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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Titten. Carlos
     will angeben. Meine Männer holen dich ab. Um sieben.« Er legte auf.
    Sie wartete, bis ihre Wut abgeflaut war. Sie saß auf der Bettkante, das Handy noch am Ohr. Sie spürte die Vergeblichkeit,
     sie wußte, daß ihre Wut nichts brachte.
    Sonia kam zu ihr, eine Puppe in der Hand. »Gehen wir Fahrradfahren, Mama?«
    »Nein, meine Süße, wir gehen shoppen.« Das Mädchen hopste in Richtung ihres Zimmers, als wäre Einkaufen ihre Lieblingsbeschäftigung.
    »Hey, du.«
    Sonia blieb in der Tür stehen und schaute verschmitzt über ihre Schulter.
    »Ich?« Sie kannte ihre Rolle in diesem Ritual.
    »Ja, du. Komm her.«
    Sie rannte über den Teppich, immer noch in ihrem grünen Pyjama, direkt in die Arme ihrer Mutter.
    »Du bist mein Liebchen«, begann Christine den Kinderreim und küßte ihren Hals.
    »Du bist mein Herz«, kicherte Sonia.
    »Du linderst einfach jeden Schmerz.«
    »Bei dir zu sein mich nie verdrießt.« Ihr Kopf lag auf Christines Busen.
    »Mit dir bin ich im Paradies«, sagte sie und umarmte ihre Tochter fest. »Geh dich anziehen. Jetzt heißt es: Shop till we drop!«
    »Shoptill hedrop?«
    »Ja, Shoptill hedrop. Genau.«
    Drei Jahre und vier Monate. Bloß noch zwei Jahre, dann die Schule. Noch zwei Jahre, dann würde ihre Mutter nicht mehr herumhuren.
     
    Sie vereinbarte telefonisch bei
Carlton Hair and Mac
für den späten Nachmittag einen Termin, dann nahm sie Sonia mit zu |175|
Hip Hop
am Cavendish Square. Die Verkäuferinnen interessierten sich mehr für das niedliche Kind mit den blonden Löckchen als für sie.
    Sie stand in einem schwarzen Kleid vor dem Spiegel. Der Ausschnitt war tief, der Saum hoch, der Rücken frei.
    »Das ist sehr sexy«, sagte die farbige Verkäuferin.
    »Nein«, sagte Sonia. »Mama sieht hübsch aus.«
    Sie lachten. »Ich nehme es.«
    Sie waren zu früh für Haare und Make-up. Sie ging mit ihrer Tochter zu
Naartjie
im Cavendish Centre. »Jetzt kannst du dir ein Kleid aussuchen.«
    »Ich will auch ein Schwarzes.«
    »Sie haben keine Schwarzen.«
    »Ich will auch ein Schwarzes.«
    »Schwarze sind nur für Erwachsene, mein Mädchen.«
    »Ich will auch erwachsen sein.«
    »Nein, das willst du nicht. Glaub mir.«
     
    Die Kinderfrau schaute mißbilligend ihr Kleid an, als sie Sonia abgab.
    »Ich weiß nicht, wie lange die Veranstaltung dauert. Am besten schläft sie hier.«
    »In dem Kleid wird sie sicher lange dauern.«
    Sie ignorierte den Kommentar, umarmte ihre Tochter fest. »Sei ein braves Mädchen. Mama holt dich morgen früh ab.«
    »Bis dann, Mama.«
    Bevor die Tür hinter ihr ins Schloß fiel, hörte sie Sonia stolz sagen: »Meine Mama sieht sehr hübsch aus.«
    »Findest du?« sagte die Kinderfrau bitter.
     
    Es war ein merkwürdiger Abend. In dem Haus in Camps Bay, drinnen und draußen neben dem Pool, waren etwa sechzig Leute, vor
     allem Männer im Abendanzug. Hier und da eine Blondine mit Brüsten im Schaufenster oder langen Beinen, die durch ein geschlitztes
     Kleid zu sehen waren und in hochhackigen Schuhen endeten. Wie Dekor, dachte Christine, wie |176| Geschenkartikel. Sie hingen an Männerarmen, lächelten, sagten nichts.
    Sie begriff schnell, daß Carlos das auch von ihr erwartete. Er freute sich sehr über ihr Erscheinen. »Ah, Conchita, du siehst
     perfekt aus«, sagte er, als sie kam.
    Es waren die Vereinten Nationen – spanischsprachige, chinesische oder zumindest orientalische, kleinwüchsige Männer schauten
     ihr gierig nach. Araber in Togas, oder wie auch immer man die nannte, ignorierten sie, die hatten ihre Schnauzbärte. Zwei
     Deutsche. Engländer. Ein Amerikaner.
    Carlos, der Gastgeber. Jovial, freundlich, lustig, aber sie spürte, daß er angespannt war, nervös. Sie folgte seinem Beispiel,
     hielt ein Glas in der Hand, trank aber nicht.
    »Weißt du, wer diese Leute sind?« fragte er sie später, er flüsterte ihr ins Ohr.
    »Nein.«
    »Carlos sagt es dir nachher.«
    Essen wurde serviert und wieder abgetragen. Sie bemerkte, daß die Männer nicht mehr nüchtern waren, aber nur weil die Gespräche
     und das Gelächter ein wenig lauter wurden. Zehn Uhr, elf, zwölf.
    Sie stand allein an einer Säule. Carlos war in der Küche und ließ mehr Essen auftragen. Eine Hand fuhr unter ihrem Kleid zwischen
     ihre Beine, Finger tasteten nach ihrer Scheide. Sie erstarrte. Die Hand verschwand. Sie schaute über ihre Schulter. Ein Chinese
     stand dort, klein und elegant gekleidet, und schnupperte an seinen Fingern. Er lächelte sie an und

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