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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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Entschluss kam, dass Kealey voll hinter seinen Worten stand, gab er seinen Befehl, knapp und unwiderruflich.
    Kealey versuchte nicht, der Entscheidung des Generals zu widersprechen. Ihm war es egal, dass man ihm nicht gestattete, Kassem auf dem Stützpunkt zu verhören. Tatsächlich war ihm der Ort völlig gleichgültig, wenn er nur die gewünschten Antworten aus dem Iraker herausbekam. Letztlich fragte er nur um die Erlaubnis, den Gefangenen wieder mitnehmen zu dürfen, eine Bitte, der gern entsprochen wurde.
    Nichts von alledem interessierte ihn. Wenn er Owen genau von seinen Absichten erzählt hätte, bevor sie in das Jolan-Viertel fuhren, hätte dieser nie die nötige Feuerkraft zur Verfügung gestellt, die er brauchte, um Kassem aus dem Haus und aus der Stadt zu bringen. Selbst jetzt, wo er Zeit zum Nachdenken hatte, empfand er kein Schuldgefühl, weil er seinen früheren
Kommandeur hinters Licht geführt hatte. Er hatte getan, was getan wurden musste, und nun hatte er die Informationen, die die Richtigkeit seines Handelns bewiesen.
    Er lehnte sich an die kühle Hauswand und rieb sich die durch Schlafmangel schmerzenden Augen. Aus einer gewissen Entfernung betrachtet, hätten die Flecken auf seinen Händen Dreck sein können, der vom morgendlichen Licht rötlich gefärbt wurde. Zu dieser frühen Stunde war die blass orangefarbene Sonne von einem purpurnen Dunst umgeben. Der Anblick war wunderschön, und doch hatte der Sonnenaufgang etwas zugleich auf seltsame Weise Düsteres. Er versprach einen neuen Tag, brachte aber auch Erinnerungen mit sich, deren drückende Last er nicht abschütteln konnte. Die immer gleichen Leiden, die er schon seit zehn Monaten ertragen musste.
    Trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden. Wenn er die Zeit nicht gewusst, wenn er nicht die ganze Nacht damit verbracht hätte, Kassem zu verhören, hätte er geglaubt, die Sonne würde nicht auf-, sondern untergehen. Und ein Sonnenuntergang, so sah er es, wäre sehr viel passender gewesen. Schon seit langer Zeit hatte er das Gefühl, an einem Endpunkt angekommen zu sein. Er hatte sich auf eine seltsame Weise daran gewöhnt, denn er hatte zu viel verloren, um noch einen Neuanfang machen zu können.
    Dann schaute er weg. Der Sonnenaufgang war zu perfekt, zu schön für diesen Ort, und er hatte seinen Job noch nicht erledigt.
    Er zog die Beretta aus dem Holster, überprüfte, ob sie geladen war, entsicherte sie und trat in das Haus. Hinter ihm war alles hell, vor ihm nichts als Dunkelheit.

11
    Latakia
    Seit zwei Tagen waren sie pausenlos in Bewegung. Es war keine Zeit geblieben, durch Schlaf den endlosen Stress abzuschütteln - abgesehen von den drei Stunden, wo er auf dem zerbrochenen Kunststoffsitz im Bus nach Latakia eingenickt war. Jetzt führte Kohl Telefonate im hinteren Teil des schmuddeligen Cafés Weißer Palast. Raschid al-Umari saß vornübergebeugt und reglos an einem zerkratzten Ecktisch, sein Kopf lag auf den verschränkten Armen.
    Er war erschöpft. Für ihn war es eine neue Erfahrung, permanent in Bewegung zu sein, doch jetzt hatten sie ihr Ziel bald erreicht, und es wurde gefährlich.
    Während der letzten drei Tage hatte es immer eine Warnung gegeben. In der irakischen Hauptstadt waren die nach Sadr City hineinführenden Straßen mit Müll und ausgebrannten Autos verbarrikadiert worden - den Wracks jener Fahrzeuge, die einst mit Sprengstoff bepackt an Straßen abgestellt worden waren, wo amerikanische Soldaten patrouillierten. Als die Razzia begann, mussten die Amerikaner die traurige Aufgabe übernehmen, zuerst die Wracks wegzuschaffen, bevor sie auf al-Sadrs Terrain vorstoßen konnten. Die Räumaktion erforderte Zeit, und ein Kind, dem man mit einer bedeutungslosen Rangbezeichnung seine Wichtigkeit als Kämpfer suggeriert hatte, griff zum Telefon, als im Morgengrauen die amerikanischen Bradleys anrollten.

    Was dieses Treffen anging, würde es keine Warnung geben. Wenn die Amerikaner im Voraus Ort, Zeit und - noch wichtiger - die Namen der Teilnehmer erfahren hatten, würden sie mit einem Luftschlag reagieren. Dann wäre in einem Augenblick alles vorbei. Er wusste, dass das Wissen um diese Gefahr den Deutschen zu so extremer Vorsicht trieb. Doch sein, al-Umaris Angebot war unwiderstehlich und würde die anderen trotz aller Risken magnetisch anziehen. Dann konnten sie damit beginnen, den Plan in die Tat umzusetzen.
    Das war alles, worauf es ankam. Er wusste, was man von ihm verlangen würde, und war vorbereitet.
    Al-Umari

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