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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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getrennten Reihen in die Flanke der feindlichen Flotte hineinsegeln zu lassen und so deren Herz wie auch ihre unteren Gliedmaßen zu durchbohren, anstatt neben ihr herzulaufen und darauf zu hoffen, sie mit Kanonen zusammenschießen zu können, gilt immer noch als beispielhaftes Zeugnis für seemännische Tapferkeit und seemännischen Wagemut. Die Tragödie jenes Tages, als der Admiral, vom Schuss eines Scharfschützen niedergestreckt, verblutend, von seinen Ärzten und seinen treuen Kapitänen gestützt auf dem Deck lag und nicht abließ, vor einem aufziehenden Sturm zu warnen, und dann mit seinen letzten Worten erklärte, wie sehr er sich geehrt fühle, seinem Land gedient haben zu können, bleibt auf ewig dem Gedächtnis der britischen Öffentlichkeit eingeprägt.
    Die Grundlagen für die Pax Britannica wurden in Trafalgar geschaffen, und da das Britische Empire au fond ein maritimes Reich war, lässt sich kaum ein angemessenerer Schauplatz für die den Weg zu seiner Erschaffung ebnende Schlacht denken als jene Stelle inmitten des wogenden grauen Ozeans vierzig Meilen vor der spanischen Küste.
    7. Wände aus Eichenholz, Panzer aus Stahl
    D er Atlantik sollte noch viele Jahre lang Schauplatz von großen Schlachten zwischen Segelschiffen sein. Der Konflikt von 1812 zwischen England und den USA, zu dem es im Zusammenhang mit dem Krieg Britanniens mit dem Frankreich Napoleons kam und in dem immer wieder Pattsituationen erreicht wurden, sah viele denkwürdige Seegefechte. Die gesamte US-Marine umfasste weniger als ein Viertel der Einheiten, die die Briten zur Blockade des nordamerikanischen Festlands abgestellt hatten, was bedeutet, dass einer Handvoll amerikanischer Schiffe – es waren insgesamt nicht mehr als zweiundzwanzig – fünfundachtzig britische gegenüberstanden. Die Tapferkeit und das herausragende seemännische Können der Besatzung der amerikanischen Fregatte USS Constitution lassen einem bis heute Schauer über den Rücken laufen: Die Männer rangen nicht nur vor Cape Cod die achtunddreißig Kanonen führende britische Fregatte HMS Guerrière nieder, sondern nahmen danach Kurs auf Brasilien, wo sie ein weiteres großes gegnerisches Schiff, die HMS Java , dazu zwangen, die Flagge zu streichen und sich selbst zu versenken. Das erste Gefecht war in einer halben Stunde zugunsten der amerikanischen Fregatte entschieden gewesen, das zweite jedoch dauerte drei Stunden, in denen Kanonenkugeln und Kartätschengeschosse hin und her flogen und die Constitution , die heute im Hafen von Boston liegt, sich den Ehrennamen Old Ironsides erwarb, weil viele Kugeln des Gegners von ihren Bordwänden abprallten, als ob diese aus Eisen wären.
    Doch dann kam das Zeitalter des Segelschiffs mit all seinen ruhmvollen Taten und seinen Ritualen zu einem Ende, und in dem Maße, in dem Kohle, Stahl und Dampf immer mehr zu den grundlegenden Elementen der Schifffahrt wurden, verflog die Romantik. Winston Churchill merkte sarkastisch an, dass die britische Marinetradition fortan wohl allein auf »Rum, Homosexualität, Gebeten und der Peitsche« basieren werde. Schiffe mit gewaltigen Bordwänden aus Teak, Fichte und Eiche mussten bald solchen weichen, die riesigen stählernen Festungen glichen. Das letzte hölzerne Kriegsschiff, das in England gebaut wurde, war die Howe , ein Dreidecker mit hunderteinundzwanzig Kanonen und Masten, an denen Segel gehisst werden konnten, der aber zusätzlich mit einer tausend PS leistenden, eine einzelne Schraube antreibenden Dampfmaschine ausgerüstet war. Sie lief 1860 vom Stapel und trat ihren Dienst an, als der Kiel für das erste britische Panzerschiff, die HMS Warrior , gestreckt wurde – die »jedes andere existierende Kriegsschiff übertreffen und überwältigen können« sollte. Auf den neuen Werften am Clyde, am Tyne und am Wear, die mit Hoch- und Schmelzöfen sowie Gießereien ausgestattet waren und auf denen man mit Schweißbrennern und Nietpistolen arbeitete, machte man sich danach energisch ans Werk und stellte unter gewaltigem Scheppern und Zischen in den folgenden Dekaden Hunderte von Nachfolgerinnen der Warrior her. Zuerst waren die Rümpfe noch aus Holz und nur mit Stahlplatten verkleidet, später bestanden sie zur Gänze aus Stahl, und ähnliche Schiffe werden noch im 21. Jahrhundert produziert.
    Zum ersten Gefecht zwischen stahlgepanzerten Schiffen kam es während des Amerikanischen Bürgerkriegs. Sie gingen aufeinander los, dass die Fetzen flogen – und dass sie dies in der Neuen

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