Der Atem des Rippers (German Edition)
tötete das arme Zimmermädchen in Mandalay? Sie hatte es weiß Gott nicht verdient zu sterben!“ Seine Worte klangen hohl in dem schwarzen Gewölbe.
„Frage Neun“, zischte das Gesicht hinter dem vergitterten Fenster.
Eilig zählte Mary die Fragen ab und las, ohne sich zu setzen: „Hatten Ihre Opfer den Tod verdient, Mr. Spareborne?“
„Warum fragen Sie mich nicht selbst?“, brüllte Alan. „Was für ein Spiel ist das? Warum lassen Sie Mary nicht in Frieden?“
„Frage Sieben, schnell“, keuchte der Schatten.
Das Mädchen setzte sich, machte jedoch keine Anstalten, die Frage vorzulesen.
„Frage Sieben!“, krächzte der Alte. „Wenn du dich widersetzt, bekommst du keinen Penny. Unsere Abmachung war eindeutig!“
Das Mädchen schluckte und las: „Frage Sieben. Hat es einen … bestimmten Grund, dass zwei Ihrer Opfer Mary … hießen? Gefällt Ihnen der Name? Hat es Ihnen … be-besondere Freude gemacht, Mary Nichols und Mary Kelly zu … er-ermorden?“ Sie war sehr blass geworden.
„Sie foltern sie mehr als mich!“, schrie Alan. „Das arme Ding ängstigt sich zu Tode. Hören Sie auf damit, sofort!“
„Beantworte ihre Fragen, und sie wird bald erlöst sein“, richtete der Alte erstmals sein Wort an Alan. „Sie hat sich freiwillig bereiterklärt, die Befragung durchzuführen, und sie erhält eine fürstliche Bezahlung dafür. Für das Geld, das wir ihr zahlen, müsste sie für Hunderte schmutziger Herumtreiber die Röcke heben.“
Stille. Alan atmete tief durch. Sein Körper bebte vor Zorn. „Wir“, murmelte er. „Wer ist … wir? Was für ein gottloses Sadistenpack …“
„Lies ihm die Frage noch einmal vor, Mary! Er hat sie vergessen. Lies sie immer wieder, bis er sich herablässt, dir eine Antwort darauf zu geben.“ Die Hände des Alten umklammerten jetzt die Gitterstäbe. Was hätte Alan dafür gegeben, an das lange Messer zu kommen …
„Frage Sieben“, begann das Mädchen erneut. „Hat es einen bestimmten Grund, dass zwei Ihrer Opfer Mary hießen? Gefällt Ihnen …“
„Hören Sie auf!“, schrie Alan. „Ich antworte! Sie brauchen nicht alles zu tun, was diese alte Ratte von Ihnen verlangt … Die Antwort lautet Nein: Ich habe die Frauen nicht getötet, weil sie Mary hießen. Das heißt … Mary Nichols Name hatte eine besondere Bedeutung für mich, damals. Glaube ich. Doch das ist schwer zu erklären. Von Mary Kelly wusste ich nicht einmal, wie sie hieß.“
„Wusstest du auch nicht, dass sie Katholikin war, Jack?“, schaltete sich der Alte ein.
Alan antwortete nichts. Ja, er hatte es erst später erfahren. Einige der Zeitungen waren ihm nachgeeilt, wie Schatten, die man nicht loswerden konnte. Einen Artikel hatte er sogar ausgeschnitten und in sein Tagebuch geklebt, als er schon in Burma war. Er tat es, um einen Abschluss zu finden. Es war seine schrecklichste Tat gewesen. Er wollte offen zu sich sein und das Finale einer schlimmen Zeit nicht verdrängen.
„Weiter mit Frage Drei, und dann die vorgegebene Reihenfolge“, ordnete der Mann hinter dem Fenster an. „Einem alten Mann wie mir gibt er keine Antworten. Er reagiert nur auf Fragen aus dem Mund einer Frau. Er mag die Frauen, weißt du, Mary. Er liebt sie.“
Ja. Alan liebte Frauen. Er wusste es. Es wäre schön gewesen, wenn es die Welt auch gewusst hätte. Wenigstens dieses Geschöpf musste es erfahren. Wenigstens sie durfte nicht glauben, dass er der irre Prostituiertenhasser war, den alle in ihm sehen wollten.
Das Mädchen wandte sich dem Block zu und verlas die dritte Frage.
„Wie viele haben Sie getötet?“
„Fünf“, erwiderte Alan ohne Zögern.
„Frage Vier. Nennen Sie die Namen Ihrer Opfer.“
Alan atmete tief ein. „Mary Nichols“, sagte er und stockte.
„Du musst Frage Vier wiederholen, Schätzchen“, verlangte der Alte. „Er leidet unter geistigen Aussetzern.“
„Nennen Sie die Namen Ihrer Opfer“, las die blasse Mary folgsam.
Alan ballte die Fäuste. „Nach Mary Nichols kam ... Annie Chapman. Dann Elizabeth Stride und … Catherine … Catherine … Ich habe Ihren Nachnamen vergessen. Und die letzte war Mary … Mary Kelly.“
Stille.
„Worauf wartest du noch?“, donnerte der Schatten, als Mary wie versteinert dasaß. Was es war, das sie lähmte, war nicht zu erkennen. Vielleicht hatte das häufige Auftauchen ihres Namens sie irritiert. Vielleicht war sie in diesem Moment erstmals davon überzeugt worden, dass vor ihr an dem hölzernen Kreuz tatsächlich niemand
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