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Der Attentäter - The Assassin

Der Attentäter - The Assassin

Titel: Der Attentäter - The Assassin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Britton
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Hilfe angefleht, darum gebettelt, dass er das Geschehene irgendwie rückgängig machte. Aber er war hilflos. Will Vanderveen hatte seine einzige schwache Stelle entdeckt und ihm alles genommen, das ihm je wirklich wichtig gewesen war. Und die Chance, die Dinge zu vergessen, die er gesehen und getan hatte. Die Chance, ein neues Leben zu beginnen mit der Frau, die er liebte.
    Er atmete tief durch, blickte auf und sah im Spiegel seine gehetzt wirkenden Augen. Für einen Sekundenbruchteil war er versucht, mit der Faust auf sein Spiegelbild einzuschlagen. Vor einem Jahr hätte er es vielleicht tatsächlich getan, doch in den letzten Monaten hatte der Zorn stückweise nachgelassen. An seine Stelle waren das Schuldgefühl und die Verzweiflung getreten, die sich mit langer Trauer und dem Vergehen der Zeit einstellen.

    Plötzlich tauchte ein zweites Gesicht in dem Spiegel auf. Naomi Kharmai hätte schon stundenlang dastehen können, er hätte es nicht bemerkt. Sie schien kurz davor zu stehen, in Tränen auszubrechen, und für einen Moment fragte er sich, ob es Tränen des Mitgefühls oder der Scham darüber sein würden, dass sie für sein Leiden verantwortlich war. Beides hätte ihn nicht überrascht.
    »Es tut mir so leid, Ryan.« Sie suchte nach Worten, ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. »Harper hat es mir gerade erzählt. Ich wusste es nicht, ich schwöre es …«
    »Eben hast du etwas anderes gesagt, Naomi. Du hast gesagt, er hätte dir alles erzählt.«
    Sie zögerte, seine Stimme klang zu ruhig. »So … so habe ich es nicht gemeint …«
    »Mach dir deshalb keine Gedanken.« Er drehte sich abrupt um und war plötzlich wieder ein anderer Mensch, ein Mensch mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck. »Mir geht’s gut, okay? Wir sehen uns morgen.«
    Sie zögerte erneut. »Ryan, ich bin hier. Wenn du reden möchtest …«
    »Kein Bedarf.« Er schaute ihr in die Augen, und sein Blick ließ keinen Zweifel an seinen Worten. »Wir sehen uns morgen.«
    Schließlich ging sie, mit unentschlossenen Schritten. Dann fiel die Tür ins Schloss, und Kealey starrte wieder in das Waschbecken.

19
    Dordogne, Frankreich
    Die Vegetation des Loire-Tals bot zu Herbstbeginn einen farbenprächtigen Anblick, doch der Himmel war monoton grau. Die Heizung des Mercedes lief auf vollen Touren, da es kalt war, doch in dem Wagen war es fast zu warm.
    Vanderveen saß am Steuer. Er ließ das Fenster ein paar Zentimeter herab, unterdrückte ein Gähnen und versuchte, seine Rückenschmerzen zu ignorieren. Erst jetzt bekam er zu spüren, dass er mehrere Wochen ständig auf Achse gewesen war und unter Stress gestanden hatte. Er war dankbar, dass der Wagen geräumig war und anständige Sitze hatte. Raseen saß auf dem Beifahrersitz und blickte geistesabwesend aus dem Fenster, wie schon seit einigen Stunden. Sie waren durch Rocamadour gekommen, durch Tours mit seiner prächtigen Kathedrale und durch Sarlat, eine Stadt, die sich in den achthundert Jahren seit ihrer Gründung kaum verändert hatte. Unterwegs hatten sie einige bemerkenswerte Bauwerke gesehen, doch keines davon hatte Raseen einen Kommentar entlockt.
    Von der Bäckerei im achten Arrondissement waren sie kurz zum Boulevard Gouvion Saint-Cyr gefahren, einer von Bäumen gesäumten Straße, die direkt vor dem Haupteingang des Hotels Le Meridien Étoile vorbeiführte. Sofort sah er, dass sie eine gute Wahl getroffen hatte, der Ort war fast perfekt für ihr Vorhaben geeignet. Danach hatte ein kurzer Zwischenstopp in einem Internet-Café etliche von Vanderveens Sorgen zerstreut;
er erfuhr, dass es hier neben der zentralen Polizeistation im siebzehnten Arrondissement nur noch zwei Polizeiwachen gab, beide im Nordosten und über sieben Kilometer von dem Hotel entfernt. Als sie zu der Tiefgarage fuhren, fiel ihm auf, dass in der Südhälfte des Viertels kaum ein Polizist zu sehen war. Nachdem sie ein paar Einkäufe erledigt hatten, steuerte er den Wagen durch ein Gewirr von engen Straßen, und ein paar Minuten später war er auf der D50. Bald hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und fuhren in südlicher Richtung durch das ländliche Frankreich.
    Bei jedem Stopp in Paris hatte Raseen noch einmal ruhig wiederholt, welche Informationen sie in der letzten Woche gesammelt hatte. Dass sie glaubte, ihm alles zweimal erzählen zu müssen, störte Vanderveen nicht im Geringsten; er nahm es als Indiz für ihre bemerkenswerte Gewissenhaftigkeit. Und doch war seine Hauptsorge nicht zerstreut. Es

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