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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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bis zuletzt warten.
    Am nächsten Morgen würde er die Rezeption anrufen und um ein Bügelbrett und ein Bügeleisen bitten, und tun, was ihm am meisten
     Spaß machte – er würde die Hemden und Hosen mit einem zischenden, heißen Bügeleisen bearbeiten, bis er sie auf Bügeln in die
     Garderobe hängen könnte, mit absolut flachen Vorderseiten und scharfen Falten.
    |167| Er hängte das letzte weiße Hemd über den Stuhl und stand dann unentschlossen in der Mitte des Raumes.
    Er konnte hier nicht bleiben.
    Er mußte sich die Zeit vertreiben, bis er wieder versuchen konnte zu schlafen. Und er mußte über diese Frauensache nachdenken.
    Er griff nach seiner Geldbörse, schob sie in seine Hosentasche, nahm die Schlüsselkarte für sein Zimmer und ging zur Tür hinaus,
     die Treppe hinunter und nach draußen. Um die Ecke zur Dock Road, wo die Leute immer noch in Richtung Wochenende marschierten.
     Er ging hinter fünf farbigen Männern her, den ganzen Weg bis Coen Steytler. Er lauschte ihrem Gespräch, folgte dem lockeren,
     ziellosen Gequatsche aufmerksam bis zur Adderley.
     
    Es war nicht André Marais’ Schuld, daß die Operation Woollies im vollkommenen Chaos endete. Sie spielte ihre Rolle als einsame
     Frau mittleren Alters gekonnt und zeigte ein vages, vorsichtiges Interesse, als der Mann zwischen den Weinregalen und Snacks
     mit ihr zu plaudern begann.
    Später dachte sie, daß sie einen älteren Mann erwartet hätte. Dieser war kaum dreißig, groß, ein wenig pummelig, mit einem
     dunklen Fünf-Uhr-Bartschatten. Seine Kleidung war eigenartig, sein kariertes Jackett war vollkommen aus der Mode, das grüne
     Hemd ein wenig zu hell, die braunen Schuhe ungeputzt. »Harmlos«, war das Wort, das ihr auf der Zunge lag, aber sie wußte,
     daß die Erscheinung gar nichts zu sagen hatte, wenn es um Verbrechen ging.
    Er fragte sie, auf englisch mit afrikaanischem Akzent, wo er den Filterkaffee finden könne, und sie entgegnete, sie glaubte,
     es sei in Richtung Kasse.
    Mit einem schüchternen Lächeln erklärte er ihr, daß er süchtig nach Filterkaffee sei, und sie entgegnete, daß sie normalerweise
     Instant kaufe, denn sie könne sich teuren Kaffee nicht leisten. Er sagte, er könne den Morgen nicht ohne eine gute Tasse Filterkaffee
     überstehen, er entschuldigte sich |168| charmant, als sei das eine Sünde. »Italienische Mischung«, sagte er.
    Eigenartig, erklärte sie Griessel später, aber in diesem Moment fand sie ihn ganz sympathisch. Ihm haftete etwas Verwundbares
     an, eine Menschlichkeit, die sie ansprach.
    Ihre Einkaufswagen standen Seite an Seite, in ihrem lagen zehn oder zwölf Teile, seiner war leer. »Ach?« sagte sie und war
     recht sicher, daß er nicht derjenige war, nach dem sie suchten. Sie wollte ihn loswerden.
    »Ja, der ist sehr stark«, sagte er. »Hält mich wach, wenn ich nachts auf Streife gehe.«
    Sie spürte, wie ihr Magen sich zusammenzog, denn sie wußte, daß er log. Sie kannte Polizisten, sie konnte sie aus einer Meile
     Entfernung ausmachen, und er war keiner, das war klar.
    »Sind sie Polizist?« fragte sie und versuchte beeindruckt zu klingen.
    »Captain Johan Reyneke«, sagte er, streckte ihr eine recht weibliche Hand entgegen und lächelte, wobei er auffällige Schneidezähne
     zeigte. »Wie heißen Sie?«
    »André«, sagte sie und spürte ihr Herz schneller schlagen. Captains gingen nicht auf Streife – er mußte einen Grund haben
     zu lügen.
    »André«, wiederholte er, als wollte er sich den Namen einprägen.
    »Meine Mutter wollte den Namen ihres Vaters verwenden, aber dann hatte sie nur Töchter.« Sie benutzte ihre Standard-Erklärung,
     obwohl er gar keine Frage gestellt hatte. Mit Mühe hielt sie ihre Stimme ruhig.
    »Oh, das gefällt mir. Ist mal was anderes. Was arbeiten Sie, André?«
    »Ach, im Büro, nichts Besonderes.«
    »Und Ihr Mann?«
    Sie sah ihm in die Augen und log. »Ich bin geschieden«, sagte sie und schaute dann zu Boden, als schämte sie sich.
    »Kein Problem«, sagte er. »Ich bin auch geschieden. Meine Kinder leben in Johannesburg.«
    |169| Sie wollte gerade sagen, daß ihre Kinder bereits aus dem Haus waren, das gehörte zu der Geschichte, die Griessel und sie ausgekocht
     hatten, aber da hörte sie eine Stimme von hinten, eine Frauenstimme, recht schrill. »André?«
    Sie schaute über die Schulter und erkannte die Frau, Molly, an den Nachnamen konnte sie sich nicht erinnern. Es war die Mutter
     eines der Schulfreunde ihrer Söhne, eine dieser

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