Der Attentäter - The Assassin
zumindest nichts von einem, der offiziell im Rahmen der internationalen Wiederaufbauhilfe tätig wäre.«
Kharmai nickte und griff nach ihrem Becher. Der Kaffee war fast kalt. »Dann könnte die zweite Stimme auf dem Band diesem Kohl gehören?«
»Meiner Meinung nach ist das gut möglich. Ich möchte, dass Sie das Band zu unseren britischen Freunden bringen, damit sie überprüfen, ob sie ein Spektrogramm gespeichert haben,
das dieser Stimme entspricht. Das Gespräch wurde auf Arabisch geführt … Ist das ein Problem?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich nicht.«
»Gut. Eine Kopie des Bandes liegt für Sie bereit.« Mills lehnte sich zurück und studierte nachdenklich Kharmais Miene. »Falls Sie meine Hilfe brauchen, sehe ich darin kein Problem, aber ich würde es vorziehen, dass diese Geschichte diskret behandelt wird. Sie ahnen sicher, wo das Problem liegt. Niemand weiß, dass wir dieses Band überhaupt haben. Ich hoffe, dass Ihnen jemand von den Briten einen Gefallen schuldet.«
Kharmai packte lächelnd ihre Sachen zusammen. »Ich glaube, mir ist gerade genau der richtige Mann eingefallen, Sir.«
5
Falludscha
Mark Walland kniete auf der Ladefläche des dritten Pick-ups, der gewendet hatte und dessen Vorderseite nach Norden zeigte, in Richtung des Bahnhofs. Die anderen Fahrzeuge waren dreihundert Meter entfernt geparkt und hatten das Wendemanöver noch vor sich. Von seiner Position aus hatte Walland einen guten Blick auf die beiden irakischen Wachtposten mit den AK-47s, deren Läufe in Richtung der amerikanischen Soldaten zeigten.
Walland fühlte sich unbehaglich, obwohl er während der letzten Tage zweimal ähnliche Jobs mit Ryan Kealey erledigt hatte - und davor noch häufiger. Der Tausch von Dollars gegen Informationen und regionale Unterstützung war im Geheimdienstgeschäft nichts Neues, doch trotz seiner Jugend und begrenzten Erfahrung wusste er einiges über die Effektivität dieser Praxis. Für ein Bündel Banknoten konnte man allerlei Versprechen kaufen, erfuhr aber nichts über das wahre Wesen seines Gegenübers, und die Araber, zumindest diejenigen, mit denen sich die CIA eingelassen hatte, waren gewiefte Heuchler. Walland wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis wieder mal einer der Informanten glaubte, dass es das Geld einfach nicht wert war.
Er blickte auf die Uhr und rückte dann mit der linken Hand seine Baseballkappe zurecht. Seine Rechte umklammerte den Griff seines modifizierten M4-Scharfschützengewehrs, das mit einer Laser-Zielpunktvorrichtung und einem für schwierige
Lichtverhältnisse ausgelegten ACOG-Zielfernrohr ausgerüstet war. Doch trotz der Waffe, die ihre Brauchbarkeit im Ernstfall unter Beweis gestellt hatte, empfand er ein mulmiges Gefühl, denn seine Intuition sagte ihm, dass sich in den umliegenden Gebäuden wahrscheinlich jede Menge bewaffnete Aufständische aufhielten. Er war an einem sehr gefährlichen Ort und wusste es. Immerhin hatte er eine Waffe in der Hand. Kealey war in einer sehr viel prekäreren Lage. Er hatte nur einen Rucksack voller Bargeld dabei und musste auf das Wort eines sunnitischen Warlords vertrauen.
Der dunkle Flur war sehr viel länger, als man angesichts der Vorderseite des Gebäudes vermutet hätte. Nachdem man ihn vor der Haustür gefilzt hatte, wurde Kealey von zwei weiteren Kämpfern in Empfang genommen, die ihr Gesicht unter einer Kufija verborgen hatten. Er ging zwischen den beiden Männern, ihre Schuhsohlen knirschten auf den zerbrochenen Fliesen. Da es so düster war, sah Kealey nicht, wer sonst in der Finsternis lauerte, doch so bot sich die Chance, unauffällig einen Gegenstand aus seinem Rucksack zu ziehen, den er in den Bund seiner Hose schob. Dann zog er sein T-Shirt darüber. Seine Begleiter schienen nichts bemerkt zu haben.
Kurz darauf blieben sie vor einer Tür stehen. Einer der Iraker verschwand in dem Raum, kam zurück und forderte ihn zum Eintreten auf.
Der Raum war klein und spärlich möbliert. Das trübe Licht, das durch ein schmutziges kleines Fenster auf der rechten Seite fiel, reichte aus, um zwei Männer zu erkennen. Einer war ein mit einem AK-47 bewaffneter Wachtposten, der links neben dem Mann stand, den er zu beschützen hatte. Der saß in der Mitte des Raums, seine dicken Unterarme ruhten auf einem
nackten Metalltisch. Als er Kealey sah, wies er lächelnd auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches. Kealey setzte sich und ließ den Rucksack neben sich auf den Boden fallen. Er hörte,
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