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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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übereifrigen, schrecklich engagierten Mütter. O Gott, dachte sie, nicht jetzt.
    »Hi«, sagte André Marais und warf dem Mann einen Blick zu; sie sah, wie er die Augen zusammenkniff, und sie schnitt eine Grimasse.
     Sie versuchte ihm deutlich zu machen, daß auch sie lieber nicht gestört würde.
    »Wie geht es dir, André? Was machst du hier? Was für ein Zufall.« Molly kam auf sie zu, Einkaufskorb in der Hand, bevor sie
     begriff, daß die beiden Einkaufswagen, die so eng beieinander standen, etwas bedeuteten. Sie las die Körpersprache des Mannes
     und der Frau und zählte zwei und zwei zusammen. »Oh, tut mir leid, ich hoffe, ich störe nicht.«
    André wußte, daß sie die Frau loswerden mußte, denn sie konnte in der Anspannung von Reynekes Händen sehen, daß er gestreßt
     war. Die ganze Sache stand auf Messers Schneide, und sie wollte sagen: »Ja, du störst«, oder: »Verschwinde einfach.«
    Bevor ihr jedoch die richtigen Worte einfielen, begann Molly zu lächeln und sagte: »Oh, ihr arbeitet bestimmt zusammen – sind
     Sie auch bei der Polizei?« Sie hielt Reyneke die Hand hin. »Ich bin Molly Green. Führt ihr eine Ermittlung durch?«
    Für André Marais stand die Zeit still. Sie konnte die ausgestreckte Hand sehen, die Reyneke ignorierte; sein Blick wanderte
     in Zeitlupe von einer Frau zur anderen, sie konnte tatsächlich sehen, wie sein Gehirn die Arbeit aufnahm. Dann stieß er seinen
     Einkaufswagen vorwärts in ihre Richtung und rief etwas, als sein Einkaufswagen mit ihrem kollidierte und sie das Gleichgewicht
     verlor.
    Molly schrie auf.
    André taumelte gegen das Weinregal, die Flaschen fielen |170| und zerbarsten auf dem Boden. Sie stürzte ebenfalls, ihre Arme kreisten auf der Suche nach Gleichgewicht, dann packte sie
     ihre Handtasche, schob ihre Finger hinein und tastete nach der Dienstpistole, während ihr klarwurde, daß sie Griessel warnen
     mußte. Mit der anderen Hand hob sie das kleine Mikrofon an ihren Mund und sagte: »Er ist es, er ist es!«
    Reyneke trat neben sie und riß ihr die Pistole aus der Hand. Sie wollte sich erheben, aber ihre Sandalen rutschten durch den
     Wein, und sie stürzte erneut, und ihr Ellenbogen landete auf einer Glasscherbe. Sie verspürte einen scharfen Schmerz. Sie
     drehte ihren Körper zur Seite und sah, in welche Richtung er lief. »Haupteingang!« rief sie, aber dann wurde ihr klar, daß
     sie den Kopf vom Mikrofon abgewandt hatte, sie zog es heran. »Haupteingang, stoppt ihn!« schrie sie. »Er hat meine Waffe!«
     Da sah sie das Blut in einem dicken Strom aus ihrem Arm laufen. Und als sie ihn hob, um die Sache genauer anzuschauen, sah
     sie, daß der Schnitt bis zum Knochen durchging.
     
    Griessel und Cliffy sprangen auf und rannten, als sie Molly Green über Funk schreien hörten. Cliffy schaffte die Kurve nicht,
     er stieß gegen einen Tisch, an dem zwei Männer Sushi aßen. »Entschuldigung, Entschuldigung«, sagte er und sah Griessel vor
     sich, die Z88 in der Hand, er sah die Gesichter der anderen und hörte hier und da Schreie. Sie rannten, ihre Schuhe klatschten
     auf den Boden. Er hörte Marais’ Stimme über Mikrofon: »Haupteingang, stoppt ihn!«
    Griessel erreichte die breiten Türen von
Woolworth
, er packte seine Dienstwaffe mit beiden Händen und zielte auf etwas drinnen im Laden, aber Cliffy wollte anhalten und rutschte
     auf dem glatten Boden aus. Gerade bevor er mit Griessel zusammenstieß, entdeckte er den Verdächtigen, seine Jacke flatterte,
     er hielt eine große Pistole in der Hand und stoppte zehn Schritte von ihnen entfernt, hatte aber auch Mühe, nicht wegzurutschen.
    Doch dann waren Cliffy und Griessel nur noch ein Haufen am Boden. Ein Schuß löste sich, eine Kugel zischte irgendwohin. |171| Cliffy hörte Griessel fluchen, hörte hohe, schrille Schreie um sich herum. »Entschuldigung, Benny, Entschuldigung«, sagte
     er und sah sich um. Der Verdächtige hatte sich umgewandt und lief nun zur Rolltreppe. Cupido und Keyter kamen mit Pistolen
     in den Händen die andere herunter, aber das war die Rolltreppe aufwärts. Einen Augenblick sah es sehr lustig aus, wie in einem
     alten Charlie-Chaplin-Film: Zwei Polizisten sprangen eifrig die Stufen herunter, kamen aber nicht weiter. Auf ihren Gesichtern
     zeigte sich eine eigenartige Mischung aus Frustration, Ernsthaftigkeit, Entschlossenheit und der Gewißheit, daß sie sich gerade
     zu kompletten Idioten machten.
    Griessel war aufgesprungen und rannte hinter dem Verdächtigen her.

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