Der Atlantis-Komplex
Gefangenen gewandt, fort. »Ich habe Ihre Handys und Waffen mit einem Störsender lahmgelegt.« Er trat näher an die schimmernde Oberfläche des Bots heran. »Hier ist eine von Julius’ Zöglingen. Haben wir die Kleine nicht schon mal erschossen, Unix?«
Auf dem Gesicht des Feenmannes breitete sich ein Grinsen aus, das ihn jedoch keineswegs freundlicher erscheinen ließ.
»Und der große Foaly, der Retter des Erdvolks. Jetzt nicht mehr, mein kleines Pony. Bald werden Sie unter meinem Bann stehen und es sogar genießen.« Turnball wedelte mit seinen Daumen, damit die Gefangenen die roten Runen darauf genau sehen konnten.
»Und wen haben wir hier?« Turnball blieb vor den beiden Butlers stehen. »Verrückter Bär und Jadeprinzessin. Einmal seid ihr mir entkommen, aber ein zweites Mal wird euch das nicht gelingen.«
»Was ist mit mir?«, brachte Mulch mühsam hervor, und der Bot verwandelte die Vibrationen seiner Kehle wieder in Sprache.
»Was soll mit Ihnen sein?«
»Haben Sie kein Wort für mich übrig? Schließlich bin ich auch gefährlich.«
Turnball lachte, aber nur leise, damit Leonor, die oben in der Koje lag und schlief, nicht aufwachte. »Ich mag Sie, Zwerg. Sie haben Esprit. Aber ich werde Sie trotzdem töten, denn ich habe keinerlei Verwendung für Sie, es sei denn, Sie wären an einer Stellung als Narr interessiert. Als dicker, stinkender Narr. Letzteres ist natürlich nur eine Vermutung, aber Sie sehen eindeutig so aus, als würden Sie stinken.«
Er ging weiter zu Artemis. »Und natürlich Artemis Fowl. Einstiges Verbrechergenie und jetziger Psychotiker. Wie geht es Ihrem Komplex, Master Fowl? Ich wette, Sie haben eine böse Zahl. Welche ist es? Fünf? Vier?« Artemis musste zusammengezuckt sein, denn Turnball wusste sofort, dass er richtig geraten hatte. »Die Vier also. Und woher ich weiß, dass Sie am Atlantis-Komplex leiden? Das sollten Sie Ihren Freund Foaly fragen. Der versorgt mich nämlich mit Bildern.«
Es überraschte Artemis kein bisschen, dass zumindest ein Teil seiner Paranoia gerechtfertigt gewesen war.
Turnball schritt die Reihe ab wie ein General vor der Schlacht die Aufstellung seiner Soldaten. »Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie alle hier sind, denn Sie werden mir nützlich sein. Sehen Sie, meine Frau ist alt, und um ihr das Leben zu retten und sie wieder jung zu machen, brauche ich einen sehr mächtigen Zauberer.«
Artemis’ Augen weiteten sich. Er verstand sofort. Das Ganze hatte nur einem Zweck gedient: Nr. 1 aus Haven herauszulocken.
»Ihr Freund Nr. 1 ist bestimmt gerade dabei, die Verletzten an Bord der Nostremius zu heilen, und ich hatte ursprünglich geplant, mich als Patient dort einzuschmuggeln und ihn mir mit Hilfe meiner genialen modifizierten Laser zu schnappen. Aber da war immer das dumme kleine Problem, dass der Knirps womöglich einen Zauberstrahl loslässt, bevor es mir gelingt, ihn zu bannen. Doch nun wird einer seiner allerbesten Freunde ihn für mich holen, und zwar niemand anders als Holly Short.«
Turnball wandte sich zu Unix. »Befreien Sie Captain Short aus dem Bot.«
Unix konsultierte die Bedienungsanleitung der Bots, die an der Wand hing. Mit einem kleinen Tippen auf den Touchscreen gab er den Befehl ein, und fast im gleichen Moment stieß der Bot die Elfe hinaus. Holly fühlte sich, als wäre sie aus dem Magen eines Ungeheuers auf den kalten Metallboden gespuckt worden. Keuchend lag sie da, während ihre Lunge sich langsam daran gewöhnte, wieder normale Luft zu atmen. Als sie die Augen öffnete, sah sie über sich Turnballs grinsendes Gesicht.
»Je länger es her ist, umso besser erinnere ich mich an unsere erste Begegnung«, sagte er und verpasste ihr einen kräftigen Tritt in die Rippen. »Vor allem erinnere ich mich daran, dass Sie mich ins Gefängnis gebracht haben. Aber was soll’s − jetzt können Sie es ja wieder gutmachen, indem Sie mir einen kleinen Gefallen tun.«
Holly spuckte einen Gelklecks auf den Boden. »Träumen Sie weiter, Turnball.«
Turnball trat sie erneut. »Reden Sie mich gefälligst mit meinem Rang an.«
Holly knirschte mit den Zähnen. »Ich denke ja gar nicht daran.«
»Aber ich«, entgegnete Turnball und setzte ihr seinen Fuß auf die Brust. Dann nahm er ein kleines, längliches Gerät aus der Tasche.
»Das hier sieht aus wie eine Mini-Taschenlampe, nicht wahr?«
Holly bekam keinen Ton heraus, aber sie vermutete, dass der schmale Zylinder keineswegs so harmlos war wie eine Lampe.
»Und doch kann es viel
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