Der Attentaeter von Brooklyn
ich.«
»Wie Sie sagen, gibt es ja auch keinen Grund, sie einzuschalten.« Omar Jussuf bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln, aber es missriet zu einem Augenzwinkern und Lippenzucken.
Hamsa trommelte auf der Tischplatte herum. »Wär’s das jetzt, Ustas ? Ich muss los.«
»Was unternehmen Sie, um Raschid aufzuspüren?«, fragte Chamis Sejdan. »Vielleicht hat er die Antworten.«
Hamsa stand auf und griff nach seinem Mantel, der über der Stuhllehne hing. »Wenn er noch lebt, finden wird ihn.«
Omar Jussuf stieß ungeduldig die Luft aus. »Werden Sie meinen Sohn jetzt freilassen? Sie haben keinen Grund mehr, ihn festzuhalten.«
»Für das Alibi habe ich nichts als Ihr Wort.«
»Dann überprüfen Sie es.« Omar Jussuf schlug mit der Hand auf die Stuhllehne.
Hamsa reckte die kräftigen Schultern und ging zur Milchglastür am Eingang zum Polizeibüro.
Im Vorbeigehen berührte Chamis Sejdan seinen Arm. »Die Drogen hier – woher kommen die zumeist?«
»In letzter Zeit aus dem Libanon.«
Chamis Sejdans Schnauzbart zuckte. »Nur in letzter Zeit?«
»Früher hat die libanesische Armee die Haschischfelder im Bekaatal gerodet. Aber seit die Israelis sich 2006 den idiotischen Krieg mit der Hisbollah lieferten, befinden sich alle libanesischen Soldaten im Süden, falls die Israelis versuchen sollten, nach Beirut vorzustoßen.«
»Und der Drogenhandel floriert wieder im Bekaatal?« Omar Jussuf blickte finster drein.
»Das ist richtig.«
Omar Jussuf folgte Hamsa zum Ausgang. Er schwitzte im überheizten Polizeibüro. »Sie unterstellen meinem Sohn doch nicht etwa, dass er etwas mit dem Drogenhandel zu tun hat? Er ist Computertechniker.«
»Die Chefs der Hamas sind alle Ingenieure und Doktoren«, sagte Hamsa. »Der Gründer des Islamischen Dschihad war Arzt.«
»Wir sprechen von meinem Sohn, nicht von diesen Hitzköpfen. Ala ist unschuldig.« Omar Jussuf ergriff Hamsas große Fäuste und presste sie sich an die Brust. »Lassen Sie ihn laufen, bitte.«
»So Allah will.« Hamsa begann, die spartanische Treppe hinabzusteigen. Seine Schritte hallten von den gekalkten Wänden wider. »Vielleicht können Sie mir mit ein paar Hintergrundinformationen aus der Heimat helfen. Erzählen Sie mir etwas von Nisars Vater.«
Omar Jussuf warf Chamis Sejdan einen Blick zu. »Er war eine große Nummer in der PLO – in der richtigen PLO. Er wurde hier in New York ermordet, weil er mit den Israelis Frieden schließen wollte.«
»Von wem ermordet?«
»Vielleicht von jemandem aus der PLO? Ich weiß es nicht. Seine Familie glaubt, dass es der Mossad war.«
»Der Mord wurde nie aufgeklärt?« Hamsa sah Chamis Sejdan an, der es kaum erwarten konnte, sich eine Zigarette anzustecken, und sie in der Schachtel schüttelte, als sie sich dem Ausgang näherten. »Dann sind Intrigen und Mord also nichts Neues für Nisars Familie.«
Das wusstest du doch längst, nicht wahr?, dachte Omar Jussuf. Mit Nisars Familienhintergrund würde man nie auf die Idee kommen, dass er ein unschuldiges Opfer war .
»Wo können wir die Bande finden?«, fragte Omar Jussuf. »Diese PLO-Leute?«
»Eine Kellermoschee in einem Mietshaus am anderen Ende der Fifth Avenue«, sagte Hamsa. »Ein paar Blocks von dem Restaurant entfernt, wo wir gestern gegessen haben, Ustas . Wenn Sie da sind, erkundigen Sie sich nach der Moschee.«
»Ich finde sie schon. Wo gehen Sie hin?«
»Ranias Aussage aufnehmen. Ihr Wunsch ist mir schließlich Befehl.« Der Polizist knöpfte seinen Parka zu. »In der Moschee fragen Sie nach Nahid Hantasch. Das ist da der Topmann. Möge Allah Ihre Wege ebnen.«
Kapitel
14
Die Araber wünschten sich gegenseitig einen freud- und lichtvollen Abend und zogen sich die Kapuzen ihrer Parkas über die weißen Scheitelkäppchen, als sie nach den Maghrib- Gebeten gingen. Auf dem Gehweg beugte sich Omar Jussuf über das Geländer aus Onyx und blickte auf die Betontreppe, die zur Kellermoschee hinabführte. An der Tür zogen die letzten Gläubigen ihre Reißverschlüsse hoch und schüttelten sich die Hände. Als sie auf die Straße kamen, rief Omar Jussuf einem von ihnen zu: »Friede sei mit Ihnen.«
»Und auch mit Ihnen Frieden, Ustas .«
»Finden wir drinnen den hochwürdigen Nahid Hantasch?«
»Nach den Gebeten geht er immer als Letzter, Ustas .«
Omar Jussuf stieg treppab, an mit Brettern vernagelten Kellerfenstern vorbei, und betrat einen kurzen Flur. Die Wand war mit Postern palästinensischer Kinder bedeckt, Klischeebilder von Trotz und
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