Der Attentäter - The Assassin
beeindruckt und schüttelte lächelnd den Kopf. »Ich melde mich, wenn es vorbei ist.«
Er unterbrach die Verbindung, lehnte sich zurück und beobachtete das Lagerhaus auf der anderen Straßenseite. Kealey und die Frau waren noch keine Minute in dem Gebäude, und er fragte sich, was sie dort erwartet hatte. Schüsse hatte er nicht gehört, doch das hatte angesichts der dicken Mauern des Lagerhauses nichts zu bedeuten. Es war ein merkwürdiges Gefühl, genau zu wissen, dass ein paar Schritte weiter Menschen starben, ohne dass man Augenzeuge war. Ein etwas enttäuschendes Gefühl.
Er wartete und fragte sich, wer letzten Endes lebend durch die Tür nach draußen treten würde.
In dem Lagerhaus kniete Kealey neben Cranes Leiche nieder, während Kharmai ihn beobachtete, zunehmend von Beklommenheit gepackt. Nach einem scheinbar endlosen Augenblick hob er den Kopf und starrte sie ungläubig an. »Mein Gott, was hast du getan, Naomi?«
»Ich weiß nicht, wie es passieren konnte«, hörte sie sich sagen. Sie hielt immer noch Fosters Waffe in der Hand und fragte sich völlig desorientiert, was hier eigentlich geschah.
»Um Himmels willen, warum hast du sie erschossen?«
»Was meinst du? Sie hatte eine Waffe, Ryan, ich …«
»Sie hatte nichts mit dieser Geschichte zu tun.« Er überprüfte mechanisch, ob sich Cranes Puls noch fühlen ließ, schüttelte aber sofort den Kopf. »Sie ist tot. Mein Gott, du hast sie umgebracht.«
»Nein, ich …« Sie spürte, wie ihr ein schrecklicher Schmerz die Brust zuschnürte, und schüttelte den Kopf, als wollte sie die Ereignisse nicht wahrhaben. »Crane steckte mit Vanderveen unter einer Decke, du hast es selbst gesagt. Sie war gegen uns .« Als sie seine grimmige Miene sah, verstummte sie.
»Es war nicht Crane, Naomi. Sondern Foster, nur er, die ganze Zeit. Rudaki hat es vor einer knappen Stunde bestätigt.«
»Das ist unmöglich.« Ihre Stimme klang schrill, fast hysterisch. Es konnte nicht sein, dass sie eine Unschuldige erschossen hatte. Es musste ein Albtraum sein, irgendeine entsetzliche Sinnestäuschung. Es gab keine andere Erklärung. »Es ist einfach unmöglich.«
Kealey stand auf, ohne sie anzusehen. »Sie hatte nichts damit zu tun, Naomi …«
»Sag, dass es nicht wahr ist, Ryan.« Sie trat zwei Schritte zurück, hektisch den Kopf schüttelnd. »Sag, dass es nicht wahr ist.« Noch immer Fosters Waffe in einer Hand haltend, presste sie die andere auf ihren Mund, mit weit aufgerissenen Augen und einem ungläubigen Blick. Eine halbe Minute stand sie reglos da, um dann, als ihr seine Worte wirklich bewusst wurden, vor der offenen Bürotür auf den Boden zu sinken.
Nachdem sie eine halbe Ewigkeit ins Leere gestarrt hatte, schüttelte sie langsam den Kopf, und dann schien sie alles mit voller Wucht zu treffen. Er sah, wie sich auf ihrem Gesicht Schuldgefühle, Trauer und Reue spiegelten. Jetzt war jede Hoffnung verflogen, alles könnte nur ein böser Traum gewesen
sein. Aus persönlicher Erfahrung wusste er, dass das nur der Anfang war. Es tat ihm weh, sie so zu sehen, weil ihm nur zu klar war, dass es schlimmer werden würde. Viel schlimmer …
Er wandte den Blick ab, mit widersprüchlichen Gefühlen kämpfend. Einerseits war er über alle Maßen erleichtert, dass sie lebte und unverletzt war, andererseits wütend darüber, was sie getan und was sie sich selbst damit angetan hatte. In einer Affekthandlung hatte sie einen Fehler gemacht, den sie nie wieder rückgängig machen konnte und der sie bis ans Ende ihrer Tage verfolgen würde.
Er blickte in Samantha Cranes Gesicht. Ihre sanften braunen Augen waren geöffnet, wie ihre Lippen. Im Tod wirkte ihr Gesicht auf eine seltsame Weise friedlich. Es war nicht zu fassen, dass sie tot war, noch vor ein paar Augenblicken war sie ihm so lebendig und voller Vitalität erschienen. Das Einschussloch auf ihrer rechten Wange war kaum zu sehen, aber ein dünnes Blutrinnsal lief über ihre Haut auf den Boden. Als er so in ihr lebloses Gesicht blickte, war er versucht, Naomis Beispiel zu folgen, sich einfach erschöpft auf den Boden zu setzen und auf die Polizei zu warten. Aber es ging nicht. Vanderveen und Nazeri waren auf freiem Fuß, und die Zeit wurde knapp.
Er ging zu ihr, kniete neben ihr nieder und schüttelte ihren Arm, um sie aus ihrer Trance zu reißen. »Hast du mit Vanderveen geredet, Naomi? Hat er etwas über die Bombe gesagt?«
Entweder wollte sie es immer noch nicht wahrhaben, oder sie stand unter Schock, es war
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