Der Atlantis-Komplex
Er traut nicht einmal mehr seiner eigenen Mutter.«
»Angeline? Wie könnte irgendjemand Mrs Fowl nicht trauen? Das ist doch lächerlich.«
»Ich weiß«, sagte Butler. »Aber damit nicht genug: Artemis traut auch den Zwillingen nicht mehr.«
Juliet fuhr hoch und stieß sich prompt den Kopf an der Metalldecke. »Autsch! Madre de dios . Artemis traut Myles und Beckett nicht mehr? Ich fasse es nicht. Was für schreckliche Sabotageakte sollen zwei Dreijährige denn seiner Meinung nach verüben?«
Butler zog eine Grimasse. »Unglücklicherweise hat Myles eine von Artemis’ Petrischalen mit Bakterien verseucht, als er eine Probe für seine eigenen Experimente haben wollte.«
»Das läuft aber kaum unter Industriespionage. Und was hat Beckett angestellt?«
»Er hat Artemis’ Hamster gegessen.«
»Was?!«
»Na ja, er hat zumindest eine Weile an seinem Hinterbein genagt.« Butler bewegte sich vorsichtig. Die Fluggeräte der Unterirdischen waren nicht darauf ausgerichtet, riesige, kahlköpfige menschliche Leibwächter zu transportieren. Nicht dass die Frisur da noch einen Unterschied gemacht hätte.
»Artemis war völlig außer sich und behauptete, es sei eine Verschwörung gegen ihn im Gange. Er hat ein Zahlenschloss an der Tür zu seinem Labor anbringen lassen, damit seine Brüder nicht mehr hineinkommen.«
Juliet konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Und, hat es funktioniert?«
»Nein. Myles hat drei volle Tage an der Tür gehockt und so lange Zahlen eingetippt, bis er die richtige Kombination gefunden hatte. Er hat mehrere Rollen Klopapier aufgebraucht, um die verschiedenen Möglichkeiten zu notieren.«
Juliet traute sich kaum zu fragen. »Und Beckett?«
Nun musste auch Butler grinsen. »Der hat im Garten eine Grube ausgehoben, und als Myles hineinfiel, hat er ihn so lange darin schmoren lassen, bis er ihm die Kombination verraten hat.«
Juliet nickte beifällig. »Genau das hätte ich auch gemacht.«
»Ich auch«, sagte Butler. »Vielleicht wird Beckett ja später mal Myles’ Leibwächter.« Doch dann wurde er wieder ernst. »Artemis nimmt meine Anrufe nicht an. Stell dir das mal vor. Ich glaube, er hat sich eine neue SIM -Card besorgt, damit ich ihn nicht finden kann.«
»Aber wir finden ihn doch, oder?«
Butler warf einen Blick auf das Display seines Handys. »Oh ja. Artemis ist nicht der Einzige, der Foalys Telefonnummer hat.«
»Was hat dieser durchtriebene Zentaur dir denn gegeben?«
»Ein Isotopen-Spray. Wenn man etwas damit einsprüht, kann man es mit einem von Foalys Apps aufspüren.«
»Äps?«
»Mini-Programme. Dieses zum Beispiel benutzt Foaly, um ein Auge auf seine Kinder zu haben.«
»Was hast du denn damit eingesprüht?«
»Artemis’ Schuhe.«
Juliet kicherte. »Stimmt, er mag’s, wenn sie glänzen.«
»Allerdings.«
»Du denkst allmählich schon wie ein Fowl, Bruderherz.«
»Das fehlte gerade noch«, rief Mulch Diggums aus dem Cockpit herüber. »Das Letzte, was die Welt braucht, sind noch mehr Fowls.«
Das Gyroshuttle folgte mit nahezu doppelter Concorde-Geschwindigkeit dem Golfstrom Richtung Norden bis zur irischen Küste und flog dann in einem weiten nordwestlichen Bogen auf den offenen Atlantik zu, dorthin, wo Butlers Handy die Schuhe seines Arbeitgebers geortet hatte.
»Funktioniert das eigentlich auch über den Geruch?«, fragte Mulch und lachte glucksend.
Die Butlers teilten seinen Heiterkeitsausbruch nicht, was aber nicht daran lag, dass sie keinen Spaß verstanden, sondern vielmehr daran, dass sie Mulch nicht verstanden; der hatte sich nämlich gleichzeitig den gesamten Inhalt der Kühlbox in den Mund geschoben.
»Bitte sehr, dann eben nicht«, sagte Mulch mit vollem Mund und besprühte bei seinen Worten die Innenseite der Windschutzscheibe mit halbgekauten Maiskörnern. »Da bemühe ich mich schon mal, einen Scherz zu machen, und ihr beiden Hochnasen lacht nicht mal.«
Die Kapsel schoss mit zwei Metern Abstand über den Wellenkämmen dahin, wobei ihr Anti-Schwerkraft-Strahl in regelmäßigen Abständen zylindrische Löcher in die Meeresoberfläche grub. Das Motorengeräusch war so leise, dass man es für das Rauschen des Windes hätte halten können, und für die intelligenten Meeressäuger, die es trotz des Sichtschilds sehen konnten, sah es aus wie ein sehr schneller Buckelwal mit besonders breitem Schwanz und Laderampe.
»Die Kiste ist wirklich nicht übel«, bemerkte Mulch, als sein Mund glücklicherweise wieder leer war. »Sie fliegt quasi von
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