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Der Atem Manitous

Der Atem Manitous

Titel: Der Atem Manitous Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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trat sie ans Fenster, schob es nach oben und streckte den Kopf in die kalte Rauhreifnacht hinaus.
    Still und seltsam entrückt schmiegte sich die winterliche Stadt an den Berg, auf dessen Gipfel Landru sie damals hatte zusehen lassen, wie er einem entkräfteten Indianerjungen das Blut eines Hüters aus dem Lilienkelch eingeflößt hatte. Sein eigenes Blut.
    Es war nicht der einzige Stamm gewesen, den sie in mystischer Zeit besucht und einer neuen Bestimmung zugeführt hatten, um auch in diesem Land das Vampirgeschlecht zu etablieren.
    Nach diesen Zeiten sehnte sich Nona manches Mal zurück. Die Welt war damals geheimnisumwobener und größer gewesen. Einfach spannender.
    So vieles war erst noch zu entdecken gewesen - und auch die Bereitschaft der Menschen, dem Unerklärlichen und Unbekannten in ihrem Leben den gebührenden Platz einzuräumen, hatte den Alltag vergangener Jahrhunderte durchaus inspiriert .
    Sie schloß die Augen. Fühler ihres Geistes tasteten nach dem unsichtbaren Mond, mit dem sie seit ihrer Geburt in absonderlicher Weise verflochten war.
    Ruckartig wandte sie sich vom offenen Fenster ab.
    Der rauschhafte Sex, den sie mit Philip zelebriert hatte, schwang nur noch beiläufig in ihrem Bewußtsein nach.
    Sie war entschlossen, keine weiteren Tage ungenutzt verstreichen zu lassen.
    Der inzwischen vollständig zu Asche zerfallene Indianer war der gestorbene Beweis dafür, daß sich jene noch in der Nähe aufhielten, deretwegen Nona den Abstecher nach New Jericho unternommen hatte - ehe sie sich dem eigentlichen Ort ihrer Rache zuwandte.
    Sekundenlang verharrte sie vor dem Spiegel, in den sie schon den Arapaho hatte blicken lassen.
    Das Bild darin fand ihren Gefallen. Denn die lebenshungrigen Augen und sinnlichen Lippen verhüllten, was sich wirklich hinter ihnen verbarg: Eine Bestie, die keine Risiken scheute, wenn es dem Erreichen ihrer Ziele dienlich schien. Eine gnadenlose Bestie - - auf dem Kriegspfad ...
    *
    Joseph >Dark Cloud< Renos Morgen begann üblicherweise mit ein paar tiefen Zügen aus der Gebetspfeife, die seit Generationen in seiner Familie weitergereicht wurde. Als dem gegenwärtig letzten männlichen Sproß gebührte Joseph das alleinige Recht, die Mischung aus Tabak und aromatischen Kräutern zu entzünden und die darin wohnenden Kobolde freizusetzen.
    Einen gesegneteren Auftakt für einen neuen Tag konnte er sich auch gar nicht vorstellen. Eine Leben ohne Rituale wäre kein Leben gewesen .
    Die Hupe von Charlys Streifenwagen riß Reno an diesem Morgen jedoch vorzeitig und ziemlich brutal aus seinen träge dahindüm-pelnden Gedankenflügen.
    Daran, daß es sich um Charly handelte, gab es nicht den mindesten Zweifel. Diese Hupe, die sich anhörte wie eine in einer Stampede durchgehende Rinderherde, war unverwechselbar und einmalig im Ort.
    Fluchend stellte Reno die kunstvoll bemalte Pfeife in den eigens dafür geschnitzten Ständer zurück, wuchtete seinen drei Zentner schweren, aus allen Uniformnähten platzenden Körper vom Boden hoch und lenkte ihn zur Tür.
    Draußen kam ihm Charly bereits atemlos entgegen. Seine von Natur aus rötliche Haut schien in Flammen zu stehen und leuchtete wie der düster geschwollene Kamm eines Kampfhahns.
    So außer sich hatte Reno seinen vergleichsweise dürren Deputy noch nie gesehen - erst recht nicht zu einer so frühen Stunde.
    Charly Gomes keuchte: »Ich dachte, ich fahr' gleich bei Ihnen vorbei, Sheriff, statt anzurufen . Sind ja nur zwei Minuten vom Office bis hierher, und als der Anruf einging .«
    »Worum geht es, Charly? Komm endlich zur Sache!«
    »Eine Geiselnahme!«
    Gomes gestikulierte fahrig, und Reno starrte ihn an, als könnte er auch ohne die Zuhilfenahme eines obligaten Röhrchens herausfinden, wieviel sein Deputy über den Durst getrunken hatte.
    Wie sich herausstellte, keinen Tropfen.
    Und wie sich bei Erreichen des Motels weiter herausstellte, handelte es sich um weit Schlimmeres als eine Geiselnahme.
    Schon in der Eingangstür des schmucklosen Zweckbaus erwartete sie eine blutüberströmte Frau, die befremdlich unaufgeregt sagte: »Ich habe schon auf Sie gewartet.«
    »Was ist passiert? Haben Sie angerufen?« In Renos riesiger Faust wirkte die Dienstwaffe wie ein peinliches Spielzeug.
    »Ja«, sagte die Frau und hielt Gomes, der - ebenfalls bewaffnet -an ihr vorbei ins Gebäude rennen wollte, am Arm zurück.
    »Sie brauchen sich nicht zu beeilen. Es läuft Ihnen niemand weg.«
    »Was soll das heißen?« Der Deputy blinzelte

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