Der Attentäter - The Assassin
Vorgehensweise. Sie sagten, er sei zu unvorsichtig, verzichte auf alle Vorsichtsmaßnahmen. Und wenn diese Jungs das sagen, will das etwas heißen.«
Damit lag auf der Hand, wie ihre nächste Frage lauten würde, doch sie fürchtete sich vor der Antwort. Aber sie musste sie stellen, weil ihr klar war, dass Harper nicht noch einmal so auskunftsbereit sein würde.
»Will … Will er sterben, Sir?«
Harper schien ihre Frage ernst zu nehmen. »Vielleicht, vielleicht auch nicht … Schwer zu sagen … Durch Vanderveens Rückkehr hat er wieder ein Ziel, zumindest vorläufig. Wenn Sie sich jetzt entschließen, ihm weiter zu helfen, sind Sie auf sich allein gestellt, die CIA kann nichts mehr für Sie tun.«
»Wollen Sie damit sagen, dass es mir freisteht?«
Harper lächelte, antwortete aber nicht. Er trank seinen Kaffee aus, stand auf und legte eine Hand vor ihr auf den Tisch. »Wie immer Sie sich entscheiden, was mir möglich ist, werde ich für Sie tun. Sie haben bei uns Erstaunliches geleistet, und ich werde es nicht vergessen. Ich bin noch einige Zeit da, falls Sie also ein Empfehlungsschreiben brauchen … Aber warten Sie nicht zu lange. Für mich ist hier auch bald Schluss.«
»Danke für das Angebot, ich weiß es sehr zu schätzen.«
Er nickte lächelnd und verschwand. Es dauerte etwas, bis sie die Visitenkarte auf dem Tisch sah.
Sie drehte sie um, sah die hastig hingekritzelten Worte und erkannte sofort Kealeys Handschrift.
Flugplatz Upperville, Punkt sechs Uhr morgens. Vergiss deinen Pass nicht.
35
Washington, D. C.
Als Samantha Crane die D Street hinabeilte, brach die Dämmerung herein. Ihren Dienstwagen vom FBI hatte sie in einem Parkhaus an der Massachusetts Avenue abgestellt. Ein Blick auf die Uhr ließ sie leise fluchen, und als sie ihr Ziel erreichte, war sie trotz der kühlen Außentemperatur völlig verschwitzt. Zwanzig Minuten lang hatte sie genervt nach einem offenen Parkhaus gesucht. Vielleicht wäre es besser gewesen, ein Taxi zu nehmen. Sie hatte ein Zimmer im Hyatt Regency in der Nähe des Kapitols, gerade mal fünf Häuserblocks weiter westlich. Ursprünglich hatte sie vorgehabt, zu Fuß zu gehen, sich dann aber dagegen entschieden. Sie war nicht dumm genug, sich einzubilden, ihr FBI-Ausweis würde sie retten, wenn auf der Straße etwas Schlimmes passierte, und da sie unbewaffnet war, wollte sie das Schicksal nicht herausfordern. Wenn sie nicht im Dienst war, trug sie praktisch nie eine Waffe, auch heute Abend nicht.
Sie nickte dem Türsteher zu und betrat das Restaurant. Der plötzliche Temperaturwechsel ließ sie unwillkürlich zittern. Da sie nichts an der Garderobe abzugeben hatte, kämpfte sie sich sofort zur Bar durch. Die Tische zu ihrer Linken waren alle besetzt, doch das war nicht überraschend. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1960 hatte sich das Monocle trotz des nicht gerade erstklassigen Essens schnell zu einem Lokal entwickelt, wo die Washingtoner Prominenz sich gerne sehen ließ. Einige
berühmte Leute waren immer da, und heute, an einem Samstag, waren es eben ein paar mehr. Da sie sich kaum für Politik interessierte, sagten ihr die meisten Gesichter nichts, aber zwei erkannte sie doch. An einem Tisch in der Mitte des Restaurants saß Senator Edward Kennedy, umgeben von einem Schwarm von Bewunderern, und jemand, der fatale Ähnlichkeit mit Dennis Hastert hatte, stand mit einem Drink in der Hand an der Bar, angeregt mit zwei älteren Männern in dunklen Anzügen plaudernd.
Schließlich sah sie ihre Tante, die mit einem Glas Weißwein vor sich auf einem Barhocker saß, ein Stück vom Sprecher des Repräsentantenhauses entfernt. Wie stets, wenn sie ihre Tante sah, kam sich Crane klein und unbedeutend vor. Sie hatte schon immer gedacht, dass Rachel Ford mit ihrer hellen, makellosen Haut und den fein geschnittenen Zügen sich gut als Königin eines kleineren Landes gemacht hätte. Ihre vornehme Haltung ließ den ordinären Barhocker wie einen Thron erscheinen, und ihre Kleidung - dunkelbraune Gabardinehose, braunes Kaschmirjäckchen, Seidenbluse - betonte ihre schlanke Figur perfekt. Samantha Crane musste sie nur ansehen, um sich wie ein pummeliger Cheerleader aus der zweiten Reihe vorzukommen. Dabei hatte sie einige Mühe darauf verwendet, sich anständig anzuziehen. Sie trat zögernd zu ihrer Tante. Ford kletterte von ihrem Barhocker, schloss ihre Nicht kurz in die Arme, wich einen Schritt zurück und runzelte missbilligend die Stirn.
»Schön, dich zu sehen, Samantha. Ganz
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