Der Atlantis-Komplex
sich sein Magen zu einer eisigen Kugel der Angst zusammenkrampfte, und murmelte: »Zeit für meinen Auftritt.«
Was deutlich flippiger klang, als er sich fühlte.
Die Menge bejubelte derweil den überraschenden Auftritt der Ninja-Squad-Luchadores, die ihre Trenchcoats abgelegt hatten und in ihren typischen schwarzen Trikots in den Ring gestiegen waren, vermutlich um die Niederlage zu rächen, die ihr Meister vor kurzem beim Quadro Slam in Mexico City durch die Hände und Füße der Jadeprinzessin erlitten hatte. Es kam häufig vor, dass bei einem Slam Überraschungsgäste auftraten, doch der komplette Ninja Squad war ein unerwarteter Glücksfall.
Die Ninjas hatten sich in einem zappelnden, rangelnden Haufen auf die Jadeprinzessin gestürzt, jeder Einzelne von ihnen begierig darauf, mit seiner Faust einen Treffer zu landen, und das zierliche Mädchen konnte nichts anderes tun, als das Ganze hilflos über sich ergehen zu lassen.
Lautlos trat Butler an den Ring. In scheinbar aussichtslosen Situationen entschied oft der Überraschungseffekt über Sieg oder Niederlage. Obgleich Butler fand, dass es für ihn in aller Regel keine aussichtslosen Situationen gab, selbst wenn es, wie in diesem Fall, zwölf gegen einen stand. Beziehungsweise zwölf gegen zwei, sofern Juliet noch bei Bewusstsein war, also sechs gegen einen, und das war mehr oder weniger ein Kinderspiel. Noch vor wenigen Sekunden hatte Butler sich in dem geborgten Bärenfellkostüm mit passender Maske ein wenig lächerlich gefühlt, doch das war sofort vergessen, als er nun sein Gehirn auf Kampfmodus schaltete.
Diese Kerle tun meiner Schwester weh , schoss es ihm durch den Kopf, und ein glühendes Rinnsal der Wut durchbrach die eisige Hülle seiner Professionalität.
Zeit für einen Arbeitseinsatz.
Mit einem Knurren, das perfekt zu seiner Rolle als Verrückter Bär passte, rollte er sich unter dem untersten Seil durch, lief mit zwei schnellen Schritten über die Matte und knöpfte sich die Ninjas mit wenigen, aber äußerst effektiven Bewegungen vor. Er ließ keine drohenden Sprüche los und stampfte nicht einmal mit dem Fuß auf, um seine Ankunft zu verkünden, was nicht besonders höflich war, sondern nahm den Haufen einfach auseinander, als wäre es ein Jenga-Turm.
Es folgten dreißig Sekunden zappelnder Gliedmaße und greller Schreie, die jeden hysterischen Teenager bei einem Boygroup-Konzert in den Schatten gestellt hätten, dann war Juliet befreit.
Als Butler sah, dass seine Schwester unversehrt war, lächelte er hinter seiner Maske.
»Hallo, Juliet. Da bin ich.«
Als Dank dafür, dass er ihr das Leben gerettet hatte, rammte Juliet ihm die flache Hand mit den Fingerspitzen zuerst in den Solarplexus, so dass ihm die Luft wegblieb.
»Aarrrk«, grunzte er, dann: »Wassshhhhh …?« Was so viel heißen sollte wie: Was soll das?
Ein paar von den Ninjas hatten sich inzwischen wieder aufgerappelt und probierten ihre stilisierten Kampfgriffe an ihrem Angreifer aus, ernteten jedoch nur schallende Ohrfeigen.
»Schluss jetzt«, herrschte Butler sie an, holte tief Luft und warf ihnen einen drohenden Blick zu. »Ich brauche eine kurze Familien-Auszeit.«
Am Rand seines Sichtfeldes flirrte mit hoher Geschwindigkeit etwas grünlich Schimmerndes heran. Mechanisch schoss seine linke Hand hoch und packte den Jadering, der in den blonden Pferdeschwanz seiner Schwester geflochten war.
»Wow«, sagte Juliet. »Das hat noch niemand geschafft.«
»Wirklich?«, entgegnete Butler und ließ den Ring los. »Niemand?«
Juliets Augen weiteten sich hinter der Maske. »Niemand außer … Brüderchen, bist du das?«
Bevor Butler antworten konnte, machte Juliet einen Seitschritt und rammte einem der Ninjas, der sich entweder angeschlichen hatte oder vielleicht auch nur aus diesem Ring fliehen wollte, in dem es nicht mehr um eine gute Show ging, sondern ans Eingemachte, den ausgestreckten Arm vor den Kopf.
»Habt ihr nicht gehört, was der Mann gesagt hat? Wir brauchen eine Familien-Auszeit!«
Winselnd drückten die Ninjas sich an die Seile. Selbst Samsonetta wirkte ein wenig besorgt.
»Bruderherz, ich bin gerade mitten in einem Zweikampf. Was tust du hier?«, fragte Juliet.
Die meisten Leute hätten vermutlich ein paar Minuten gebraucht, um zu begreifen, dass hier etwas nicht stimmte, aber nicht Butler. Die vielen Jahre als Leibwächter von Artemis Fowl hatten ihn gelehrt, den Groschen zu fangen, bevor er fiel.
»Du hast also nicht nach mir gerufen. Wir müssen hier
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