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Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Der Atlantik - Biographie eines Ozeans

Titel: Der Atlantik - Biographie eines Ozeans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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solches Boot, dessen Nachfahren sich immer noch in Gebrauch befinden, lautet curragh . Diese Fahrzeuge waren im Unterschied zu den schlanken und schnellen Langbooten klein und hatten einen bauchigen, gedrungenen Rumpf. Ein paar Mann reichten zur Bedienung des einzelnen Segels und des Ruders zum Steuern aus. Ein curragh baute man, indem man erst ein Gerippe aus Eschenholzlatten herstellte, über das man dann Ochsenhäute zog, die in einer mit Eichenrinde angesetzten Lösung gegerbt und mit Lanolin durchtränkt worden waren. Das Ganze wurde mit Flachsfäden und Lederriemen zusammengenäht. Tim Severin, der bekannte irische Segler und Forscher, der 1978 ein solches Gefährt baute und damit in See stach, fragte einmal einen curragh -Bauer aus County Cork, ob man es mit einem solch kleinen und zerbrechlich wirkenden Boot bis nach Amerika schaffen könne.
    »Nun«, war die Antwort, »das Boot wird es schon schaffen. Die Mannschaft muss nur tüchtig genug sein.«

    Während die friedfertigeren »Nordmänner«, die vor allem darauf aus waren, Handel zu treiben, mit kleineren, als knorr bezeichneten Booten nach Island, Grönland und bis nach Nordamerika fuhren, verwendeten die kriegerischen Wikinger für Raubzüge und ihre der Eroberung fremder Territorien dienenden Expeditionen größere Langschiffe, die man aufgrund der Gestalt ihrer in die Höhe gezogenen Bugspriete auch »Drachenschiffe« nannte.
    Legenden zufolge war der irische Abt Brendan – dem man den Beinamen »der Reisende« gab – der Erste, der eine längere navigatio durch die Gewässer des Nordatlantiks absolvierte. Ob er bei dieser Fahrt noch von anderem als blindem Glauben an einen Gott, auf dessen Güte er vertraute, geleitet wurde, ist nicht bekannt. Viele stellen sich vor, dass er die einzige Karte des Atlantiks mit sich führte, die es damals gab – nicht dass sie ihm viel geholfen hätte. Sie ging auf eine im ersten Jahrhundert in Ägypten angefertigte Illustration für das – zu seiner Zeit die Autorität einer Bibel besitzende – Buch Geographia von Ptolemäus zurück. In späteren Abschriften dieses Werks war der Atlantik ganz am linken Rand des Blattes als ein schmaler Streifen dargestellt und trug den Namen Oceanus Occidentalis beziehungsweise in seinem nördlichen Teil die sich unheilvoller anhörende Bezeichnung Mare Glaciale (Eismeer).
    Der Beginn der großen irisch-schottischen Missionierungszüge, mit denen das Christentum auch in die entlegensten Winkel Nordeuropas getragen werden sollte, kann mit einiger Genauigkeit auf das Jahr 563 datiert werden: Das war das Jahr, in dem St. Columban die Lehre von der Dreifaltigkeit auf die Insel Iona in Argyll brachte. Dem Seemannsgarn zufolge, das in dem mittelalterlichen Werk Navigatio Sancti Brendani Abbatis so ungehemmt gesponnen wird, unternahm Abt Brendan seine Reise eine kleine Weile vor diesem Zeitpunkt. Zusammen mit vielleicht nicht weniger als sechzig Mitbrüdern stach er von einem kleinen Estuar auf der Halbinsel Dingle in Südwestirland in See, fuhr zuerst zu den Hebriden im Norden, steuerte von dort aus die noch weiter entfernten Färöer und Island an, bevor er schließlich Kurs in Richtung Westen nahm und möglicherweise sogar bis nach Neufundland gelangte.
    Man weiß nicht, durch wen das Christentum auf die Färöer gelangte, aber seine Botschaft ist bis heute lebendig geblieben, und es erfreut sich robuster Gesundheit. Als Brendan und seine Mitbrüder auf den Inseln landeten, nachdem sie sich von Barra Head, der Nordspitze der Hebriden, zweihundert Meilen weit durch das sturmgepeitschte Meer vorangekämpft hatten, waren sie zunächst einmal vom Anblick der vielen großen Schafe beeindruckt, außerdem von der ungeheuren Zahl und Vielfalt der dort heimischen Seevögel sowie einer fast ebensolchen Fülle an Fischen – aber auch vom unablässig fallenden Regen, den steilen Felswänden, von denen es ständig herabtropfte, und dem tiefen Grün der allenthalben wuchernden Grasbüschel.
    Im Lauf von nahezu eintausendfünfhundert Jahren hat sich auf den Inseln wenig verändert. Zum ersten Mal segelte ich an einem stürmischen Frühlingstag in den dortigen Gewässern, und zwar genau auf der Route, auf der St. Brendan unterwegs gewesen sein soll, indem ich nämlich die Meerenge zwischen den beiden westlichsten Inseln, Vágar und Mykines, überquerte. Ich saß in einem kleinen Boot, das munter über die hohen Wellen hüpfte, rasch unterhalb von Basaltklippen entlangglitt, die schroff und schwarz

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