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Der Atlantis-Komplex

Der Atlantis-Komplex

Titel: Der Atlantis-Komplex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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Bildschirm sah, machte ihn neugierig. Er befahl Unix, gar nichts zu tun, sondern zu warten, bis er an Ort und Stelle war.
    Turnball machte sich die Mühe, sich zu rasieren, sein Haar im Nacken zusammenzubinden und ein frisches Hemd mit Rüschenjabot anzuziehen, bevor er den Aufzug betrat, der ihn aus der unterirdischen Höhle an die Oberfläche brachte. Dort fand er Unix neben dem hinreißendsten Wesen, das er jemals zu Gesicht bekommen hatte. Selbst in ihrer unnatürlichen Position und bedeckt mit Blut und voller blauer Flecken erschien sie Turnball sofort als außerordentliche Schönheit.
    Während er neben Leonor stand, die Sonne im Rücken, so dass sein Gesicht in tiefem Schatten lag, öffnete die Fliegerin ihre Augen, sah Turnball an und sagte zwei Worte: »Großer Gott.« Dann fiel sie wieder ins Delirium.
    Turnballs Neugier war geweckt. Er spürte, wie sein Herz, das seit Jahrzehnten zu Eis erstarrt war, anfing zu tauen. Wer war diese Frau, die da vom Himmel gefallen war?
    »Bringen Sie sie nach unten«, wies er Unix an. »Und nutzen Sie alle Magie, die wir haben, um sie zu heilen.«
    Unix befolgte den Befehl ohne jeden Kommentar, wie es seine Art war. Manch anderer Leutnant hätte sich vielleicht die Frage gestattet, ob es klug war, die wenigen Magiereste der Bande für ein Menschenwesen zu verwenden. Sie hatten einen Neuling in der Gruppe, der noch einen gewissen Vorrat in sich hatte. Aber wenn der aufgebraucht war, konnte es möglicherweise lange dauern, bis sie wieder Nachschub bekamen.
    Doch Unix beschwerte sich nicht, und die anderen ebenso wenig, denn sie wussten aus Erfahrung, dass Turnball Root Gemaule nicht leiden konnte. Wer maulte, fand sich alsbald an einem ungemütlichen Ort wieder, wo ihn ein äußerst schmerzhaftes Schicksal erwartete.
    So wurde Leonor Carsby in die unterirdische Höhle gebracht und gesund gepflegt. In der ersten Zeit beteiligte sich Turnball nicht groß daran. Er ließ sich immer erst dann blicken, wenn Leonor kurz davorstand aufzuwachen, damit er so tun konnte, als sei er die ganze Zeit an ihrer Seite gewesen. Anfangs war Leonor ganz mit Schlafen und Gesundwerden beschäftigt, aber nach ein paar Wochen begann sie zu sprechen, zunächst nur zögernd, doch bald sprudelten die Fragen so schnell aus ihr heraus, dass Turnball ihr kaum noch folgen konnte.
    »Wer sind Sie?«
    » Was sind Sie?«
    »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Was ist mit Pierre, meinem Navigator? Lebt er noch?«
    »Wann kann ich wieder fliegen?«
    Im Allgemeinen mochte Turnball Fragen ebenso wenig wie Gemaule, doch wenn Leonor Carsby ihn etwas fragte, lächelte er nachsichtig und antwortete ihr ausführlich.
    Warum ist das so? , fragte er sich. Warum gebe ich mich mit dieser Oberirdischen ab, statt sie den Haien vorzuwerfen, wie ich es normalerweise tun würde? Ich schenke ihr außerordentlich viel Zeit und Magie .
    Immer öfter stand Leonors Gesicht vor seinem inneren Auge, wenn er es nicht vor sich hatte. Selbst die Töne des Klangbrunnens erinnerten ihn an ihr Lachen. Manchmal war er überzeugt, sie würde ihm etwas zurufen, obwohl er auf der anderen Seite der Insel war.
    Werd endlich erwachsen, du Dummkopf , ermahnte er sich. Du hast nicht das Herz eines Romantikers .
    Doch das Herz lügt nicht, und Turnball Root musste sich eingestehen, dass er Leonor Carsby liebte. Er blies zwei Überfälle auf staatliche Goldlager ab, um bei ihr zu sein, und verlegte sein Büro in ihr Zimmer, damit er arbeiten konnte, während sie schlief.
    Und auch Leonor liebte ihn. Sie wusste, dass er kein Mensch war, aber sie liebte ihn dennoch. Er erzählte ihr alles, außer den gewalttätigen Dingen. Turnball stilisierte sich zum Revolutionär, der auf der Flucht vor einer ungerechten Regierung war, und sie glaubte ihm. Warum auch nicht? Er war der kühne Held, der sie gerettet hatte, und Turnball sorgte dafür, dass keiner seiner Gefolgsleute diese Illusion zerstörte.
    Als Leonor wieder gesund war, machte Turnball mit ihr in seinem Shuttle einen Ausflug zum Mount Everest, und sie weinte Tränen der Ergriffenheit. Während sie dort schwebten, umhüllt von kaltem, weißem Dunst, stellte Turnball die Frage, die ihm schon seit zwei Monaten auf dem Herzen lag.
    »Liebste, in jenem Augenblick, als unsere Blicke sich zum ersten Mal trafen, hast du Großer Gott gesagt. Warum?«
    Leonor betupfte ihre Augen. »Ich war halbtot, Turnball. Wenn ich es dir sage, lachst du bestimmt und findest mich albern.«
    Root nahm ihre Hand. »Das würde

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