Ein Sprecher des Cape Human Rights Forum, Mr. David Rosenthal, sagte, seine Organisation habe »glaubwürdige Informationen
     aus einer sehr zuverlässigen Quelle innerhalb der Polizei« erhalten. Die Quelle deutet an, daß die Abteilung Gewaltverbrechen
     mit dem Mord etwas zu tun haben könnte.
    Davids war HIV-positiv und wurde drei Tage, nachdem die Abteilung Gewaltverbrechen die in seinem Fall entscheidenden DNA-Beweise
     verlegt hatte, der Anklage des Mordes und der Vergewaltigung eines Kindes freigesprochen. Er wurde am frühen Morgen des heutigen
     Tages erstochen auf einer Straße in Kraaifontein aufgefunden.
    Senior Superintendent Matt Joubert, Leiter der Abteilung, bestritt die Vorwürfe entschieden; er nannte die Behauptung, zwei
     seiner Detectives hätten Davids verfolgt und ermordet, »böswillig, lächerlich und absolut unwahr«. Er gab allerdings zu, daß
     seine Abteilung frustriert und unzufrieden sei, nachdem ein Richter die Bearbeitung des Falles scharf kritisiert und ihn dann
     abgewiesen hatte …«
     
    |91| Die Frau schüttelte den Kopf.
    Sie würde etwas tun müssen. Heute morgen, als sie in ihre dunkle Küche gegangen war, um eine Flasche Wick zu holen, um es
     ihrem Kind auf die Brust zu reiben, hatte sie durch das Fenster Bewegungen gesehen. Sie war Zeugin des schrecklichen Tanzes
     auf dem Asphalt geworden. Sie hatte Davids’ Gesicht im Licht der Straßenlampen erkannt. Und noch eines wußte sie ganz sicher.
     Der Mann mit dem kurzen Assegai war kein Polizist. Sie kannte Polizisten; sie konnte Polizisten eine Meile gegen den Wind
     riechen. Es hatten schon genug davon auf ihrer Schwelle gestanden. Wie beispielsweise heute früh, als sie gekommen waren,
     um zu fragen, ob sie etwas gesehen hatte, und sie den Kopf geschüttelt hatte.
    Sie suchte die Telefonnummer des
Argus
auf der Titelseite und wählte. Sie fragte nach dem Journalisten, der den Artikel geschrieben hatte.
    »Es waren keine Polizisten, die Enver Davids getötet haben«, sagte sie, ohne sich vorzustellen.
    »Mit wem spreche ich?«
    »Das tut nichts zur Sache.«
    »Und woher wissen Sie das, Madam?«
    Sie hatte die Frage erwartet, aber sie konnte es nicht sagen, sonst würden sie ihr auf die Spur kommen. Sie würden sie finden,
     wenn sie zu viele Informationen gab.
    »Man könnte sagen, ich weiß es aus erster Hand.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Sie mit dem Mord zu tun hatten, Madam?«
    »Ich will nur sagen, daß es nicht die Polizei war. Eindeutig nicht.«
    »Sind Sie ein Mitglied von Pagad?«
    »Nein, bin ich nicht. Es war keine Gruppe. Es war eine Einzelperson.«
    »Sind Sie diese Person?«
    »Ich werde jetzt auflegen.«
    »Warten Sie, bitte. Wie kann ich Ihnen glauben, Madam? Woher soll ich wissen, daß Sie sich nicht bloß einen Spaß erlauben?«
    |92| Sie dachte einen Augenblick nach. Dann sagte sie: »Er wurde mit einem Speer getötet. Einem Assegai. Das können Sie sicher
     überprüfen.«
    Sie legte den Hörer auf.
    So begann die Geschichte von Artemis.
     
    Joubert und seine englischstämmige Frau kamen ihn am Abend besuchen. Er konnte nur sehen, wie sie einander andauernd berührten,
     der großgewachsene Senior Superintendent und seine rothaarige Frau mit den sanften Augen. Sie waren seit vier Jahren verheiratet
     und konnten noch immer nicht die Finger voneinander lassen, wie in den Flitterwochen.
    Joubert erzählte ihm von dem Vorwurf, daß die Einheit verantwortlich für Davids Tod sei. Margaret Joubert brachte ihm Zeitschriften.
     Sie redeten über alles, außer über sein Problem. Als sie gingen, packte Joubert ihn mit seiner großen Pranke an der Schulter
     und sagte: »Halt durch, Benny.« Als sie weg waren, fragte er sich, wie lange es her war, daß Anna und er einander berührt
     hatten. So.
    Er konnte sich nicht erinnern.
    Scheiße, wann hatten sie zum letzten Mal miteinander geschlafen? Wann hatte er es das letzte Mal auch nur gewollt? Manchmal
     brachte ihn irgend etwas in seinem halbtrunkenen Tag dazu, daran zu denken, aber wenn er zu Hause war,

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