Der Attentäter - The Assassin
lächelte, jetzt hatte sie festen Boden unter den Füßen. »Vergessen Sie nicht, dass ich dort eine Menge Leute kenne. Im Moment hören sie pro Tag zwischen zweihundert und dreihundert Telefonate ab.«
Mills war überrascht. »So viele?«
Kharmai zuckte die Achseln. »Das meiste von dem Material ist wertlos. Sie reden davon, einige Schlüsselworte herauszufiltern, um die Suche gezielt einzugrenzen. Bei unserer National Security Agency spielt man mit der gleichen Idee, aber die Abhörmasten auf dem Dach in Whitehall sind sehr viel kleiner, womit nicht nur die Reichweite, sondern auch die Menge des Funkverkehrs eingeschränkt ist, um den sie sich kümmern könnten.«
»Werden sie uns den Zugang zu ihrer Datenbank ermöglichen?«
»Wenn wir einen guten Grund präsentieren. Trotzdem brauchen wir Suchparameter. Sie haben Tausende von abgehörten Telefonaten in Form von Spektrogrammen gespeichert.«
»Geht es auch anders? Wenn Sie eine Aufnahme hätten, könnten Sie die auf ihrem System laufen und den Computer suchen lassen, ob die Stimme einem der gespeicherten Spektrogramme entspricht?«
»Natürlich. Das ist sogar die einfachste Möglichkeit, doch auch das braucht Zeit.«
»Wie lange? Stunden oder Tage?«
Sie dachte nach. »Wie gesagt, man ist besser dran, wenn man einen Ausgangspunkt hat, etwa Alter oder Geschlecht. Neunzig Prozent aller abgehörten Gespräche wurden von Männern geführt, aber jedes Kriterium hilft. Vielleicht zwei Tage, wenn man mit nichts beginnt.« Sie legte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn. »Also, worum geht’s? Falls es etwas mit dem irakischen Premierminister zu tun hat, können wir es ganz oben auf die Liste setzen. Wenn wir da einen Treffer landen, können wir eine Menge Zeit sparen. Vermutlich wäre die Kooperationsbereitschaft der Briten in diesem Fall garantiert. In so einer Situation werden alle Informationen geteilt.«
Mills’ Lächeln gefror. »Wie kommen Sie darauf, dass …«
»Vertrauen Sie einfach darauf, dass ich nicht auf den Kopf gefallen bin. Sie haben mich gebeten, die Liste der Personen mitzubringen, die wir beobachten.« Sie hielt den anderen Schnellhefter hoch. »Und diese hier, die ohne die Spektrogramme wertlos ist, wie Sie bereits wissen.« Sie schwieg kurz. »Sie haben in Bagdad etwas gefunden, stimmt’s? Ein Tonband?«
Mills nickte zögernd. »Ja, es ist ein Band. Aber nicht sie haben es gefunden, sondern wir. Hier in London.«
Das überraschte Kharmai; in solchen Fällen war es üblich, mit dem MI5 zusammenzuarbeiten. In einem befreundeten Land nahm die CIA die Dinge selten in die eigene Hand. »Und weiter?«
Mills lehnte sich seufzend zurück und dachte nach. Es war eine schwere Entscheidung. Wenn er Kharmai einweihte, konnte die Geschichte so enden, dass sie nach Langley zurückberufen wurde. Sie war ein wertvolles Mitglied seines Teams, und falls die Aufnahme etwas enthielt, worauf man aufbauen konnte, würde sie das wahrscheinlich als Chance begreifen, ihre Karriere voranzubringen.
Ihm war bewusst, dass sie sich in der Botschaft nicht wohlfühlte. Nach ihrem gemeinsam mit Kealey errungenen Erfolg im letzten Jahr hatte sie vermutlich mit einem Karrieresprung bei der Antiterroreinheit gerechnet, vielleicht sogar mit einer Führungsposition. Nach allem, was er über ihre Verdienste wusste, war er geneigt, diese Hoffnung für gerechtfertigt zu halten. Er traf eine Entscheidung.
»Okay, Kharmai, die Lage sieht folgendermaßen aus. Vor zwei Tagen wurde die endgültige Liste mit den Namen der Personen veröffentlicht, die dem Bombenanschlag im Babylon Hotel zum Opfer gefallen sind. Wie es mit al-Maliki steht, wissen Sie?«
Sie nickte. Der irakische Premierminister hatte schwere Verletzungen erlitten und war noch nicht außer Lebensgefahr. Er wurde an einem unbekannten Ort behandelt. Die Medien hatten sich wilden Spekulationen überlassen; ein Sender war sogar so weit gegangen, Porträts von al-Malikis möglichen Nachfolgern auszustrahlen. Aber allmählich ließ die Hysterie nach, und es sah so aus, als würde der Premierminister überleben.
»Wir mussten auf diese Liste warten, um zu sehen, wer tot und wer verschwunden ist«, fuhr Mills fort. »Der Manager des Hotels kam ums Leben, wie die meisten von al-Malikis Leibwächtern. In der Hinsicht war er sehr gewissenhaft; seine Bodyguards waren handverlesen, und deshalb sind die Überlebenden
über jeden Verdacht erhaben. Auch die Wachtposten am Tor haben wir von unserer Liste gestrichen. Sie
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