Der Attentaeter von Brooklyn
und durchquerte den Raum.
Der arabische Polizist erhob sich halb, den Telefonhörer am Ohr, schüttelte Omar Jussuf die Hand und legte sich in der traditionellen Geste der Herzlichkeit die Hand aufs Herz. Von einem Stuhl vor seinem ramponierten Schreibtisch räumte er eine große Packung mit Milchproteinen beiseite, auf deren Etikett ein absurd muskelbepackter Mann sich anschickte, ein Paar Hanteln zu stemmen, und bat Omar Jussuf mit einer Geste, Platz zu nehmen.
Chamis Sejdan setzte seinen Fuß auf einen Stapel Bodybuilding-Zeitschriften neben dem Schreibtisch. Omar Jussuf blickte auf die kräftigen Sehnen auf der gebräunten, eingeölten Brust des Modells auf dem Titelblatt neben dem Schuh seines Freundes. Neben den Zeitschriften lag ein Stapel Gemeindezeitungen. Er las die Schlagzeile auf dem oben liegenden Blatt. Junger New Yorker 2. beim int. Koranwettbewerb . Der Mord des verschleierten Mannes wird das aber von der Titelseite der moslemischen Presse verdrängen , dachte er.
»Ich schicke einen uniformierten Beamten vorbei, um mit ihnen zu reden, Missus Pierre«, sagte Hamsa. Er sah den Telefonhörer in seiner Hand ungeduldig an. »Keine Sorge. Danke für Ihren Anruf.«
Er legte den Hörer auf und verdrehte die Augen zur Decke. »Bei Allah, diese Leute sind verrückt«, sagte er. »Möge Allah Ihnen derlei ersparen, Ustas Abu Ramis. Wie geht es Ihnen?«
»Allah sei Dank, Hamsa. Das ist mein Freund Abu Adel.«
Der Sergeant rollte einen Stuhl vom benachbarten Schreibtisch zu Chamis Sejdan. »Sind Sie der Abu Adel, der Polizeichef in Bethlehem ist?«
Chamis Sejdan nickte und verschränkte die Hände im Schoß. »Und Sie sind der Hamsa Abajat, dessen Verwandte wie eine Gangsterbande meine ganze Stadt in Aufruhr versetzt haben.«
»Ihre Stadt? Soviel ich weiß, sind Sie erst vor zehn Jahren nach Bethlehem gekommen, als der Alte Sie aus dem Exil in Tunis mitbrachte.«
»Solange ich Polizeichef bin, ist es meine Stadt.«
»Abu Adel, dies ist nicht der richtige Ort.« Omar Jussuf berührte das Knie seines Freundes.
Hamsa starrte in den grauen Himmel vorm Fenster. »Polizeiarbeit ist nie einfach. Wir stehen alle vor unterschiedlichen Herausforderungen – und Fehlschlägen.«
So spricht ein wahrer Polizist, bedächtig und besonnen, dachte Omar Jussuf. Mein Freund ist der Bethlehemer Polizeichef, aber tief in seinem Herzen ist er immer noch ein Kämpfer, der an seiner Leidenschaft festhält und vor Empörung fast platzt .
Chamis Sejdan holte seine Zigaretten heraus. Hamsa deutete mit dem Finger auf einen Aufkleber an der Wand, auf dem Rauchen gesetzlich verboten stand. Chamis Sejdan steckte das Päckchen wieder ein. »Du Eselsarsch«, flüsterte er.
Hamsa räusperte sich. »Ich habe eben mit einer haitianischen Dame telefoniert, die sagt, dass ihre Nachbarn Voodoo gegen sie praktizieren. Sie behauptet, sie hätten als Drohung weißes Pulver auf ihre Türschwelle gestreut. Ich muss eine Streife hinschicken, die den Nachbarn sagt, dass sie kein Pulver auf die Schwelle der Dame streuen sollen.«
»Das ist ja lächerlich«, schnaubte Chamis Sejdan.
»Manchmal kann eine reale Bedrohung lächerlich wirken, Abu Adel. Üble Nachrede tropft von Amerikanern ab wie der Regen von Abu Ramis’ schönem neuen Mantel, aber für uns Araber ist sie so schmerzhaft wie der Stich eines jemenitischen Messers.«
»Wenn sich die Kämpfer in Bethlehem mit weißem Pulver und Voodoosprüchen begnügen würden, könnte ich mich glücklich preisen«, sagte Chamis Sejdan.
»Sie glauben also, es sei einfacher, in Brooklyn Polizist zu sein als in Bethlehem? Letzte Woche haben wir einen menschlichen Fötus in der Gosse gefunden.«
»Haben Sie auch die Besitzerin gefunden? Ich meine die Mutter?«, sagte Omar Jussuf.
»Wir sind auf der Straße einer Blutspur gefolgt. Ein Mädchen aus Puerto Rico hat auf dem Bürgersteig eine Fehlgeburt gehabt und das Baby einfach liegen lassen.«
»Arme Frau.«
»Sie war erst ein Mädchen. Die Zeitungen haben über sie nicht so berichtet, wie sie über das Blutvergießen in Bethlehem schreiben.« Hamsa legte den Ellbogen auf die Papiere, die seinen Schreibtisch bedeckten. »Aber ich habe die Beschämung des Mädchens gesehen, als sie uns die Tür öffnete. Ihr Fall ist mir nicht weniger wichtig als ein Krieg in meiner Vaterstadt.«
Chamis Sejdan rieb sich das Kinn. »Möge Allah diese Zeiten verfluchen«, murmelte er.
»Vertrauen wir auf Allah«, sagte Hamsa.
Sie schwiegen. Omar Jussuf beugte sich
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