Der Attentaeter von Brooklyn
Rania. Sie wissen doch, wie Mädchen manchmal sein können?«
»Schon gut.«
»Nachdem Sie gegangen sind, hat sie sich beruhigt und meinem Vorschlag zugestimmt. Sie ist mit Ala einverstanden.«
»Einverstanden?«
»Die Verlobung einzugehen.«
Omar Jussuf blinzelte. »Ich werde sehen, was er darüber denkt, sobald er aus dem Gefängnis heraus ist. Dank ihrer Aussage.«
»Und schon sehr bald, Ustas .«
Omar Jussuf versuchte, seinen Ellbogen wegzuziehen, aber Marwan hielt ihn immer noch fest und grinste noch breiter.
»Sie verstehen, dass ich Ihrem Sohn gegenüber väterliche Gefühle hege, da wir hoffen dürfen, dass ich bald sein Schwiegervater sein werde. Väterliche, fürsorgliche Gefühle. Aus diesem Grund muss ich sagen, dass dies nicht der richtige Moment ist, ihn freizulassen, mein lieber Abu Ramis.«
»Im Gefängnis kann Rania ihn aber schlecht heiraten.«
»Vielleicht nicht.« Marwan rieb sich durchs Gesicht. »Sie kann ihn aber ganz bestimmt nicht heiraten, wenn er tot ist.«
Omar Jussuf gab seinen Widerstand gegen den Griff des Cafébesitzers auf.
»Wenn er das Gefängnis verlässt, Ustas «, sagte Marwan, »könnte er ein leichteres Ziel abgeben.«
»Ein Ziel für wen?«
Marwan blickte zu Chamis Sejdan, der unter der Markise des Kleiderladens eine Rothmans rauchte. »Das kann ich nicht –« Er schluchzte. »Sie haben mich am Haken. Anders kann ich Ala nicht helfen.«
»Wer sind sie ?« Omar Jussuf packte den großen Mann am Kragen. »Wer?«
»Lassen Sie ihn, wo er ist, Ustas . Er wird meiner Rania ein guter Ehemann sein. Er wird sich um sie kümmern, wenn ich nicht mehr da bin, und er ist ehrlich –«
»Nicht mehr da?«
»– und er hat nichts mit dunklen Geschäften zu tun.«
»Sie meinen, nicht wie Nisar?«
»Lassen Sie ihn, wo er ist.«
»Das kann ich nicht.«
Aus Marwans Schluchzen waren Tränen geworden. »Ich versuche zu überleben, mehr nicht«, sagte er. »Ich bin kein schlechter Kerl.«
»Marwan, was genau weiß Ala? Warum würde ihm jemand etwas antun wollen?«
»Er weiß gar nichts. Aber sie wissen das nicht. Es könnte sein, dass sie denken, dass er alles weiß. Er könnte der Nächste sein.«
»Sagen Sie mir, wer sie sind.«
Als Marwan seine braunen Augen hob, wusste Omar Jussuf, dass sich der Mann in jener Gefahr befand, aus der es keinen Ausweg gab, und je stärker er sich dagegen wehrte, desto fester umschloss sie ihn. In Bethlehem hatte er Männer gekannt, die in die Kollaboration gezogen worden waren; die ersten Geschäfte mit den Israelis waren ihnen harmlos vorgekommen, eine Methode, eine Reiseerlaubnis oder ein Krankenhausbett zu ergattern, aber dann mussten sie feststellen, dass sie nach und nach in völliger Amoral versanken und keine andere Wahl mehr hatten, als am Tod anderer Menschen mitzuwirken. Wer hatte solche Macht über Marwan?
»Ich bin derjenige, der Nisars Leiche entdeckt hat«, sagte Omar Jussuf. »Ein Junge, den ich geliebt habe, ist abgeschlachtet worden. Ich muss zur Polizei, um meinen Sohn freizubekommen, damit man sich darauf konzentrieren kann, den wirklichen Mörder zu finden.«
»Sie waren da? In der Wohnung?«, sagte Marwan. »Dann sind sie auch hinter Ihnen her.«
Omar Jussuf dachte an den Jeep, der auf ihn zugerast war, über den Bordstein hinweg, und er zitterte in seinem neuen Mantel. »Wir gehen aufs Polizeirevier. Man wird auch Sie schützen. Kommen Sie mit.«
»Lassen Sie den Jungen im Gefängnis, Ustas «, sagte Marwan. Er lächelte hoffnungslos und resigniert wie ein Mann, der vor einem mathematischen Problem steht, von dem er weiß, dass er es nicht lösen kann. »Bitte kommen Sie vorbei und reden mit mir. Wir werden die Verlobung besprechen. Möge Allah Ihr Leben und das Leben Ihres Sohns verlängern.«
Omar Jussuf sah Marwan nach, wie er gebeugt die Straße bis zu seinem Café entlangging. Chamis Sejdan schnippte den Zigarettenstummel auf den Gehweg und lächelte mit einem Mundwinkel. »In dieser Stadt ist es hart, ein ehrenwerter Geschäftsmann zu sein«, sagte er.
Omar Jussuf kickte die Kippe in den Rinnstein und wandte sich wieder in Richtung Polizeirevier.
Kapitel
13
In seinen durchnässten Schuhen stieg Omar Jussuf mit schweren Schritten durchs Treppenhaus zum Polizeibüro des 68. Bezirks hinauf; Streifenpolizisten und Beamte in Zivil eilten an ihm vorbei. Atemlos vom Anstieg winkte er zwischen grauem Metallmobiliar Sergeant Hamsa Abajat zu, dessen Schreibtisch in eine Ecke bei einem hohen Fenster gezwängt war,
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