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Der Attentaeter von Brooklyn

Der Attentaeter von Brooklyn

Titel: Der Attentaeter von Brooklyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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verschworen zu haben, und er war so sehr von allem Vertrauten abgeschnitten, dass er sich nirgends in Sicherheit wiegen konnte.
    »Du solltest dir wirklich einen besseren Mantel kaufen«, sagte Chamis Sejdan, »und die Wollmütze nützt dir bei diesem nassen Wetter auch nichts.«
    »Wir haben keine Zeit. Wir müssen Ala aus dem Gefängnis holen.«
    »Hast du deinen fliegenden Teppich mitgebracht, damit wir ihn ausfliegen können?«
    »Wir erzählen der Polizei von Rania. Sie wird ihm das Alibi verschaffen.«
    »Sei dir bloß nicht so sicher, dass das Mädchen mitspielt.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich meine, dass Nisar die Tochter gefickt hat –«
    »Sei nicht so ordinär.«
    »– die Tochter eines Mannes, der im Libanon vielleicht wegen eines Drogenvergehens im Knast gesessen hat und jetzt ein Café betreibt, in dem es offenbar keine Gäste gibt. Und, denk daran, der dritte Mitbewohner ist immer noch unauffindbar. Das wird vielleicht nicht so einfach, wie du denkst.«
    Mit dem Geräusch einer Salve klatschte Schneeregen auf die Schultern von Omar Jussufs Windjacke. Er spürte, wie sich sein Rückgrat versteifte. Nach dem nächsten Block stoppte er und sah Chamis Sejdan traurig an.
    Der Polizist lächelte. »Bist du bereit zu einem modischen Schritt?«
    Sie betraten einen Laden, der sich The Chic Bazaar nannte. Chamis Sejdan wandte sich an einen kleinen Araber mit einem Bauch wie eine Wassermelone, Halbglatze und schmalem, grauem Schnurrbart. »Mein Freund ist für den New Yorker Winter nicht richtig ausstaffiert«, sagte Chamis Sejdan. »Was können Sie ihm anbieten?«
    »Aber schnell«, sagte Omar Jussuf. »Wir haben es eilig.«
    Der Mann lächelte affektiert und rieb sich die Hände. Er nahm einen langen, schwarzen Steppmantel vom Bügel und öffnete ihn für Omar Jussuf. Der Lehrer zog seine tropfnasse Windjacke aus und reichte sie Chamis Sejdan. Sein Tweedjackett war feucht und muffig wie ein Schaf, das geschoren werden muss; also zog er es auch aus. Der Fußmarsch hatte ihn ins Schwitzen gebracht, und aus dem Jackett stieg ein Dampfwölkchen auf.
    Als der Ladenbesitzer Omar Jussuf den langen Mantel um die Schultern legte und ihm die Kapuze über den Kopf schob, wunderte er sich, wie leicht der Mantel war. Der Reißverschluss ließ sich bis über die Nase hochziehen.
    »Der sitzt perfekt, Ustas «, sagte der Ladenbesitzer und schob Omar Jussuf vor einen mannshohen Spiegel.
    Sein ganzes Leben lang hatte er stets die edelste Garderobe getragen, europäischer Stil, in dem er sich wie ein Pariser oder Mailänder vorkam, nicht wie der Bewohner eines Bethlehemer Flüchtlingslagers. Nun war er gezwungen, sich in die seltsame Kluft eines anderen Ghettos zu werfen. »Ich komme mir lächerlich vor«, sagte er.
    Chamis Sejdan zog den Reißverschluss ein paar Zentimeter herunter. »Wir haben nicht verstanden, was du gesagt hast. Es kam so gedämpft.«
    Omar Jussuf sah in den Spiegel. Der Mantel reichte ihm bis zu den Knien, und seine Hände verloren sich in den enormen Ärmeln. Er musste zugeben, dass ihm bereits warm wurde. Wenn ich den Reißverschluss hochziehe und die Kapuze trage, wird mich in diesem Mantel niemand erkennen, dachte er. Ich sehe aus wie jeder New Yorker, der sich gegen die Elemente wappnet .
    Als sie den Laden verließen, sahen sie auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen stämmigen Mann mit einem breitkrempigen Hut vorbeihasten, der mit den Armen wedelte, um noch schneller vorwärtszukommen. Er bemerkte Omar Jussuf und überquerte die Straße.
    »Sind Sie das, Ustas ?« Marwan Hammija trat dicht an Omar Jussuf heran. »Möge Allah Sie segnen, werter Herr.«
    Omar Jussuf streifte sich die Kapuze seines neuen Mantels vom Kopf und strich sich mit der Hand durchs schüttere Haar. »Seien Sie gegrüßt, Marwan.«
    Der Libanese fasste Omar Jussuf am Ellbogen und zog ihn an den Bordstein. Er grinste derart verlegen, dass seine schiefe untere Zahnreihe sichtbar wurde, und bedeutete Chamis Sejdan mit einer Handbewegung, dass er mit Omar Jussuf unter vier Augen sprechen wollte.
    »Ich bin ja so froh, dass ich Sie noch erwischt habe, Ustas . Sie sind auf dem Weg zum Polizeirevier?«
    »Mit der Nachricht von Ranias Alibi für meinen Sohn.«
    Marwan verstärkte den Druck seiner Finger auf Omar Jussufs Arm, als wollte er ihn in die Gegenrichtung ziehen, weg vom Bezirksamt. »Ich bin Ihnen gefolgt, weil ich mich für die Szene in meinem Café entschuldigen möchte. Seien Sie nicht beleidigt wegen meiner

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