Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
Vom Netzwerk:
in den kurzen Schacht unter der Luke und stieß sie auf. Sofort prasselte der Regen auf seinen Oberkörper. Er zog sich auf das Dach und sah sich um. Direkt vor ihm war das große Gehäuse einer Klimaanlage, das teilweise die Sicht auf die Häuser am anderen Ufer der Spree blockierte. Das Trommeln des Regens war so laut, dass er außer dem näher kommenden Heulen von Sirenen fast nichts hörte.
    Er stieg in den Schacht zurück und kletterte die Leiter hinab, um nach Kharmai zu schauen. Als er um die Ecke bog, sah er, dass sie stand, wenn auch an die Wand gelehnt. Offensichtlich hatte der Schock nachgelassen, aber ihr Blick war immer noch verschleiert, und er fragte sich, ob sie vielleicht eine Gehirnerschütterung davongetragen hatte. Er packte ihren heilen Arm und zog sie durch die Tür in Richtung Leiter. Die Schreie aus den unteren Etagen wurden schriller. Er wusste, dass es keine Feuerleiter gab, aber er konnte nichts für die Hausbewohner tun. Er dachte einzig und allein daran, Kharmai mit heiler Haut aus dem Haus zu bringen.
    Als sie vor der Leiter standen, schaute er ihr in die Augen. »Du musst da hochsteigen, Naomi. Hörst du, was ich sage? Hast du mich verstanden?«
    Sie nickte, und für einen kurzen Moment wirkte ihr Blick klar. Dann griff sie nach der Leiter und begann, sie hochzusteigen, doch schon nach ein paar Sprossen hielt sie inne. Er war direkt hinter ihr und drängte sich an sie, um zu sehen, was nicht stimmte. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt und verschwitzt, und sie hatte die Augen geschlossen.
    »Tut mir leid«, keuchte sie. »Dieser Arm bringt mich um.«
    »Ich weiß, aber wir müssen verschwinden.« Mittlerweile drang der beißende Rauch bis nach hier oben, und obwohl die Luke offen war, mussten sie würgen. »Wir müssen aufs Dach. Komm schon, kletter weiter.«
    Kurz darauf griff sie nach der nächsten Sprosse, und nach einer scheinbaren Ewigkeit waren sie auf dem Dach. Sie ließ sich auf den nassen Kies fallen, völlig außer Atem, noch immer mit schmerzverzerrtem Gesicht. Er packte ihre Bluse, zog sie zu dem Gehäuse der Klimaanlage und zog seine Waffe.
    Der erbarmungslos niederprasselnde Regen schien ihre Lebensgeister zu wecken. Sie setzte sich auf und bemerkte die Pistole in seiner Hand. »Was hast du vor?«
    Er antwortete nicht. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Irgendetwas an der Art der Explosion kam ihm im Nachhinein seltsam vertraut vor. Er versuchte, alles auszublenden, den lärmenden Sturm, die Sirenen, die heiseren Schreie. Als er eben in das Büro gegangen war, um nach Bennett zu sehen, waren ihm auf dem Boden Unmengen von Kugellagerkugeln aufgefallen, Projektile, die auch bei der Antipersonenmine Claymore M18 Verwendung fanden. Doch was er für einen Sekundenbruchteil erblickt hatte, als Bennett die Vorhänge zurückzog, hatte nicht wie eine dieser Minen ausgesehen.
    Aber es war etwas Ähnliches, etwas, das er schon einmal gesehen hatte …
    Dann fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Vor neun Jahren hatte Will Vanderveen auf einem Übungsgelände der Army eine solche Konstruktion zur Explosion gebracht. Plötzlich wurde alles klar. Vanderveen hatte nicht nur Rühmann getötet, sondern bei dem nachfolgenden Anschlag seine persönliche Handschrift erkennen lassen, und jetzt wusste Kealey genau, wie er die Detonation herbeigeführt hatte. Vanderveen
war einer der besten Scharfschützen, die ihm je begegnet waren, er hatte bei der U. S. Army eine entsprechende Spezialausbildung absolviert. Er hatte den Stromkreis durch einen Schuss aus sicherer Distanz geschlossen, und die Dächer auf der anderen Seite des Flusses waren ideal dafür geeignet.
    Einen soliden Beweis hatte er nicht für seine Theorie, doch er verdankte sein Überleben seit Jahren der Entscheidung, seiner Intuition zu vertrauen, und in diesem Fall sagte sie ihm, dass er sich nicht irrte. Er zweifelte nicht an Vanderveens Täterschaft und war sich darüber hinaus auch sicher, dass er noch irgendwo da draußen lauerte, um den Job zu beenden.
    Er presste den Rücken gegen das Gehäuse der Klimaanlage und tastete sich zur Ecke vor, ganz auf den Augenblick konzentriert. Wie naiv er gewesen war, er konnte es nicht fassen. Dass sie in dem Büro überlebt hatten, war reines Glück, das ihnen auch danach treu geblieben war, als sie durch die Dachluke geklettert waren. Hätte Vanderveen sie im Visier gehabt, hätte er sofort abgedrückt. Aber ihm war klar, dass sie sich ab jetzt nicht mehr auf ihr Glück verlassen konnten. Der

Weitere Kostenlose Bücher